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Takeda und Shire Fusionswelle in der Pharma-Branche könnte neuen Schwung bekommen

Experten erwarten, dass 2018 wieder mehr Pharmafirmen fusionieren werden. Doch noch lässt der nächste Mega-Merger auf sich warten.
08.04.2018 - 17:52 Uhr Kommentieren
Der führende japanische Pharmahersteller überraschte jüngst mit Plänen für eine Übernahme der britischen Shire. Quelle: Takeda
Produktion bei Takeda Deutschland

Der führende japanische Pharmahersteller überraschte jüngst mit Plänen für eine Übernahme der britischen Shire.

(Foto: Takeda)

Frankfurt Die nächste Übernahmewelle im Pharmasektor steht kurz bevor, glaubt man den Ausblicken von Bankanalysten und Beratungshäusern. „Die Bühne für ein außerordentliches Jahr 2018 ist bereitet“, heißt es etwa in einer Studie von PwC. Vir Lakshman, Partner bei KPMG und Leiter von deren Pharma- und Chemieabteilung, spricht von einem weiterhin starken Umfeld im Bereich Life-Science-M&A.

„Die Unternehmen sind noch immer finanziell gut ausgestattet, und die Rahmenbedingungen für Mergers & Acquisitions sind mit niedrigen Zinsen und soliden Börsenwerten weiter günstig.“ Ähnlich klingt es bei der britischen Analysefirma Evaluate Pharma: Man sehe Signale „für ein großes Jahr“ in Sachen Übernahmen.

Zumindest zwei Indizien stützen diese These: Zum einen startete das Jahr bereits mit einer Reihe mittelgroßer Deals, darunter die Übernahme der Biotechfirmen Bioverativ und Ablynx durch Sanofi und der Kauf des Zelltherapie-Unternehmens Juno durch den Krebsmittelspezialisten Celgene.

Zum anderen überraschte jetzt das japanische Unternehmen Takeda damit, dass es laut über die Übernahme des britischen Biotech-Spezialisten Shire nachdachte. Zwar lässt der führende japanische Pharmahersteller noch offen, ob er tatsächlich ein Angebot vorlegen wird.

Takeda-Chef Christophe Weber allerdings bekräftigte Ende vergangener Woche das grundsätzliche Interesse an einem solchen Zukauf. Die Chance, dass der Deal komme, „ist höher, als dass er scheitert“, folgert Pharmaexperte Wimal Kapadia von Bernstein Research.

Dass ausgerechnet ein Konzern wie Takeda mit einer solchen Transaktion liebäugelt, ist für sich genommen bereits ein starker Indikator für aufgestauten Fusionsdrang. Immerhin würde es in diesem Fall um ein Transaktionsvolumen von 50 Milliarden Dollar gehen, mehr als die aktuelle Marktkapitalisierung von Takeda selbst.

Übernahmen und Fusionen sind im Prinzip ein Dauerthema für die Branche, wobei sich die M&A-Aktivität aber etwa alle vier Jahre zu neuen Höhepunkten aufschaukelt. Zuletzt war das 2014/15 der Fall, als zum Beispiel die Firmen Allergan und Actavis fusionierten, Abbvie die Biotechfirma Pharmacyclics übernahm, Bayer die Consumer-Health-Sparte von Merck & Co kaufte und Pfizer vergeblich versuchte, zunächst mit Astra-Zeneca, dann mit Allergan zu fusionieren.

Seither ist das Dealvolumen nach Daten von Evaluate Pharma wieder deutlich von 220 Milliarden Dollar auf knapp 80 Milliarden Dollar im Jahr 2017 geschrumpft. Aber bereits im ersten Quartal 2018 folgten darauf neue Transaktionen im Volumen von 46 Milliarden Dollar. Dafür, dass im Jahresverlauf auch größere Transaktionen anstehen könnten, sprechen mehrere Faktoren:

Erster Faktor

Das Wachstum in der Branche ist trotz steigender Neuzulassungen von Arzneien weiterhin relativ verhalten. Den Innovationen stehen Patentabläufe und ein wachsender Preisdruck auf dem US-Markt gegenüber. Etliche Großkonzerne kämpfen mit Stagnation und sind im Grunde auf Zukäufe angewiesen, um zu wachsen.

Zweiter Faktor

Finanziell verfügen die meisten Big-Pharma-Konzerne nach wie vor über erheblichen Spielraum. Zwar hat sich die Netto-Finanzverschuldung der führenden Unternehmen seit 2012 auf 125 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt und der Verschuldungsgrad in Relation zum Ebitda im Schnitt von 0,3 auf 0,9 verschlechtert. Aber auch das ist noch ein niedriger Wert im Vergleich zu vielen anderen Industrien.

Pfizer und Novartis werden nach dem geplanten Rückzug aus dem Consumer-Geschäft über nahezu schuldenfreie Bilanzen verfügen. Und selbst der US-Konzern Johnson & Johnson, der sich im vergangenen Jahr für 30 Milliarden Dollar das Schweizer Biotechunternehmen Actelion einverleibte, könnte mühelos einen weiteren Zukauf in dieser Größenordnung verdauen. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgruppe EY schätzt die aus Börsenwert und Verschuldungsfähigkeit abgeleitete „M&A-Feuerkraft“ der Pharma- und Biotechbranche insgesamt auf gut eine Billion Dollar.

