Unkrautvernichter Bayer verliert weiteres US-Glyphosat-Verfahren in Berufung

Bayer ist in den USA mit zahlreichen Glyphosat-Klagen konfrontiert.
San Francisco Der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer hat in den Verfahren um das Unkrautmittel Glyphosat weiterhin einen schweren Stand bei US-Gerichten. So kassierte er jetzt auch im dritten US-Berufungsverfahren wegen vermeintlicher Krebsrisiken durch Glyphosat eine Niederlage. Das zuständige Gericht in San Francisco bestätigte am Montag ein Urteil, wonach Bayer für Krebserkrankungen der Kläger Alberta und Alva Pilliod haften muss.
Eine Geschworenenjury in Kalifornien hatte den Konzern 2019 zunächst zu Schadensersatz- und Strafzahlungen von rund zwei Milliarden Dollar an das Ehepaar verurteilt. Später war der Betrag vom Gericht auf 86,7 Millionen Dollar (73,9 Millionen Euro) reduziert worden.
Die Niederlage im Berufungsverfahren bestätigt einmal mehr die schwierige Position des Leverkusener Konzerns in den Glyphosat-Verfahren. Sie kam für die meisten Beobachter und Investoren aber nicht mehr überraschend, nachdem der Konzern zuvor bereits in zwei Berufungsverfahren in Kalifornien gescheitert war.
Auf die ohnehin angeschlagene Bewertung von Bayer an der Börse hatte die neuerliche Niederlage vor Gericht daher kaum noch Einfluss. Die Bayer-Aktie notierte am Dienstagnachmittag nahezu unverändert, nachdem sie in Reaktion auf die jüngsten Quartalszahlen in den Tagen zuvor bereits sechs Prozent eingebüßt hatte. Seit der Übernahme des US-Konzerns Monsanto, der das umstrittene Herbizid produziert, hat Bayer mehr als die Hälfte an Wert verloren.
Bayer kündigte an, weitere rechtliche Optionen in dem Fall zu prüfen. „Wir können die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehen, da sie weder durch die Beweislage im Prozess noch durch geltendes Recht gestützt wird“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens. Man sei weiterhin vollständig von der Sicherheit von Glyphosat überzeugt. Vier Jahrzehnte intensive wissenschaftliche Prüfung und Bewertungen führender Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt bestätigten, dass die Anwendung sicher sei.
Bisher machen in den USA rund 125.000 Kläger Glyphosat für Krebserkrankungen verantwortlich. Für einen Großteil dieser Klagen – insgesamt rund 96.000 Fälle – hat Bayer inzwischen Vergleiche im Rahmen einer im vergangenen Jahr getroffenen Grundsatzvereinbarung mit den Klägern ausgehandelt.
Bayer hofft auf den obersten US-Gerichtshof
Sie sieht Zahlungen von insgesamt rund 9,6 Milliarden Dollar (etwa 8,2 Milliarden Euro) vor. Weitere rund zwei Milliarden Dollar stellte Bayer im vergangenen Jahr bereits für potenzielle künftige Klagen zurück. Nachdem eine Vergleichsvereinbarung für diese zukünftigen Fälle an der fehlenden Genehmigung durch ein US-Gericht scheiterte, hat Bayer die bilanzielle Vorsorge zudem im zweiten Quartal 2021 um weitere 3,5 Milliarden Euro aufgestockt.
Der Konzern hofft dabei weiterhin darauf, seine Rechtsposition in den USA noch durch ein positives Urteil des obersten US-Gerichtshofes zu verbessern. Dort will er die bisherigen Entscheidungen in einem anderen Glyphosat-Verfahren, dem Hardeman-Fall, überprüfen lassen. Allerdings bleibt vorerst offen, ob der US-Supreme Court den Fall annimmt und wie er gegebenenfalls entscheiden wird. Sollte der Supreme Court den Fall verhandeln, wird eine Entscheidung 2022 erwartet.
Um künftige Klagerisiken zu reduzieren, will Bayer ab 2023 außerdem den Vertrieb von glyphosathaltigen Unkrautmitteln für Privatanwender einstellen. Denn die Klagen wurden ganz überwiegend von diesem Personenkreis eingereicht, und kaum von Anwendern aus der Landwirtschaft, mit denen Bayer den Löwenanteil der Glyphosat-Umsätze erzielt. Für professionelle und landwirtschaftliche Nutzer will Bayer das Produkt weiter wie bisher anbieten.
Insgesamt haben sich die Schadensersatzklagen im Zusammenhang mit Glyphosat für Bayer als enormer Unsicherheitsfaktor und große finanzielle Bürde erwiesen, ohne dass die Problematik bisher endgültig bereinigt werden konnte. Seit Übernahme von Monsanto im Juni 2018 addiert sich der Aufwand für Rechtsfälle in der Crop Science Sparte des Konzerns auf insgesamt rund 14,6 Milliarden Euro.
Zudem haben sich auch die Erwartungen an das operative Geschäft im Agrobereich nicht erfüllt. Gegenüber den ursprünglichen Prognosen aus dem Jahr 2018, die für den Bereich Crop Science ein organisches Wachstum von mindestens vier Prozent pro Jahr und einen Anstieg der Ebitda-Marge auf über 30 Prozent bis 2022 vorsehen, liegt der Konzernbereich bisher weit zurück. Der Umsatz dürfte sich im laufenden Jahr in etwa auf dem Niveau von 2018 bewegen, die Ebitda-Marge wird bei nur 23 Prozent erwartet.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Bayer den eingetrübten Perspektiven mit Wertberichtigungen und Goodwill-Abschreibungen von gut neun Milliarden Euro Rechnung getragen. Insgesamt addiert sich der Zusatzaufwand der Monsanto-Übernahme insofern auf mehr als 20 Milliarden Euro.
Mehr: Glyphosat sorgt für rote Zahlen bei Bayer – auch die Prognose enttäuscht
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Und welche Konsequenzen hat es für Herrn Baumann, der den ganz Coup mit Monsanto eingefädelt hat. Bisher keine.