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Jahrespressekonferenz Putin warnt den Westen: „Eine weitere Nato-Osterweiterung ist nicht zu akzeptieren“

Eine Garantie, die Ukraine nicht zu überfallen, will der russische Präsident nicht abgeben. Russland werde handeln, wie es die Sicherheitsinteressen verlangten.
23.12.2021 Update: 23.12.2021 - 16:14 Uhr 11 Kommentare
„Es drängt sich der Eindruck auf, dass eine dritte Militäroperation vorbereitet wird“. Quelle: dpa
Wladimir Putin kritisiert die Ukraine und die Nato

„Es drängt sich der Eindruck auf, dass eine dritte Militäroperation vorbereitet wird“.

(Foto: dpa)

Moskau Mit zehn Minuten Verspätung trat Wladimir Putin am Donnerstag vor verhältnismäßig kleiner Kulisse zu seiner Jahrespressekonferenz im Moskauer Ausstellungszentrum Manege an, der insgesamt 17. seit 2001. Nur 507 dreimal getestete Journalisten waren zugelassen worden. Die wichtigsten außenpolitischen Themen, die Ukraine und Russlands Verhältnis zum Westen, kamen erst nach einiger Anlaufzeit zur Sprache. Doch es war der von Putin mit Abstand am emotionalsten erörterte Fragenkomplex auf der PK.

So zeigte der Kremlchef bei Fragen nach der Folter in russischen Gefängnissen – in den letzten Monaten waren brutale Vergewaltigungsvideos veröffentlicht worden – beispielsweise offenes Desinteresse, erklärte dies zu einem „weltweiten Problem“ und sprach sich für eine ruhige Aufklärung der einzelnen Fälle aus. Auf die Frage nach der Zukunft der Ukraine und dem Umgang mit dem Westen hingegen reagierte Putin scharf und expressiv.

Zweimal schon habe die Kiewer Führung versucht, die Donbass-Frage militärisch zu lösen. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass eine dritte Militäroperation vorbereitet wird und Russland von vornherein gewarnt wird, sich nicht einzumischen“, beschrieb er die aktuelle Krise. Doch Russland müsse ungeachtet aller Sanktionen reagieren, wenn die ukrainische Führung die prorussische Bevölkerung im Osten des Landes unterdrücke.

„Die Zukunft des Donbass müssen die Bewohner der Region entscheiden“ und Russland werde Vermittler sein, betonte Putin und ließ damit in der Interpretation auch eine mögliche Abspaltung der Region zu. Die Frage, ob er bereit sei, den Schießbefehl zu geben, ließ er unbeantwortet, adressierte sie stattdessen in gewohnter Manier an die Regierung in Kiew weiter, die auf „die eigene Bevölkerung“ schießen lasse.

Auch Garantien gegen einen russischen Einmarsch wollte der Kremlchef nicht geben. Stattdessen forderte er Sicherheitsgarantien vom Westen und dies „schnell und jetzt“. Diese Sicherheitsgarantien sollten nach Ansicht Moskaus auch das russische Recht auf die Krim verbriefen.

Russland sei betrogen worden

Gerade bei der Analyse der Beziehungen Russlands zum Westen offenbarte Putin seine tiefe Verbitterung und Entfremdung gegenüber den USA und ihren Verbündeten. Sei es beim Vorwurf der „Cancel Culture“, dem Gesetz über „Auslandsagenten“, das laut Putins Aussage in Russland „viel liberaler“ sei als in den USA, oder dem Skandal um die Nawalny-Vergiftung, dessen Namen Putin traditionell nicht nannte.

Mehrfach sprach er davon, dass Russland „betrogen“ worden sei. So habe der Westen, als Russland in den 90er-Jahren versucht habe, eine partnerschaftliche Beziehung aufzubauen, weiterhin alles getan, um Russland zu schwächen und zu zerstückeln – eine Anspielung auf den Tschetschenienkrieg.

Auch bei der Nato-Osterweiterung habe die Allianz Russland belogen und entgegen anderslautenden Zusagen seither fünf Erweiterungsrunden durchgeführt. Daher werde sich Moskau nicht mehr mit mündlichen Versprechen abspeisen lassen.

Zwar lobte der Kremlchef die Reaktion aus Washington auf das russische Ultimatum als positiv. Er zeigte sich zufrieden damit, dass Russland Verhandlungen zu Jahresbeginn zugesichert worden seien. Russlands weiteres Vorgehen hänge aber vom Ergebnis der Verhandlungen ab, setzte er drohend hinzu.

Putin versuchte den Eindruck von Stärke zu vermitteln. Quelle: AP
Der Präsident und sein Land.

Putin versuchte den Eindruck von Stärke zu vermitteln.

