Neue Finanzierungsrunde 350 Läden bis Jahresende: Deutsche Kette Flash Coffee will Starbucks in Asien Konkurrenz machen

Der Gründer musste seine Kaffeekette Flash Coffee über Monate von Deutschland aus leiten.
Bangkok David Bruniers Kampfansage an Starbucks erstrahlt in grellem Gelb zwischen Bangkoks grauen Häuserschluchten. Es ist ein regnerischer Tag, die Wolken hängen tief in der thailändischen Millionenmetropole. Die in leuchtenden Signalfarben gestaltete Filiale von Flash Coffee sticht auf einen Blick aus der Szenerie heraus. Eine neue Marke muss bereits aus großer Entfernung auffallen, sagt der 30 Jahre alte Gründer aus Deutschland – je größer der Knalleffekt, umso besser.
In Asiens Großstädten ragt das Start-up aber nicht nur aus optischen Gründen hervor. Bemerkenswert ist vor allem die hohe Geschwindigkeit, mit der Flash Coffee in der Region expandiert. Im Januar 2020 startete Brunier mit seiner ersten Niederlassung in der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Inzwischen ist die Kaffeekette in Thailand, Indonesien und Singapur bereits mit rund 50 Filialen vertreten.
Jetzt will Brunier das Wachstum weiter beschleunigen: Für dieses Jahr plane er 300 zusätzliche Niederlassungen, sagt der Unternehmer dem Handelsblatt. Bis Jahresende will er mit Flash Coffee in sieben weiteren asiatischen Märkten präsent sein. Die Umsätze sollen seinen Prognosen zufolge bis zum Jahresende um das 24-Fache zulegen, 1850 Mitarbeiter will das Unternehmen dann beschäftigen.
Den Turbostart verdankt Brunier zwei namhaften Unterstützern, die Erfahrung damit haben, Länder in Asien blitzschnell mit ihren Geschäftsmodellen zu überziehen: Rocket Internet und Delivery Hero. Die beiden Konzerne aus Berlin gehören zu den Investoren der ersten Stunde.
Rocket-Internet-Chef Oliver Samwer, der in Südostasien zuvor unter anderem den inzwischen an Alibaba verkauften E-Commerce-Konzern Lazada aufgebaut hatte, habe ihn persönlich zur Firmengründung ermutigt und ihm bei der Ausarbeitung des Geschäftsmodells geholfen, erzählt Brunier.

