Halbleiter Glänzende Aussichten für Chipausrüster: Halbleiterkonzerne investieren Milliardensummen

Der weltgrößte Auftragsfertiger der Chipindustrie will 100 Milliarden Dollar in neue Fabriken stecken. Denn die bestehenden Werke sind seit einem Jahr voll ausgelastet.
München Der Halbleiterhersteller TSMC muss immer mehr Kunden vertrösten: Seit gut einem Jahr sind die Fabriken des größten Auftragsfertigers der Chipindustrie komplett ausgelastet. Daher machen sich die Taiwaner jetzt daran, ihre Werke auszubauen. In den kommenden drei Jahren will der Halbleiterhersteller 100 Milliarden Dollar in Anlagen und in Forschungseinrichtungen stecken, wie er am Donnerstag ankündigte.
TSMC ist kein Einzelfall: Gerade erst hat Weltmarktführer Intel verkündet, zusätzliche Fabriken zu errichten. 20 Milliarden Dollar investiert der neue Konzernchef Pat Gelsinger in Standorte in Arizona. Zudem will er die Kapazitäten in Europa erweitern.
Die Ankündigungen kommen keine Sekunde zu früh: Chips sind knapp. Weltweit stehen Autofabriken still, weil die Bauteile fehlen. Erst am Mittwoch hieß es bei Ford, dass die Arbeit in zwei weiteren Werken für zwei Wochen ausgesetzt wird.
Die größten Profiteure der Ausbaupläne sind nun Konzerne, die kaum jemand kennt: Chipausrüster wie Applied Materials, ASML und Lam Research. Denn bevor die Halbleiterhersteller mit den Werken auch nur einen Cent verdienen, müssen sie für Milliarden Maschinen ordern.
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Dass die Aussichten der Chipausrüster glänzend sind, zeigt sich nirgendwo besser als an der Börse. Beispiel ASML: Der Kurs des wichtigsten europäischen Chip-Zulieferers hat sich binnen Jahresfrist mehr als verdoppelt.
ASML hat SAP an der Börse überholt
Das Unternehmen aus den Niederlanden kommt auf eine Marktkapitalisierung von rund 220 Milliarden Euro. Das ist fast doppelt so viel wie SAP. Bis zum Herbst war die Softwarefirma aus Walldorf Europas wertvollster IT-Konzern. Dann zog ASML vorbei.
Der Halbleiterausrüster dürfte seine Kapazitäten bald ausweiten, urteilt Bernstein-Analyst Mark Li. Die starke Nachfrage von TSMC, Samsung und Intel spreche dafür, dass ASML expandiere, so der Analyst. Die Experten der Credit Suisse sehen Anzeichen, dass sich die Prognose von ASML für 2021 als konservativ erweisen könnte. Vorstandschef Peter Wennink verspricht bislang ein Umsatzplus von mindestens zehn Prozent.
Tatsächlich erscheint das zurückhaltend. Der Branchenverband WSTS geht davon aus, dass der Umsatz der Chipbranche dieses Jahr weltweit um elf Prozent auf 488 Milliarden Dollar in die Höhe schießen wird.
ASML ist unentbehrlich für die Chipfirmen, weil die Niederländer die sogenannte EUV-Technologie anbieten. Die Abkürzung steht für extrem ultraviolettes Licht, mit dem Halbleiter belichtet werden. EUV ist der größte Technologiesprung der Industrie seit Jahren und ermöglicht es, Chips mit Strukturgrößen von unter sieben Nanometern wirtschaftlich zu produzieren. So lassen sich feinere Strukturen auf den Leiterplatten abbilden und diese auf kleinstem Raum leistungsfähiger machen. Gleichzeitig wird weniger Energie dabei verbraucht.

ASML-Chef Peter Wennink und Finanzvorstand Roger Dassen (hinten): Es werden weitere Milliardenaufträge der großen Halbleiterhersteller kommen.
Alleine Hynix, der zweitgrößte Speicherchip-Produzent der Welt, will in den nächsten fünf Jahren 4,2 Milliarden Dollar für EUV-Anlagen von ASML ausgeben. Von dem Auftragsboom profitieren zudem deutsche Konzerne wie Carl Zeiss, ein wichtiger Lieferant von ASML.
Auch andere Zulieferer stehen glänzend da. Der Kurs des amerikanischen ASML-Rivalen Applied Materials hat sich binnen Jahresfrist verdreifacht. Im vorigen Quartal ist der Umsatz um fast ein Viertel geklettert; im laufenden Quartal sollen die Erlöse um ein Drittel steigen.
Chipausrüster profitieren von staatlichen Förderprogrammen
Auch Anbieter der zweiten Reihe sind im Aufwind. Im ersten Quartal des Jahres wuchs der Auftragseingang des bayerischen Chip-Zulieferers Süss Microtec um zehn Prozent auf mehr als 76 Millionen Euro, wie das Unternehmen aus Garching mitteilte. Dies liege über den Erwartungen.
Die Aussichten der Ausrüster sind auch wegen der staatlichen Förderprogramme, die bald kommen sollen, so gut. US-Präsident Joe Biden schlägt vor, die Branche in Amerika mit 50 Milliarden Dollar zu unterstützen. Für Europa hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier eine ähnliche Summe in Aussicht gestellt. Und die indische Regierung will der Nachrichtenagentur Reuters zufolge eine Milliarde Dollar an jede Firma zahlen, die in dem Land Halbleiter herstellen will.
Die Industrie dürstet geradezu nach Chips. So gehen die Marktforscher von Gartner davon aus, dass dieses Jahr 125 Millionen mehr Laptops und Tablets genutzt werden als noch im vergangenen Jahr. „Da sich mobiles Arbeiten in Hybrid-Arbeiten wandelt, Heimunterricht zu digitalem Unterricht wird und sich interaktive Spiele in die Cloud verlagern, werden sowohl die Arten als auch die Anzahl der Geräte, die Menschen benötigen, besitzen und nutzen, weiter steigen“, prophezeit Gartner-Analyst Ranjit Atwal.
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