(Foto: AP)

In der aktuellen Gaskrise schob Putin ebenso die alleinige Verantwortung Brüssel zu. Die hohen Preise seien auf die Abkehr der EU-Kommission von langfristigen Verträgen zurückzuführen. „Ihr wolltet Marktpreise, nun habt ihr sie“, spottete der 69-Jährige.

Zugleich betonte er, dass Gazprom nicht nur seine Lieferbedingungen erfüllt, sondern Deutschland sogar zehn Prozent mehr geliefert habe, als vertraglich zugesichert war. Dann schob er die Verdächtigung nach, dass die deutschen Energiekonzerne den Reservebetrieb der Pipeline Jamal–Europa angeschaltet hätten, um Geld an der Differenz zwischen den Langfristverträgen und den Spotpreisen zu verdienen, statt den Preis für die Verbraucher zu stabilisieren.

Nur dreifach Getestete wurden zugelassen. Quelle: Bloomberg
Zuhörinnen und Zuhörer bei Putins Pressekonferenz.

Nur dreifach Getestete wurden zugelassen.

(Foto: Bloomberg)

Insgesamt versuchte Putin auf der Pressekonferenz, einmal mehr den Eindruck von Stärke und Kontrolle zu vermitteln. Ökonomisch habe das Land die Folgen der Covid-Pandemie mit einem Wachstum von 4,5 Prozent im laufenden Jahr weggesteckt. Im Vergleich zu anderen führenden Volkswirtschaften sei die russische nicht nur weniger stark eingebrochen, sondern habe sich auch schneller erholt.

Zwar musste Putin eingestehen, dass die Inflation mit acht Prozent doppelt so hoch wie geplant ausfällt, doch fand er auch dafür den passenden Vergleich: In den USA sei sie mit sechs Prozent gleich dreimal so hoch wie geplant. Soziale Probleme entwertete er mit dem Verweis auf gestiegene Realeinkommen und Renten.

Selbst das Fiasko bei der Impfkampagne und die aus der hohen Übersterblichkeit resultierenden demografischen Probleme ließ Putin mit Verweis auf „ähnliche Probleme“ in Europa an sich abprallen. Alles in allem erteilte er seiner Regierung somit ein „zufriedenstellendes“ Zeugnis.

Mehr: Deutschland braucht eine Realpolitik der Marke Helmut Schmidt 2.0

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11 Kommentare zu "Jahrespressekonferenz: Putin warnt den Westen: „Eine weitere Nato-Osterweiterung ist nicht zu akzeptieren“"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • @Herrn Schöneberg; es gab 2014 ein Referendum zur Krim. 96% der Wähler auf der Krim wollten zu Russland gehören (es leben auch überwiegend Russen dort, Wahlbeteilugung lag bei 85%). Dies ist eine völkerrechtliche Selbstbestimmung. Dem Westen passte dies natürlich nicht.
    Es geht um die rote Linien die der Westen nicht überschreiten sollte. Entspannungspolitik ist der bessere Weg.
    Es geht Putin auch nicht um das Zündeln in der Ostukraine sondern um wirtschaftliche Interessen. Ausserdem leben in der Ostukraine überwiegend Russen. Aber Krieg ist natürlich nie und nimmer eine Option in meinen Augen.

  • Korrektur: mit Putin zusammenarbeiten sollte, soweit möglich.

  • Herr Hebel: ich glaube, so einfach, wie Sie das sehen, ist es absolut nicht. Putin ist ein früherer KGB-Offizier, der sich absolut nicht in die Karten schauen lässt. In der Ukraine gibt es verschiedene Strömungen, auch die nationalistische, die wenn entsprechende Waffen zur Verfügung stehen, sofort in der "Ost-Ukraine" aufräumen würden. Fakt ist jedenfalls, dass Putin absolut keinen Rechtsanspruch auf die Krim hatte, auch nicht auf die Ost-Ukraine; hier geht es einfach nur um "Zündeln" und zu zeigen, ich kann jederzeit, wenn ich will! Wir mit unseren demokratischen Werten haben hier absolut keine Chance, Putin zu irgendwas zu bewegen; über den Zustand der Bundeswehr brauchen wir nicht zu diskutieren. Dies soll nicht bedeuten, dass man mit Putin in zuarbeiten sollte, soweit möglich.

  • @heiko Meier: Die Krim wurde durch Russland annexiert weil die Ukraine durch Einflus der EU und Nato den Zugang von Russland zu seinen wichtigsten Militärhafen hätte erschweren können oder sogar Sevastobol hätte aufgeben müssen. Militârstrategisch undenkbar für Russland. (Politischer "Umsturz" in der Ukraine durch EU Einfluss).
    Der Westen ist selbst Schuld an der Annexion der Krim! Seit 1994 war die Grenze der EU zur Ukraine die rote Linie. für Russland . Der Westen hat diese überschritten mit seinem zu grossen politische Einfluss und geopolitisches Erweiterungsstreben.

