Familienunternehmen Neues Geschäftsfeld: Viessmann steigt beim Gewächshausspezialisten Priva ein

Der Co-CEO präsentiert starke Zahlen, die auf eine rechtzeitige Umstrukturierung des Unternehmens hindeuten.
Düsseldorf Das Geschäft mit dem kundennahen Anbau von Kräutern, Salaten und Gemüse wächst derzeit enorm und ist bei Investoren beliebt. Nun steigt auch der deutsche Heizungs- und Klimaspezialist Viessmann in gewisser Weise in den Gartenbau ein und wagt sich damit in ein neues Geschäftsfeld vor, wie das Handelsblatt am Montag erfuhr.
Das Unternehmen aus dem hessischen Allendorf beteiligt sich dazu an dem niederländischen Familienunternehmen Priva Group. Das 1959 gegründete Unternehmen hat sich eine Expertise für den klimafreundlichen und wassersparenden Betrieb von Gewächshäusern aufgebaut und ist darüber hinaus auch auf den stetig wachsenden Markt des Indoor- und Vertical Farming spezialisiert.
Priva liefert Lösungen für die Automation in Gebäuden, aber auch für Klima- und Prozesssteuerung. Diese werden für lokale und effiziente Lebensmittelproduktionen eingesetzt, bei der auch weniger fossile Energie und Wasser verbraucht werden.
Es handle sich um eine strategische Familien-Partnerschaft, teilte Viessmann mit. Beide Unternehmen seien global aufgestellt und wollen ihren jeweiligen Gebäudekunden künftig auch kombinierte und vernetzte Lösungen anbieten. Über die Höhe der Minderheitsbeteiligung äußerten sich die Beteiligten am Montag nicht.
Maximilian Viessmann, Co-CEO der Viessmann Group, erklärte, die Beteiligung und Partnerschaft stehe ganz im Sinne der Nachhaltigkeit, die seit vier Jahren zur Unternehmensvision, der Gestaltung von Lebensräumen für zukünftige Generationen, gehöre. Gemeinsam wolle man „ein nachhaltiges, CO2-freies und sauberes Umfeld zum Wohnen, Arbeiten und für die Erholung schaffen“.

Die Priva-Chefin sieht in der Beteiligung von Viessmann eine „noch nie da gewesene Gelegenheit, gemeinsam ein Klima für Wachstum zu schaffen“.
Auch Priva-Chefin Meiny Prins sagte, das niederländische Unternehmen sehe sich durch die Partnerschaft in seiner Mission bestätigt, nicht nur den Kunden, sondern auch der Gesellschaft zu dienen. Sie sieht in der Beteiligung von Viessmann eine „noch nie da gewesene Gelegenheit, gemeinsam ein Klima für Wachstum zu schaffen“.
Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell
Die Unternehmerin Prins ist in den Niederlanden recht bekannt. 2014 rief sie die Initiative „Sustainable Urban Delta“ ins Leben, bei der es um ganzheitliche Lösungen zwischen Stadt und Grüngürtel geht.
In den USA und Asien gibt es bereits zahlreiche Anbieter von Indoor- und Vertical Farming. Hierzulande haben vor allem das Berliner Start-up Infarm oder das Münchener Unternehmen Agrilution für Aufmerksamkeit gesorgt.
Infarm hat bereits rund 400 Millionen Dollar Kapital eingesammelt, darunter auch vom Familienunternehmen Haniel. Infarm strebt derzeit laut Medienberichten einen Börsengang via Spac, also durch Fusion mit einer Börsenhülle, an. Bislang ist das allerdings noch nicht bestätigt. Agrilution gehört inzwischen zum Premium-Hausgerätehersteller Miele.
Priva ist deutlich kleiner als Viessmann. Bei dem niederländischen Unternehmen arbeiten 500 Mitarbeiter, bei Viessmann sind es 12.750 Beschäftigte. Der Heizungs- und Klimaspezialist hat 2020 mit 2,8 Milliarden Euro sechs Prozent mehr Umsatz als im Vorjahr erzielt.
Maximilian Viessmann und sein Vater Martin, die das Unternehmen gemeinsam führen, haben die vergangenen Monate bereits genutzt, um weitere neue Märkte zu erschließen. Dabei ging es nicht nur um Beteiligungen an potenziellen Kunden, sondern auch um geografische Expansion.
So beteiligte sich das 104 Jahre alte Familienunternehmen am südafrikanischen Wärmepumpenspezialisten Thermo Wise. Dieser ist spezialisiert auf Großprojekte wie Krankenhäuser, Einkaufszentren, Hotels und Wohnkomplexe.
In Australien beteiligte sich Viessmann an der Value Added Engineering Group, einem Planungs-, Installations- und Serviceunternehmen für Heizung, Lüftung und Klima, das in Australien, Neuseeland und Papua-Neuguinea aktiv ist. In Polen hat das Unternehmen mit Kospel einen Spezialisten für strombasierte Durchlauferhitzer, Elektrokessel und Warmwasserspeicher übernommen.
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