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Luftfahrt Riskante Wette auf Wasserstoff – wie Airbus seine Flugzeuge klimafreundlich machen will

Der Flugzeugbauer versucht, mit Wasserstoff das Klimaproblem der Luftfahrt zu lösen. Doch Experten sind skeptisch, dass die Rechnung aufgeht.
22.09.2021 - 17:44 Uhr 1 Kommentar
Der Flugzeughersteller entwirft bereits erste Skizzen von Flugzeugen, die mit Wasserstoff fliegen könnten. Quelle: Airbus
Airbus Zero E

Der Flugzeughersteller entwirft bereits erste Skizzen von Flugzeugen, die mit Wasserstoff fliegen könnten.

(Foto: Airbus)

Toulouse Beim Thema Klimaschutz ist die Luftfahrtbranche wie kaum eine andere Branche in der Defensive. Das weiß Airbus-Chef Guillaume Faury. Der Kampf gegen den Klimawandel müsse schneller gehen, räumte Faury am Mittwoch am Konzernsitz im südfranzösischen Blagnac ohne Umschweife ein: „Wir müssen von der Phase, das Problem zu verstehen, dazu übergehen, die Pläne zu definieren und umzusetzen.“

Aber kann das einer Branche wie der Luftfahrt überhaupt gelingen? Schließlich ist der Sektor für 2,8 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Airbus muss in der Debatte über mehr Klimaschutz im Flugverkehr Verbote oder höhere Steuern fürchten – und in letzter Konsequenz einen Umsatzeinbruch.

Auf einem „Gipfel der nachhaltigen Luftfahrt“ versucht der europäische Flugzeugbauer jetzt zwei Tage lang, mögliche Lösungen für das Klimaproblem zu präsentieren – wie elektrisch betriebene Hubschrauber und effizientere Flugrouten. Besonders selbstbewusst ist das Ziel, bis 2035 ein Flugzeug mit grünem Wasserstoffantrieb an den Markt zu bringen. Auch der Luftfahrtsektor könne bis 2050 klimaneutral werden, lautet die Botschaft von Airbus – nicht zuletzt dank Wasserstoff.

Tatsächlich ist es aber eine riskante Wette. Hinter dem Vorhaben stehen viele Fragezeichen. Es ist noch unklar, wie viel gerade Wasserstoffflugzeuge tatsächlich zum Ziel einer klimaneutralen Luftfahrt beisteuern können.

Auch Faury betont, dass man natürlich nicht alles auf die Wasserstoff-Karte setze. Der Konzernchef spricht von einem Lösungsmix. Doch anders als der große US-Konkurrent Boeing hat sich Airbus zumindest klar positioniert und seine grüne Agenda mit der Wasserstofftechnologie verbunden.

Fachleute sehen darin einige Risiken. „Im nationalen oder europäischen Kontext kann man noch über Wasserstoff nachdenken“, sagt Martin Wietschel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung. Aber die Energiedichte von Wasserstoff reiche nicht für Langstreckenflüge aus. „Da sind diesen Lösungen einfach Grenzen gesetzt. Ich wüsste nicht, wie man darüber hinwegkommen sollte.“

Mehr als die Hälfte des CO2-Ausstoßes auf der Langstrecke

Gerald Wissel vom Beratungsunternehmen Airborne Consulting bezweifelt sogar, dass es selbst auf der Mittelstrecke bis 2035 tragfähige Konzepte geben werde. „Nach all dem, was wir an Kenntnissen haben, sind synthetische Kraftstoffe das einzige Mittel, um schnell etwas in der Luftfahrt für Klimaschutz zu tun.“ Also beispielsweise Kraftstoffe auf der Basis von Biomasse, die zwar umweltschonender, aber nicht klimaneutral sind. Wissel spricht von einer „gigantischen Herausforderung“ für Airbus, bei der es noch „viele Fragezeichen“ gebe.

Der Branchenkenner sagt, dass der tatsächliche Beitrag zum Klimaschutz gering sein werde, selbst wenn in 15 Jahren erste Airlines ihre Passagiere mit Wasserstoffflugzeugen transportieren werden. Wahrscheinlich sei die Technologie zunächst nur bei Kurzstreckenflügen mit kleinen Maschinen einsetzbar. In diesem Segment entstehe aber nur ein sehr kleiner Teil der Emissionen im Flugverkehr. Mehr als die Hälfte des CO2-Ausstoßes werde von Langstreckenflügen verursacht.

Der Flugzeugbauer entwirft erste Modelle von Flugzeugen, die emissionsfrei fliegen sollen. Quelle: Airbus
Zero emission Airbus

Der Flugzeugbauer entwirft erste Modelle von Flugzeugen, die emissionsfrei fliegen sollen.

(Foto: Airbus)

Auch auf der Mittelstrecke, die Airbus mit seinen erfolgreichsten Modellen wie der A320 bedient, sei ein Wasserstoffantrieb in den kommenden zwei bis drei Jahrzehnten wenig realistisch. „Im Grunde ist der ökologische Impact sehr gering“, sagt Wissel. Er erinnert mit Blick auf das Ziel 2035 außerdem daran, dass die Entwicklung von neuen Flugzeugmodellen meist länger dauert als geplant– das habe Airbus zuletzt bei den Verspätungen mit dem Riesenjet A380 erfahren müssen.