  • Liebe Herren Kommentatoren,
    ich schließe mich Ihren Gedanken an und denke im Sinne eines Weihnachtsfestes an Deeskalation.
    Wer rückt schon gerne seinen "Gegner" auf die Pelle - außer die Militärjunkies, die nie genügend Waffen und Aggression erhalten werden.
    Eine Nato Osterweiterung lehne ich kategorisch ab.
    Und wenn man mit der Ukraine zusammenarbeiten möchte, dann bitte auch im gleichen Stil mit Russland und in einem FREUNDLICHEN, KOOPERATIVEN, SOZIALEN Stil.

  • @Herrn Heiko Meier
    Zu ihrer Aussage: " ....bei den sich schamlos bereichernden Oligarchen um Putin"

    Was ist mit den sich schamlos bereichernden amerikanischen Milliardären bzw. in englisch: "Billionaires"?
    Im Kongress und Senat sitzen doch nur Milliardäre und Mulitmillionäre.
    Historisch betrachtet hat sich die USA alles einverleibt was es erobern konnte (haben sie von den Britten gelernt).

    Und noch etwas: Ständig wird uns die historische Schuld gegenüber Israel vorgehalten. Ein agressiver und korrupter Staat. Haben wir gegenüber Russland keine historische Schuld? Hat Russland - wie unser EU-Staat Polen - auch Reparationsforderungen gestellt? Nein, hat aber seit Jahrzehnten seine Gas-Lieferverträge vorbildlich erfüllt.

  • Das ist doch ganz einfach. Die Nato verzichtet auf eine Erweiterung, wenn Russland den geraubten Teil der Ukraine wieder herausrückt und seinerseits die Unverletzlichkeit der Grenzen seiner westlichen Nachbarn garantiert. Der Überfall von 2014, die laufenden Cyberattacken und die permanenten Drohungen aus Moskau bedürfen einer klaren, auch für Moskau verständlichen Antwort, damit der Despot in Moskau und seine Oligarchenclique nicht weiter durch agressives Verhalten von ihrer katastrophalen innnenpolitischen Bilanz ablenken können. Gegen eine Kooperation im Interesse einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung Russlands gibt es bei den sich schamlos bereichernden Oligarchen um Putin wahrscheinlich mehr Vorbehalte als im Westen. Unter den gegebenen Bedingungen fällt es leider schwer, sich Russland als verlässlichen Partner vorzustellen.

  • @Herrn Grigat und Brinkhaus: Endlich Denker die auch die andere Seite der Medaille verstehen und relativieren können;

  • Mir geht es genau wie Herrn Hebel und Herrn Brinkhaus. Russische Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen und zu respektieren ist rational. Amerikanische Außenpolitik leidet dran, dass die Persönlichkeit des Präsidenten eine viel zu große Rolle spielt. Wer hat das gesagt, dass die Ukraine zur NATO soll.? G.W. Bush. Warum ziehen sich Nato und der Westen diesen Schuh an? Kooperation mit Russland ist essentiell für die Sicherheitspolitik der Europäer. Warum nicht den Russen helfen, sich aus der Abhängigkeit vom Verkauf fossiler Rohstoffe zu lösen? Da gäbe es einiges was man mit Russland zu Wege bringen könnte. Auch gerade in de IT-Industrie. Chance nutzen und nicht in das Eskalationsschema verfallen wie, wir brauchen jetzt eine Truppenverstärkung auch in den Staaten ....etc.(NATO-Chef). Blödsinn. Mal auf die Vorgeschichte des 1. Weltkrieges schauen und denken, wie kommt man raus aus der Eskaltaion. Weniger wollen und mehr Rücksicht auf die Russen, bitte.

  • Die NATO ist ihren mündlichen Versprechen eine gewisse militärfreie Zone instandzuhalten nicht nachgekommen. Stattdessen hat die Militärkonzentration des Westens hin zur Grenze mit Russland zugenommen. Ausserdem spielt die geopolitische Strategie der EU im Zusammenhang mit der Ukraine eine grosse Rolle für Moskau.
    Reden wir einmal Tacheles: was will die EU mit der Ukraine (eines der korruptesten Länder in Europa)? Es geht hier nur darum unser westliches Wertegebilde durch die Kehle der Ukraine zu drücken und geopolitische Erfoge zu erreichen. Die Wurzel der Ukraine sind russisch. Dann sollte man dies auch akzeptieren im Westen bzw der EU. Dies war auch eine Bedingung für die Wiedervereinigung Deutschlands (mit Gorbatchov): keine weitere Osterweiterung der EU nachdem die Ostblokländer sich der EU angeschlossen hatten.
    Man sollte von der EU aus diese Umstände endlich akzeptieren und eine Entspannungspolitik vorantreiben. Die EU muss Russland auf ihre Seite kriegen denn die grösste Gefahr kommt von China.
    Wenn Russland sich mit China verbindet sieht die EU und Nato sher klein aus.

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