Autovermieter Vom „Chapter 11“ zum Tesla-Vermieter: Hertz navigiert sich aus der Krise

Der American-Football-Spieler wirbt in einem neuen Hertz-Werbespot für E-Autos.
New York Die von Hertz bestellten 100.000 Teslas sind zwar noch nicht von Elon Musk bestätigt. Aber sie zeigen: Der kriselnde US-Autovermieter hat sich aus der Coronakrise gearbeitet, obwohl es vor einem Jahr nicht so aussah, als könnte sich Hertz wieder berappeln.
Ende Mai 2020 hatte der angeschlagene Autovermieter offiziell Gläubigerschutz unter „Chapter 11“ beantragt. Mit Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts können Unternehmen ihre Geschäfte fortführen. Ein Insolvenzgericht gewährt ihnen eine gewisse Zeit Schutz vor den Gläubigern, um sich zu reorganisieren.
Mitten in der Pandemie also, als das gesamte Land stillstand und kaum noch jemand mit dem Flugzeug reiste, brach auch das für Hertz so wichtige Flughafengeschäft weg. Im Gegensatz zu den Airlines erhielten die Autovermieter aber keine milliardenschweren Staatshilfen. Die Lage schien hoffnungslos.
Umso mehr überrascht es daher, dass Hertz über ein Jahr später als größter Tesla-Kunde Schlagzeilen macht. Wie der Vorstandsvorsitzende und ehemalige Ford-CEO Mark Fields vergangene Woche bekannt gab, will Hertz bis Ende 2022 insgesamt 100.000 Tesla Model 3 kaufen. Die Hälfte davon möchte das Unternehmen im Zuge einer Partnerschaft an Uber-Fahrer weitervermieten.
Tesla-Gründer und -CEO Elon Musk hat zwar diese Woche klargestellt, dass der Kaufvertrag noch nicht unterschrieben ist und dass auch Hertz den vollen Preis zahlen muss. Eines steht aber fest: Hertz positioniert sich als E-Auto-Spieler unter den Vermietern. Im Internet schaltet der Vermieter in den USA bereits gelb unterlegte Anzeigen mit dem Slogan „Rent EV“ (Electric Vehicles). Auch die Werbespots mit dem Football-Superstar Tom Brady laufen: Darin fährt der Sportler und Umweltaktivist mit einem Hertz-Tesla vom Flughafen los und lädt sich selbst mit einem gelben Kabel ein Software-Update.
Nicholas Colas, Mitgründer der Investmentberatung Datatrek Research, nennt den Hertz-Tesla-Deal einen „riesen Win-win“ für beide Seiten. Tesla habe damit den Verkauf von zehn Prozent seiner zukünftigen Produktion gesichert, schreibt er. Und für Hertz öffnen sich weitere Geschäftsbereiche: „Wir können uns vorstellen, dass Hertz auch das Aufladen als Dienstleistung monetarisiert“, schreibt Colas.
Hertz-CEO Mark Fields glaubt an die Zukunft der E-Autos
Die Autovermieter hätten allesamt den Trend zum Ridesharing (Fahrgemeinschaften) verpasst. Aber sie könnten ihr Comeback sichern, wenn sie mit E-Auto-Herstellern zusammenarbeiten, die auch autonome Fahrzeuge entwickeln. „Wir denken, dass das Hertz’ eigentliches Ziel ist. Sie wissen, dass sie als großer Käufer von E-Autos einen Vorteil haben werden, wenn diese letztendlich die Transition Richtung autonomes Fahren machen“, so Colas.
Nachdem Hertz im vergangenen Jahr den Antrag auf „Chapter 11“ gestellt hat, um sein Geschäft neu aufzustellen, sind im Mai neue Investoren an Bord gekommen. Investoren von Knighthead Capital Management und Certares Management haben im Gegenzug für Aktien knapp sechs Milliarden Dollar in den Autovermieter gepumpt. Geld, mit dem Hertz nun unter anderem die Teslas kaufen kann.
CEO Fields lässt keinen Zweifel daran, dass er die Zukunft in den E-Autos sieht: „Die letzte Umfrage, die ich gesehen habe, zeigt, dass 70 Prozent der Verbraucher ein E-Auto beim nächsten Autokauf in Betracht ziehen“, argumentierte er bei der Ankündigung des Tesla-Deals. Wer ein E-Auto kaufen würde, würde wohl auch eines mieten. Die Nachfrage sei da.
Aber Fields sucht auch weitere Wege, sich zukünftig zu positionieren. So ist er ebenfalls vergangene Woche eine Partnerschaft mit dem Autoportal Carvana eingegangen, um dort gebrauchte Mietwagen von Hertz zu verkaufen.
Das ist ein Bruch mit der bisherigen Strategie von Autovermietern wie Hertz, Avis oder Enterprise, die ihre Wagen nach ein bis zwei Jahren normalerweise in großen Auktionen von Anbietern wie Manheim verkaufen. Dort gehen die Fahrzeuge an Autohändler und nicht an die Endkunden. Mit Carvana kann Hertz nun auch private Käufer direkt erreichen.
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