Inzwischen ist die Kaffeekette in Thailand, Indonesien und Singapur bereits mit rund 50 Filialen vertreten.
Auch bei ihrem finanziellen Engagement legen die Partner nun noch einmal nach: Mit ihren Risikokapitalfirmen Global Founders Capital und DX Ventures beteiligen sich Rocket Internet und Delivery Hero an einer 15 Millionen Dollar schweren Investitionsrunde, wie Flash Coffee an diesem Mittwoch offiziell bekanntgeben will. Weitere Geldgeber sind White Star Capital aus den USA und der deutsche Finanzinvestor Cornelius Boersch.
Software spart Mitarbeiter
Insgesamt haben Brunier und sein Co-Gründer Sebastian Hannecker damit seit dem Start 20 Millionen Dollar an Investorengeldern eingesammelt – für ein Kaffeeunternehmen eine stolze Summe. Brunier, der an der Wiesbadener Privatuniversität EBS studierte und vor seiner Gründung als Marketingchef von Delivery Hero in Asien im Einsatz war, sieht sein Unternehmen aber weniger als Gastronomiebetrieb, sondern eher als Technologie-Start-up.
Kern seines Geschäftsmodells ist eine App, mit der Kunden ihren Kaffee bestellen und bezahlen können, während sie noch im Büro sitzen – ein paar Minuten später steht das Getränk dann am nächstgelegenen Flash-Coffee-Tresen bereit. Im Hintergrund bestellt das Softwaresystem des Unternehmens auch automatisch Nachschub, wenn in einem Laden die Kaffeebohnen ausgehen oder die Milch knapp wird.
Bruniers Start-up braucht so weniger Mitarbeiter vor Ort und kann damit Personalkosten sparen. Während bei Starbucks meist ein ganzes Team im Einsatz ist, kommen Flash-Coffee-Läden schon mal mit nur einem Mitarbeiter aus.
Auch bei der Gestaltung der Läden will sich der Gründer absetzen: Im Gegensatz zur Konkurrenz, die Kunden mit Wohnzimmeratmosphäre anlockt, begrenzt sich Flash Coffee auf zehn bis 15 Quadratmeter mit höchstens einer Handvoll Stühle. „Auch bei Starbucks kaufen 80 Prozent der Kunden ihren Kaffee nur zum Mitnehmen“, sagt Brunier. Großräumige Filialen machen für ihn unternehmerisch deshalb keinen Sinn: „Wir haben erhebliche Ersparnisse bei den Mietkosten und können sie an die Kunden weitergeben.“
Preislich hebt sich Flash Coffee deutlich vom Marktführer ab: In Thailand kostet ein kleiner Cappuccino-Eiskaffee bei einem der rund 400 Starbucks-Läden umgerechnet 3,25 Euro – das entspricht mehr als einem Drittel des lokalen Mindestlohns pro Tag. Bei Brunier ist das Getränk für 1,35 Euro zu haben – ohne bei der Kaffeequalität Abstriche zu machen, verspricht der Gründer. „Wir können damit in Asien einen riesigen Markt erschließen mit einer großen Mittelschicht, die sich die Premiumpreise bei Starbucks einfach nicht leisten kann.“
Brunier erwägt auch Expansion nach Europa
Zu den neuen Märkten, in die Flash Coffee in diesem Jahr expandieren möchte, gehören die Schwellenländer Malaysia, die Philippinen und Vietnam. Zudem plant das Start-up auch Niederlassungen in Hongkong, Taiwan, Japan und Südkorea.
Bei der Expansion hilft die Partnerschaft mit Delivery Hero, das in der Region unter der Marke Foodpanda aktiv ist: Die Bestelldaten von Foodpanda können Flash Coffee wertvolle Hinweise liefern, welche Gegenden mit Coffeeshops noch unterversorgt sind. „Wir freuen uns, Flash Coffee bei der rasanten regionalen Expansion zu unterstützen“, sagt Brendon Blacker, Partner bei Delivery Heros Investmentarm DX Ventures.
Bruniers Pläne gehen noch weiter: Nach der nächsten Finanzierungsrunde könnte er das Geschäft auch nach Europa bringen, sagt er. Bewährt habe sich das Modell bereits: Die Mehrzahl der Niederlassungen sei schon profitabel. Betrieben werden die Lokale komplett in Eigenregie – ein Franchisemodell kommt für Brunier derzeit nicht infrage.
Ganz ohne Schwierigkeiten läuft das rasante Wachstum aber nicht: Von dem technologiegetriebenen Ansatz ist in Thailand noch nicht viel zu spüren. Die App, die in Indonesien bereits verfügbar ist, ist für Thailand nicht rechtzeitig fertig geworden. Beim Besuch einer Filiale nahe dem Bangkoker Botschaftsviertel sind die einzige sichtbare Technik die Flachbildschirme mit der Preisliste – und eine Digitaluhr am Tresen, die mehrere Stunden vorgeht und als Datum den 28. Januar zeigt, obwohl es schon April ist.

Preislich liegt das Start-up deutlich unter dem Rivalen Starbucks.
Irritierend ist zudem ein Teil der Werbestrategie: Flash-Coffee-Mitarbeiter haben bei Google Maps reihenweise Fünf-Sterne-Bewertungen für ihre eigenen Läden veröffentlicht: „Ich liebe ihren Kaffee wirklich“, schrieb der Marketingchef. In der Branche sei das ein typisches Vorgehen, sagt Brunier.
Flash Coffee ist bereits seine zweite Gründung: Nach dem Studium betrieb er in Berlin einen Onlinehändler für Weinspezialitäten. Die Welt des Genusses und des Luxus ist ihm seit Längerem nahe. Mit 17 arbeitete er eine Zeit lang als Model, lief auf der „Paris Fashion Week“ und lernte bei dem Job unter anderem US-Rapper Kanye West kennen.
Das Leben als Start-up-Chef scheint nun weniger glamourös zu sein – was auch an der Coronakrise liegt: Im vergangenen Jahr saß Brunier nach einer Deutschlandreise wegen Einreisesperren in Asien fast ein halbes Jahr in Berlin fest und musste sein Unternehmen mit sechs Stunden Zeitunterschied aus 10.000 Kilometer Entfernung lenken. Im Team habe man ihm den Spitznamen „Vampir“ gegeben, weil er immer nachts arbeitete, sagt er.
Corona-Lockdowns brachten der Kette nur einen kurzen Rückschlag. Zwar musste die erste Filiale in Jakarta schon wenige Wochen nach dem Start wieder schließen – doch inzwischen profitiere das Unternehmen davon, in einer Region aktiv zu sein, die die Pandemie vergleichsweise gut eingedämmt habe, sagt Brunier.
Dass die konjunkturellen Aussichten in einigen Märkten dennoch trübe sind, stört ihn nicht besonders: „Wir kommen jetzt immerhin sehr günstig an Ladenflächen.“
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