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Kommentar Flugtaxen sind mehr als nur eine irrwitzige Vision

Start-ups wie Lilium stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Doch selbst wenn sie am Ende scheitern sollten, werden sie die Elektrifizierung am Himmel voranbringen.
16.09.2021 - 04:00 Uhr 1 Kommentar
Das deutsche Flugtaxi-Startup ist künftig an der US-Technologiebörse Nasdaq notiert. Quelle: Lilium
Animation des neuen Siebensitzer Flugtaxi von Lilium

Das deutsche Flugtaxi-Startup ist künftig an der US-Technologiebörse Nasdaq notiert.

(Foto: Lilium)

Immer wenn es hektisch an der Börse wird, ist Vorsicht geboten. Denn Hektik geht oft mit Übertreibungen einher. Gut zu beobachten ist das derzeit beim Thema Flugtaxen. In den vergangenen vier Wochen haben sich drei Start-ups aufs Parkett gewagt oder sind kurz davor. Das Zeitfenster für Börsengänge über eine Fusion mit einem Blankounternehmen (Spac) schließt sich langsam wieder. Gleichzeitig lässt die Euphorie rund um die elektrischen Senkrechtstarter langsam nach. Da gilt es, Opportunitäten noch schnell zu nutzen, bevor sie verschwinden.

Skepsis ist aus Sicht des Anlegers also durchaus angebracht. Aber aus Sicht der Jungunternehmen ist das Vorgehen verständlich. Um ihre ehrgeizigen Vorhaben mit den fliegenden Taxen realisieren zu können, werden sie noch viel Geld benötigen. Einmal am Kapitalmarkt verankert, ist das wesentlich einfacher. Am Ende kommt es darauf an, dass das geliefert wird, was versprochen wurde.

Doch selbst wenn der eine oder andere Zeitplan am Ende gerissen wird, selbst wenn die Senkrechtstarter später oder auch in geringerer Zahl abheben sollten – das, was Firmen wie Lilium leisten, verdient große Anerkennung. Denn mit ihrer Leidenschaft und ihrem Engagement bringen sie die Elektrifizierung am Himmel voran.

Keiner kann aktuell seriös abschätzen, wie es bei der Entwicklung der Flugtaxen in den kommenden Monaten und Jahren weitergeht. Die Materie ist hochkomplex, die Start-ups bewegen sich in einem hochregulierten Markt mit enormen Sicherheitsanforderungen. Zudem hängt vieles von Faktoren ab, die die Start-ups nicht direkt beeinflussen können. Erwähnt sei nur die Batterietechnologie, wo derzeit an verschiedenen neuen Ideen geforscht und gearbeitet wird.

Deshalb allerdings den Pionieren jegliche Marktchancen abzusprechen wäre grob fahrlässig. Denn die Luftfahrt steht vor einem gewaltigen Umbruch: Sie soll und muss klimaneutral werden. Anders als etwa im Automobilbereich ist das nicht so einfach. Es gibt eben nicht die eine Technologie, die zumindest in den nächsten zwei oder drei Jahrzehnten Klimaneutralität sichert.

Luftfahrt muss klimaneutral werden

Kurzfristig ist mit grünem Strom hergestelltes synthetisches Kerosin (SAF) das Mittel der Wahl bei der Klimawende am Himmel. Schon an zweiter Stelle folgt aber das Thema Elektroantrieb. Dass das keineswegs ein Hirngespinst ist, zeigt etwa die Bestellung von kleinen E-Frachtflugzeugen durch die DHL/Deutsche Post. Kleineres Fluggerät ist prädestiniert dafür, mit einem Elektroantrieb ausgerüstet zu werden. Für die eher kürzeren Strecken reichen Batterien.

Diese Flugzeuge sind zudem häufig an kleineren und dezentralen Flughäfen stationiert. Für die ist es viel einfacher, eine Ladestation zu errichten, als die Infrastruktur und die Lieferkette für das Tanken von synthetischem Treibstoff. SAF wird in den ersten Jahren vor allem an großen Drehkreuzen verfügbar sein, weil dort die Langstreckenjets starten und landen.

Hier kommen junge Firmen wie Lilium, Volocopter oder Joby Aviation ins Spiel. Ihre Idee, eine begrenzte Zahl von Fluggästen über die Staus auf der Straße hinweg zu befördern, mag nach VIP-Service für Betuchte klingen. Tatsächlich ist die Frage berechtigt, ob die fliegenden Taxen einen signifikanten Beitrag zur Lösung unserer Mobilitätsprobleme leisten können.

Doch selbst wenn solche Dienste am Ende eher in der Nische stattfinden sollten, das dafür notwendige Gerät zu entwickeln ist wichtig. Die Jungunternehmen könnten zum Beispiel immer noch ihre Technologie vermarkten. Ist die einmal marktreif, dürfte sie heiß begehrt sein. Es wäre nicht das erste Mal, dass Start-ups mit auf den ersten Blick schräg anmutenden Technologien einen Markt umkrempeln.

Gerade in der Luftfahrt ist die Chance dafür groß. Die etablierten Hersteller Boeing und Airbus tun sich schwer damit, völlig neue Technologien mit Macht voranzutreiben. Boeing hat schon mit der Modifizierung des Kurz- und Mittelstreckenjets 737 eine fürchterliche Bruchlandung erlebt und ist nun umso vorsichtiger. Airbus wiederum ist beim Thema Wasserstoff vorgeprescht, hat hier aber zuletzt die Erwartungen wieder etwas gebremst.

Start-ups wie Lilium gehen unbefangener an das Thema heran. Die größte Herausforderung für den Börsenneuling ist es nun, mit den Erwartungen der Aktionäre im Rücken nicht die Begeisterung für und den festen Glauben an die eigene Idee zu verlieren.

Mehr: Das verspricht Börsenneuling Lilium den Investoren – und so groß sind die Risiken

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1 Kommentar zu "Kommentar: Flugtaxen sind mehr als nur eine irrwitzige Vision "

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Die angebliche CO2-Freiheit dieser Fluggeräte ist ein Marketing-Gag, so lange kein CO2-freier Strom im Überschuss da ist. Denn vorher bedeutet Batterie laden den Abzug von elektrischer Leistung aus dem Netz und die Kompensation ist zwangsläufig fossil. Mit Grünstrom 100% Versorgung zu erreichen ist wegen seiner Volatilität ein extrem langer Weg, denn dafür müsste es auch noch gigantische Speicher geben.

    Ich befürchte dass, falls die Dinger wirklich als Flugtaxis taugen, der Flugverkehr zunimmt, noch mehr Leistung aus dem Netz gesaugt wird und dadurch indirekt mehr CO2 ausgeblasen wird als ohne.

    Der Weg über syn-Fuels oder Wasserstoff ist übrigens keine Lösung, weil dort der schlechte Wirkungsgrad die Bilanz nochmal verschlechtert.

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