E-Commerce Lieferprobleme und Inflation: Am Black Friday werden die Schnäppchen knapp

In diesem Jahr dürfte es schwieriger werden, gute Deals zu bekommen.
Düsseldorf Beim Onlinehändler Littlehipstar gibt es zum Black Friday an diesem Freitag kein einziges Schnäppchen. Und das aus Prinzip. „Unser Anspruch an Nachhaltigkeit ist aufrichtig und macht keine Ausnahmen“, teilt der Spielzeughändler auf seiner Website mit. „Deshalb gibt es bei uns keinen Black Friday oder Cyber Monday, sondern jeden Tag bewussten Konsum.“
Nur wenige Händler sind so radikal und boykottieren die viel beworbenen Rabatt-Tage grundsätzlich. Doch angesichts von Lieferengpässen und steigenden Einkaufspreisen werden in diesem Jahr quer durch alle Produktkategorien die Schnäppchen Mangelware sein.
„Die Preise werden in diesem Jahr insgesamt höher sein“, beobachtet Pini Mandel, Chef und Gründer von Quicklizard, einem Anbieter für Preisgestaltungssoftware für Einzelhändler. „Die Probleme in den Lieferketten und die höheren Beschaffungskosten für Händler werden den Black Friday und den Cyber Monday deutlich belasten“, sagt er.
Händler und Verbraucher schauen dem Rabatt-Tag auch in Deutschland mit immer größerer Erwartung entgegen. Nach Schätzungen des Handelsverbands Deutschland wollen die Deutschen rund um das kommende Wochenende 4,9 Milliarden Euro fürs Shopping ausgeben. Damit wäre der Black Friday der umsatzstärkste Tag des Jahres für den Einzelhandel.
Doch in diesem Jahr ist das Enttäuschungspotenzial hoch. „Die Kunden werden für ihr Budget in diesem Jahr weniger Waren bekommen als in den Vorjahren“, prognostiziert Preisexperte Mandel. Absehbar sei auch, dass die Preise sehr viel dynamischer würden, sich also häufiger ändern. „Kunden müssen deshalb smarter sein und mehr suchen“, rät Mandel.
Händler werben mit Rabatten auf Mondpreise
Ohnehin werden die Rabattmöglichkeiten am Black Friday von vielen Kunden überschätzt. Zwar werben viele Händler mit hohen zweistelligen Nachlässen. Doch die Rabatte beziehen sich oft auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers. Die realistischen Marktpreise liegen meist viel niedriger – und damit auch der tatsächliche Rabatt.
So lag nach einer Untersuchung des Preisvergleichsportals Idealo die durchschnittliche Ersparnis in den 100 beliebtesten Produktkategorien im vergangenen Jahr im Schnitt bei gerade mal vier Prozent. Fünf der zehn beliebtesten Produkte waren danach überhaupt nicht rabattiert.
Da steigende Rohstoff- und Transportkosten sowie anhaltende Produktionsengpässe aktuell zu teilweise erheblichen Preiserhöhungen führen, könnte die Preisersparnis rund um den Black Friday in diesem Jahr noch geringer ausfallen, warnt auch Idealo. „Je früher man loslegt und je flexibler man bei der Produktauswahl bleibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, ein gutes Angebot zu entdecken“, rät Michael Stempin, Preisexperte bei idealo.
Auch die Händler selbst machen wenig Hoffnungen auf hohe Preisnachlässe. In einer Umfrage von Sapio Research und Coupa Software unter 600 Lieferketten-Managern von Einzelhändlern sagten 82 Prozent, dass sie in diesem Jahr weniger Nachlässe bieten wollen. 60 Prozent der Befragten befürchten, dass Engpässe in der Lieferkette ihr Weihnachtsgeschäft beeinträchtigen werden.
Das Problem sind damit nicht nur fehlende Schnäppchen, sondern allgemein ist es die Warenverfügbarkeit. So räumte Karsten Wildberger, Chef der Media-Markt-Mutter Ceconomy im Handelsblatt-Interview ein, „dass es Lieferschwierigkeiten geben wird und dass es bei einigen wenigen Produktgruppen oder bei ganz bestimmten Herstellern eng werden könnte“. Auch Amazon-Deutschlandchef Ralf Kleber sagte dem Handelsblatt, dass es selbst bei Amazon sein könne, dass Produkte vergriffen sind.
Chipmangel belastet den Black Friday zusätzlich
Betroffen sein dürften davon in erster Linie Produkte, die aus China importiert werden. Damit wird es Regallücken besonders bei Spielzeug, Möbeln und Elektronikartikeln geben.
Zusätzliche Probleme verursacht der Chipmangel. Der verknappt weitere Produkte vom Laptop über die Spielkonsole bis zur Spülmaschine. Ceconomy-Chef Wildberger schätzt, dass sich das je nach Hersteller Anfang nächsten Jahres zum Teil wieder entschärfen werde, bei manchen Produkten könne das aber auch noch länger dauern.
Wenn aber die Waren ohnehin schon knapp sind, sehen die Hersteller noch weniger Notwendigkeit, mit Rabatten zu werben. Deshalb prognostiziert auch Tatjana Wismeth vom Marktforschungsunternehmen GfK, dass wegen der eingeschränkten Produktverfügbarkeit das gesamte Geschäft im November und Dezember „auf Basis eines höheren Preisniveaus stattfinden wird“.
Für Kunden bedeutet das, dass sie es sich in der Regel nicht mehr leisten können, auf besondere Rabatte zu warten, wenn sie unbedingt ein spezielles Produkt im Weihnachtsgeschäft erstehen wollen. „Wer bis zum letzten Moment mit einem Kauf wartet, kann eine böse Überraschung erleben“, warnt Preisexperte Mandel.
Wer allerdings nicht mehr Geld ausgeben will oder kann, der muss nach Einschätzung der Fachleute in diesem Jahr flexibler sein und nach Alternativen zu seiner ersten Wahl schauen. Denn es sei abzusehen, dass bisher weniger gefragte Marken, die noch einen ausreichenden Lagerbestand haben, mit guten Angeboten Kunden von der Konkurrenz zu sich ziehen würden, erklärt Mandel. Und dann sei es doch noch möglich, das eine oder andere Schnäppchen zu machen.
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