Chipindustrie Ein Werk gegen die Chipkrise – Taiwans TSMC baut ein Chipwerk in Japan

In den Monaten von Juli bis Ende September verdiente das Unternehmen rund 14 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und auch mehr als von Analysten erwartet.
Tokio Der weltgrößte Auftragsfertiger von Halbleitern TSMC hat am Donnerstag den Bau seiner ersten Chipfabrik in Japan bestätigt. Damit kommt das taiwanische Unternehmen einer Einladung der japanischen Regierung nach, die wie die Europäische Union, die USA und China die heimische Chipproduktion stärken möchte.
Zwar überlegt das Unternehmen auch, in Deutschland ein Werk zu errichten. Aber Japan steht offenbar höher auf der Prioritätenliste der Taiwaner. Wie TSMC-Chef C.C. Wei in einer Telekonferenz erklärte, wird das Unternehmen dabei sowohl von seinen Kunden als auch der japanischen Regierung finanziell unterstützt.
Nach Angaben japanischer Medien wird das Werk sieben Milliarden Dollar kosten und 2023 die Produktion aufnehmen. Es wird sich laut Wei auf 22-Nanometer- und 28-Nanometer-Spezialtechnologie konzentrieren, die für viele Chiptypen von Bildsensoren bis zu Mikrocontrollern in Autos eingesetzt werden kann.
Wie dringend die Internationalisierung der TSMC-Produktion im Ausland angesehen wird, demonstriert die globale Chipkrise. Nicht nur die Autoindustrie leidet extrem unter Produktionsausfällen, sondern auch Smartphone-Hersteller wie Apple. Denn TSMC hat bei den kleinen Chips mit Fünf-Nanometer-Strukturen den größten Weltmarktanteil. Und TSMC-Chef Wei zerstörte jede Hoffnung auf ein baldiges Ende der Lieferengpässe. Die Kapazität bleibe im Rest dieses Jahres und auch durchweg über 2022 knapp, sagte Wei.
TSMC bricht in Japan mit der eigenen Tradition
Für TSMC ist das japanische Werk dabei eine der ersten Fabriken in den alten Industrienationen und die erste seit 20 Jahren mit Kapitalbeteiligungen anderer Firmen. Zwar fertigt das Unternehmen auch in China Halbleiter. Grundsätzlich hat TSMC seine Produktion allerdings in Taiwan fokussiert. Je höher allerdings TSMCs Marktanteil wurde, desto kritischer wurde die hohe Konzentration der Chipproduktion auf der von China militärisch bedrohten Insel im Ausland gesehen, und dies nicht erst seit dem Ausbruch der Chipkrise.
China, das sehr stark von Lieferungen aus Taiwan abhängt, begann als erstes Land den Versuch, eine eigene Chipindustrie aufzubauen. Dann folgten unter US-Präsident Donald Trump die USA, Europa und Japan mit eigenen industriepolitischen Förderprogrammen, um ihre Lieferketten zu stärken.
Zuerst gab TSMC dem Druck aus den USA nach, einem seiner wichtigsten Kunden. Dort will das Unternehmen sogar eine Fabrik bauen, die Chips mit fünf Nanometer kleinen Strukturen herstellt. Doch Japan entwickelte sich rasch zu einem wichtigen Partner für TSMC, und dies nicht nur wegen Subventionen der Regierung.
Japans Sonderrolle in der TSMC-Chipstrategie
Zuerst vereinbarte TSMC, Forschungszentren in Japan zu errichten. An denen will der Technologieführer mit japanischen Konzernen Materialen und neue Chiptechnologien entwickeln. Denn als ehemalige Chip-Großmacht verfügt Asiens älteste Industrienation noch über viel Know-how in der Chipherstellung wie der Materialwissenschaft. Nun folgt das Chipwerk.
Genau wie von der Regierung gewünscht konzentriert es sich auf Chips, die für Japans Wirtschaft besonders wichtig sind. Und das sind nicht die Hochleistungsprozessoren für Smartphones. Zwar hat das Land weiterhin Handyhersteller. Aber die ehemaligen Handyriesen wie Sony oder Sharp fristen nur noch ein Nischendasein. Stattdessen bilden Hersteller von Industrierobotern, Auto- und Maschinenbauer sowie Lieferanten von Elektronikbauteilen und Sensoren die strategische Basis der Japan AG.
Diese Firmen sind für die Verbesserung ihrer Versorgungssicherheit auch bereit, Geld in TSMCs Werk zu investieren. Laut der Wirtschaftszeitung „Nikkei“ gehört vor allem der Kamerahersteller Sony, aber auch Toyotas Hauptzulieferer Denso zu den möglichen Partnern.
Finanziell könnten die Taiwaner die Investition sicher auch allein stemmen. Am Donnerstag verbuchte TSMC für das abgelaufene dritte Quartal einen neuen Rekordumsatz. Der Chipboom trieb den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozent auf 415 Milliarden Taiwan-Dollar (12,7 Milliarden Euro) in die Höhe.
Der Reingewinn stieg um 14 Prozent auf 156 Milliarden Taiwan-Dollar (4,8 Milliarden Euro), Tendenz steigend. Für das laufende Quartal sagte Konzernchef Wei bis zu 6,7 Prozent mehr Umsatz voraus. Dennoch gelten die Beteiligungen lokaler Regierungen und Partner als wichtig, damit TSMC die eigenen Kosten senken kann.
Lange sträubte sich das Management mit dem Hinweis gegen eine Dezentralisierung der Produktion, dass durch höhere Kosten die Wettbewerbsfähigkeit sinken würde. Gleichzeitig gerät das Unternehmen durch Vorstöße von Chipriesen wie Intel in den USA und Südkoreas Samsung in die Auftragsfertigung unter Druck. Aber je dauerhafter die USA und China ihren Technikkrieg führen, desto wichtiger werden geostrategische Faktoren für die Organisation der Lieferkette. Und auch TSMC kann sich dem Druck immer schwerer entziehen.
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