Gallery Weekend: Kunsthandel in London: Konzentriert auf den Inhalt, weniger auf das große Geld

Blick auf die schaufenstertaugliche Schau von Richard Prince.
London. Die Londoner Galerienszene zeigt Solidarität. Nicht nur zwei Messen, „Photo London“ (bis 15.5.) und eine kleine Sammlermesse, „The Eye of the Collector“ (bis 14.5.), sondern auch ein Galerienwochenende läuten das vorläufige Ende der Corona-Einschränkungen ein. Die Wiedereröffnung des Kunstmarktes sucht Fans von zeitgenössischer Kunst in alle Ecken der Stadt zu locken. Und ein Weg abseits des Zentrums lohnt sich.
Trotz der großen Widerstandsfähigkeit auch kleinerer Galerien während der Pandemie, die dank starker digitaler Präsenz überlebten, spürt man Energie und Optimismus an der realen Umsetzung von Ausstellungen. Neu an der zweiten Ausgabe des gemeinsamen Wochenendes von 150 Galerien ist die Partnerschaft untereinander (bis 15.5.).
Große und kleine Ausstellungsorte zeigen ein Programm, das ein breites Publikum anspricht. Der Wettbewerb ums große Geld ist einer Besinnung auf Inhalte gewichen. Es werden auch schwierige Themen und Positionen präsentiert, vor allem in Stadtteilen, die abseits vom Zentrum liegen, wie in Deptford, Shoreditch oder Peckham. Vom Freitag, den 13. bis Sonntag, den 15. Mai laden alle Galerien zu ihren Sommerausstellungen ein, angereichert mit Performances, Künstlergesprächen, Lesungen und Galerienrundgängen.
Unter den jungen Galerien im Osten der Stadt überzeugt Guts Gallery. Hier werden die Hierarchien der Kunstwelt umgeworfen und vor allem unterrepräsentierte Künstler und Künstlerinnen gezeigt. Die erst 21-jährige Elsa Rouy zeigt neue Gemälde, die den weiblichen Blick auf den Körper provokativ zur Schau stellen. Die Preise liegen konsumfreundlich zwischen 1100 und 7600 Pfund.
Auch Moarain House, die gerade in das Gebäude gezogen ist, in dem Wolfgang Tillmans lange Zeit sein Atelier hatte, versucht auf kleinem Format viel zu erreichen. Die Galeristin zeigt in einer Ausstellung Arbeiten von Shamiran Istifan, die sich selbst als assyrisch-schweizer Künstlerin bezeichnet. Die Videos, Wandarbeiten und Gemälde hinterfragen die Beziehungen einer global codierten Bildsprache zu deren Inhalten. Zu haben sind die Werke zu Preisen zwischen 1000 und 3000 Pfund.

Kunst und poppig gestaltete Möbel gehen bei Gagosian eine inspirierende Melange ein.
Mehr als zehn junge Galerien haben seit der Pandemie und nach dem Brexit in London eröffnet. Das widerspricht zum Teil der oft gehörten These vom drastisch reduzierten Geschäft in London. Neueröffnungen zeigen Mut und Engagement, vor allem da die Zielgruppe im Augenblick vor allem lokal ist.
Jeremy Epstein, Gallerist von Edel Assanti und Mitgründer des Gallery Weekends betont dem Handelsblatt gegenüber: „Obwohl internationale Besucher noch nicht auf dem Level vor der Pandemie sind, hat diese Phase einen kollaborativen Geist hervorgebracht. Es haben sich Möglichkeiten ergeben, die das lokale Ökosystem der Galerien mit neuer Energie versehen haben. Diese haben die Londoner Galeristen mit beiden Händen ergriffen.“
Deutsche Künstler sind in London stark vertreten
Epstein spielt er auf die Aufweichung der horrenden Mietpreise an und die Tatsache, dass sich die meisten neuen Galerie organisch aus Pop-Up Orten ergeben haben und mit kleinen Budgets sparsam operieren.
Neben den jungen Highlights stehen aber erstmal am Freitag die großen Galerien auf dem Programm, wenn der Schwerpunkt der Veranstaltungen auf dem Zentrum der Stadt liegt. Deutsche Künstler sind hier stark vertreten. White Cube zeigt eine Auswahl großformatiger neuer Arbeiten von Andreas Gursky, während Frith Street neue Arbeiten von Thomas Schütte zeigt. Die Berliner Bastian Galerie zeigt an ihrem Londoner Standort eine kleine, feine Auswahl von Aquarellen und Papierarbeiten von Emily Nolde.


Die Hälfte der zwischen 150.000 und 470.000 Euro teuren Papierarbeiten kommt aus der Seebüll Stiftung. Skulpturen sind selten zu sehen. Ausnahmen machen hier neben der oben erwähnten Ausstellung von Schütte die Gagosian Galerie mit einer Auswahl neuer Arbeiten von Cristina Iglesias, die laut Aussage von Senior Director Stefan Ratibor auf reges internationales Interesse stößt.
Eine von den Organisatoren in Auftrag gegebene Performance der Londoner Künstlerin Mandy El-Sayegh wird jeden Tag in einem anderen Teil der Stadt stattfinden. Weiterhin erlaubt eine ansprechende Webseite Besuchern nicht nur, ihren eigenen Rundgang zu planen. Sie bietet auch Podcasts an, die einen auf den Wegen begleiten können oder die Funktion, den Wegempfehlungen von Prominenten zu folgen.
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