Medizintechnik Rückstellungen von Philips dämpfen Erfolg im zweiten Quartal – Konzern plant Aktienrückkauf

Die Rückstellungen von Beatmungsgeräten erhöhen sich erneut um 250 Millionen Euro.
Frankfurt Der niederländische Medizintechnikkonzern Philips stellt weitere 250 Millionen Euro für defekte Beatmungsgeräte zurück. Im Juni hatte das Unternehmen bis zu vier Millionen Geräte zurückgerufen, weil sich ein darin befindlicher Schaumstoff zersetzt und möglicherweise mit der Zeit krebserregend werden könnte. Die Geräte sollen Atemaussetzer im Schlaf verhindern (Schlafapnoe).
Die Rückstellungen dämpfen nun ein ansonsten erfolgreiches zweites Quartal für das Unternehmen. Dank einer hohen Nachfrage im Diagnostikgeschäft und bei Endverbraucherprodukten wie Zahnbürsten und Luftreinigern wuchs Philips von April bis Juni dennoch um sechs Prozent auf 4,2 Milliarden Euro, was auf vergleichbarer Basis (bereinigt um Wechselkurseffekte und Sondereffekte) einem Plus von neun Prozent entspricht.
Obwohl Philips seinen operativen Gewinn (Ebita) im zweiten Quartal um mehr als ein Drittel auf 532 Millionen Euro steigern konnte, sorgte die Belastung durch den Rückruf unter dem Strich für einen Rückgang des Nettogewinns von mehr als einem Viertel auf 153 Millionen Euro.
Bereits im ersten Quartal 2021 hatte Philips 250 Millionen Euro für die defekten Beatmungsgeräte zurückstellen müssen. Die Summe der Rückstellungen beläuft sich so bereits auf eine halbe Milliarde Euro. Philips will die Geräte weltweit austauschen oder reparieren. Das kann sich allerdings über ein Jahr hinziehen, wie Konzernchef Frans van Houten in einer Telefonkonferenz sagte.
In Amsterdam verlor die Aktie nach Börseneröffnung mehr als zwei Prozent. In den USA drohen bereits Sammelklagen. Nach Angaben des Philips-Chefs will das Unternehmen Belege suchen, welche Gefahren von den Beatmungsgeräten tatsächlich ausgehen – bevor die bereits angekündigten Sammelklagen in den USA vor Gericht kommen. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hatte in der vergangenen Woche von 1200 Beschwerden und 100 Schadensmeldungen gesprochen.
Philips holt im Diagnostikgeschäft deutlich auf
Konzernchef van Houten zeigte sich mit der Entwicklung des operativen Geschäft zufrieden. Nachdem der Wettbewerber von Siemens Healthineers seine Umsatzprognose nach einem guten Jahresauftakt im April erhöht hatte, bestätigte der Chef die Ziele im Wesentlichen. Philips will in diesem Jahr im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich wachsen und die bereinigte Ebita-Marge von zuletzt 13,2 Prozent um 0,6 Prozentpunkte steigern.
Bisher hatte der Konzern allerdings einen Wert in der Spanne von 0,6 bis 0,8 Prozentpunkte angepeilt. Nach wie vor ist laut van Houten unsicher, wie sich die Corona-Pandemie in den nächsten Monaten weiterentwickelt. Auch sei nicht planbar, welchen Einfluss mögliche Lieferengpässe bei elektronischen Komponenten auf das Unternehmen haben.
Philips hatte im März dieses Jahres sein Haushaltsgeräte-Geschäft mit Staubsaugern und Bügeleisen für 3,7 Milliarden Euro an die Investmentgesellschaft Hillhouse Capital veräußert. Das Unternehmen konzentriert sich nun ganz auf Medizintechnik und Endverbraucherprodukte für die Gesundheit. Der Verkauf der Haushaltgeräte soll weiterhin im dritten Quartal abgeschlossen werden.
In seiner größten Sparte, dem Diagnostikgeschäft, wuchs Philips im zweiten Quartal auf vergleichbarer Basis um 16 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro Umsatz. Das Geschäft zog in den großen Märkten USA und Europa mit zweistelligen Zuwachsraten an. Im Vorjahreszeitraum hatte der Bereich noch deutlich darunter gelitten, dass in der ersten Pandemiewelle Operationen und Behandlungen verschoben werden mussten.
Philips kann Einbruch bei Beatmungsgeräten nicht ausgleichen
Vergangene Woche hatte bereits der US-Konzern Johnson & Johnson von einer deutlichen Erholung des Medizinproduktegeschäfts im zweiten Quartal berichtet. Die Umsätze der Sparte waren ebenfalls im Vorjahresquartal wegen der Pandemie eingebrochen.
Noch besser lief es bei Philips im Bereich Personal Care, wo etwa elektrische Zahnbürsten und Luftreiniger angeboten werden. Hier legte der niederländische Konzern nach einem schwachen Vorjahresquartal auf vergleichbarer Basis um ein Drittel auf 827 Millionen Euro zu.
In der Sparte Connected Care wuchs die Nachfrage nach Überwachungsgeräten für Krankenhäuser zwar weiterhin, konnte aber den Einbruch bei den Beatmungsgeräten nicht ausgleichen. Die Sparte schrumpfte um 16 Prozent, auf 1,2 Milliarden Euro.
Wie schon in der Vergangenheit plant Philips erneut einen Aktienrückkauf, um die Verwässerung der Aktien auszugleichen. Philips zahlt etwa seine Dividende in Aktien wie auch die Leistungsanreize für Manager. Beides erhöht die Aktienzahl und schmälert damit den Wert der einzelnen Aktie.
Insgesamt sollen Aktien im Wert von bis zu 1,5 Milliarden Euro zurückgekauft werden. Das Programm startet im dritten Quartal und soll innerhalb von drei Jahren abgeschlossen sein. Die Analysten der Berenberg Bank werteten das als starkes Signal der zukünftigen finanziellen Widerstandsfähigkeit des Unternehmens.
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