Bei Airbus gibt man sich dagegen optimistisch. „Es ist sehr realistisch zu glauben, dass Wasserstoffflugzeuge zum Einsatz kommen“, sagt Faury. Die Technologie sei bekannt und komme etwa in der Raumfahrt bereits zum Einsatz. Die Zweifel am Wasserstoff vergleicht Faury mit der Skepsis, die vor einigen Jahrzehnten der elektronischen Flugzeugsteuerung entgegengeschlagen sei, die das manuelle Fliegen mittlerweile ersetzt hat.

Klimaneutraler Wasserstoff könnte zu knapp bleiben

Allerdings schränkt auch der Airbus-Chef ein: Zunächst könnten nur Regionalflieger mit Wasserstoff im Tank abheben. Auf der Langstrecke werde noch auf „sehr lange Zeit“ die Lösung in synthetischen Kraftstoffen liegen. Zudem ist Airbus darauf angewiesen, dass die Flughäfen die nötige Infrastruktur aufbauen, um den neuen Treibstoff zu lagern und die Maschinen zu betanken.

Experten warnen außerdem davor, dass klimaneutral produzierter Wasserstoff auf absehbare Zeit knapp bleiben wird. „Es gibt Herausforderungen, die wir uns bewusst machen müssen“, sagte Timur Gül von der Internationalen Energieagentur (IEA) bei der Konferenz in Blagnac.

Airbus forscht schon seit längerer Zeit an einem mit Wasserstoff betriebenen Flugzeug, treibt das Projekt aber erst seit einigen Jahren stark voran. Im September 2020 stellte Airbus die Pläne öffentlich vor. Nach einer Evaluierungsphase will Airbus spätestens 2025 entscheiden, ob die milliardenschwere Entwicklung eines Serienflugzeugs beginnen kann und welche Technologie-Elemente zum Einsatz kommen. Einen ersten Prototyp in realer Größe soll es dann Ende des Jahrzehnts geben, 2035 der Linien-Betrieb starten.

Das Bekenntnis zum Wasserstoff könnte auch damit zu tun haben, dass der Konzern in diesem Bereich von staatlichen Fördermitteln profitiert. Faury berichtete jedenfalls von der Erwartung der Regierungen, der Öffentlichkeit im Gegenzug für die Investitionsunterstützung auch mitteilen zu können, wofür das Geld denn verwendet werde.

Nach Ansicht von Andrew Murphy, Luftfahrtexperte der europäischen Umweltorganisation Transport & Environment, können die Klimaziele im Luftfahrtbereich nur mit strengeren staatlichen Vorgaben erreicht werden. Sollte die Branche das Problem mit Technologie regeln wollen, müsse sie sich sehr beeilen. Murphy schlägt ein Verkaufsverbot für Flugzeuge mit fossilem Antrieb ab 2035 vor.

Faury entgegnet: „Wir müssen nicht aufhören, neue Flugzeuge zu verkaufen, sondern den Verkauf von neuen Flugzeugen beschleunigen.“ Der geringere Kraftstoffverbrauch bei den neuen Modellen führe bereits zu einem „bedeutenden Rückgang der Emissionen“. Darüber hinaus sieht der Airbus-Chef bei der Forschung und Entwicklung von Technologien wie dem Wasserstoffantrieb die gesamte Branche in der Pflicht. Denn wenn die Luftfahrtindustrie nicht zeige, dass sie ihren Beitrag zum Klimaschutz liefern könne, „wird es keine andere Lösung geben, als die Nachfrage zu reduzieren“.

Mitarbeit: Catiana Krapp

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1 Kommentar zu "Luftfahrt: Riskante Wette auf Wasserstoff – wie Airbus seine Flugzeuge klimafreundlich machen will"

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  • Manche Politiker ohne technischen Hintergrund (also fast alle) mögen sich mit sowas profilieren wollen, aber Herrn Wissel’s Skepsis kann ich nur zustimmen. Dabei ist noch nicht einmal eingerechnet, dass Wasserstoff ja auch erst mal erzeugt werden muss. Nimmt man dafür Elektrolyse, dann wird dafür elektrische Leistung aus dem Netz abgezogen. Dies muss im selben Moment im Netz kompensiert werden. Wenn dafür ein Atomkraftwerk seine Leistung erhöht, dann ist es fürs CO2 ein Gewinn. Wenn aber ein Fossilkraftwerk seine Leistung erhöhen muss, dann ist dessen CO2 der Wasserstofferzeugung zuzurechnen und der miese Wirkungsgrad dieser Kette schlägt zu. Über Elektroantrieb mit Brennstoffzellen hat man über 70% Verlust. Dann ist es besser Kerosin zu verbrennen. Vielleicht denkt jetzt jemand dann nehmen wir doch einfach Ökostrom. Der ist aber schon für Anderes im Verbrauch. Es ist ok, wenn Firmen wie Airbus an solchen Themen rumforschen, aber dass daraus in den nächsten 20+Jahren Lösungen entstehen ist Illusion.

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