Dritter Faktor

Die finanzielle Flexibilität der US-Konzerne wird durch Trumps Steuerreform zusätzlich gestärkt. Dank der günstigen Steuersätze für die Rückführung von Auslandsgewinnen können sie ihre vorhandene Liquidität noch leichter einsetzen. Auch das dürfte zusätzlichen Rückhalt für neue Deals geben.

Als Topkandidat auf der Käuferseite wird insbesondere der US-Konzern Pfizer gehandelt. Er kämpft weiterhin mit Wachstumsschwäche und stellte seine Bereitschaft zu großen Deals bereits wiederholt unter Beweis. Als naheliegender Übernahmekandidat für den amerikanischen Branchenführer gilt vor allem der wachstumsstarke US-Konkurrent Bristol-Myers Squibb (BMS), der mit seinen Krebsimmun-Medikamenten Yervoy und Opdivo große Erfolge feiert. BMS ist mit knapp 21 Milliarden Dollar Umsatz aktuell die Nummer zwölf der Branche. Mit einer Übernahme könnte Pfizer im wichtigen Onkologiegeschäft deutlich vorrücken. Ein solcher Megadeal könnte auf einen Transaktionswert von mehr als 120 Milliarden Dollar hinauslaufen.

Firmenchef Ian Read hatte im vergangenen Jahr mehrfach angedeutet, dass das Thema M&A nach einer US-Steuerreform akut werden könnte. Im jüngsten Analysten-Call äußerte er sich indessen etwas unbestimmter. „Wir schauen weiter auf M&A unter der Maßgabe, dass es Wert für unsere Aktionäre schafft. Aber wir schauen auch auf andere Möglichkeiten, unser Kapital einzusetzen – und das heißt auf Dividenden, Aktienrückkäufe und Investitionen in unser Geschäft.“

Als zweiter starker Kandidat auf der Käuferseite positioniert sich der Schweizer Konzern Novartis, den der neue Firmenchef Vas Narasimhan wieder mehr auf das innovative Pharmageschäft fokussiert. Mit dem Verkauf seines Anteils am Consumer Healthcare-Joint-Venture an den Partner Glaxo-Smithkline (GSK) stärkt Novartis seine Finanzkraft um 13 Milliarden Dollar. Zum Verkauf stehen ferner die US-Generika-Aktivitäten. Mehr als 20 Milliarden Dollar könnten dem Baseler Pharmariesen zudem zufließen, sollte er sich auch von seiner Augenheilkunde-Sparte Alcon und seinem Anteil von sechs Prozent am Baseler Konkurrenten Roche trennen.

Novartis könnte sich damit mühelos an mittelgroße Pharma- und Biotechspezialisten wie Alexion, Incyte oder Vertex heranwagen, deren Bewertungen sich zwischen 15 und 40 Milliarden Dollar bewegen. Auch der US-Biotechkonzern Biogen (54 Milliarden Dollar Börsenwert) wird zuweilen als Übernahmekandidat gehandelt, neben kleineren Firmen wie Biomarin, Alnylam oder Bluebird Bio, die mit neuartigen Gentherapien vor ersten Zulassungen stehen.

Als weitere potenzielle Käufer werden neben Pfizer und Novartis auch Konzerne wie Merck & Co, Amgen und Gilead gehandelt. Selbst der dänische Insulin-Spezialist Novo Nordisk, der in Sachen M&A bisher überhaupt nicht aktiv war, signalisiert inzwischen Interesse an Übernahmen.

Wie stark die neue M&A-Welle wirklich sein wird, dürfte auch von den Rückschlüssen abhängen, die man aus dem letzten Boom zieht. Die Bilanz dieser Deals war keineswegs überragend. Der israelische Konzern Teva etwa manövrierte sich mit dem 40 Milliarden Dollar teuren Kauf der Actavis-Generikasparte in eine ernsthafte Krise. Die Akquisition von Baxalta durch die britische Shire war aus heutiger Sicht ebenso überteuert wie der Kauf der Consumer-Health-Sparte von Merck & Co durch Bayer.

Der US-Konzern Abbvie musste jüngst enttäuschende Daten für den Krebsmittelkandidaten Rova-T melden. Dabei handelt es sich um das Topprojekt der Firma Stemcentrx, die Abbvie im Jahr 2016 für 5,8 Milliarden Dollar gekauft hatte. Celgene wiederum scheiterte vor wenigen Tagen mit dem Topprodukt der Firma Receptos, die man 2015 für sieben Milliarden Dollar erworben hatte.

Inwieweit solche Misserfolge den Akquisitionshunger dämpfen, bleibt umstritten. Etliche Experten gehen davon aus, dass sie die M&A-Welle sogar verstärken könnten. So stehen Firmen wie Teva oder Valeant vor dem Problem, dass sie eine überzogene Verschuldung durch Verkäufe korrigieren müssen. Andere Konzerne stehen womöglich vor dem Dilemma, dass die bisherigen Zukäufe nicht ausreichen. Die Flops von gestern müssen sie mit neuen Wetten auf die Produkte von morgen kompensieren. Auch das könnte den Appetit auf Zukäufe letztlich stärken.

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