Koller Auktionen: In der Schweiz unter dem Hammer: Millionenpreise nicht nur für Gemälde

Die lebhafte Komposition „La Liseuse“ von 1922 verdoppelte mit 523.000 Schweizer Franken die untere Schätzung (Ausschnitt).
Düsseldorf. Die Pandemie sorgt schon im zweiten Jahr dafür, dass wir weniger auf aufwendige Reisen gehen und weniger Geld in Bars, Clubs und Restaurants ausgeben. Geld, das übrig ist, wird am Jahresende gern in Kunst angelegt.
Und so bieten gerade Sammler in der mittleren Preisregion nachhaltiger auf ein Bild, eine Grafik oder eine Herrenarmbanduhr von Patek Philippe. Alles Kunstwerke, mit denen man gut leben kann. Das zeigte die siebenteilige Herbstauktion des Schweizer Versteigerers Koller exemplarisch.
1074 Lose kamen zum Aufruf und erlösten insgesamt 23 Millionen Schweizer Franken. Davon entfielen 13,5 Millionen Franken auf die Abteilung Fine Art. Was Auktionator Cyrill Koller routiniert am Pult einklopfen konnte, lag um 150 Prozent über den unteren Schätzungen. „Ein Zeichen für einen sehr gesunden Auktionsmarkt und ein passender Abschluss für ein außerordentlich erfolgreiches Jahr für das Zürcher Auktionshaus“, bemerkt dazu Kollers Pressemitteilung.
Im Jahr 2021 kann das 1958 gegründete Haus einen Umsatz von insgesamt 80 Millionen Schweizer Franken verbuchen. Damit liegt Koller auf Platz Zwei des Rankings in Deutschland, Österreich und der Schweiz (D-A-CH). Kornfeld aus Bern nahm im September 75 Millionen Franken ein und Ketterer aus München meldet soeben einen All-inclusive-Jahresumsatz von 88 Millionen Euro.
Es ist charakteristisch für das aktuelle Verhalten beim Geldausgeben, dass die Millionenpreise nicht allein der Kunst für die Wand vorbehalten sind, sondern auch für Schmuck oder eine werthaltige Uhr.

Der rare Zeitmesser aus dem Jahr 2013 wechselte für 1,1 Millionen Schweizer Franken den Besitzer. Geschätzt war er auf 400.000 bis 700.000 Franken.
1,1 Millionen Franken wendete ein Bieter auf für die rare „Grand Complication“-Armbanduhr aus dem Jahr 2013 von Patek Philippe. Das ist ein Weltrekord für einen Zeitmesser, dessen Höchstpreis eben noch bei rund 450.000 Schweizer Franken gelegen hatte und dessen Taxe auf 400.000 bis 700.000 Franken geschätzt war.
Unter den Topzuschlägen für Gemälde hat „Lines no. 12“ von dem aktuell sehr begehrten tschechischen abstrakten Maler Zdenek Sykora den gewaltigsten Sprung nach oben gemacht. Ausgerufen für bescheidene 120.000 Franken ließ sich das 1981 entstandene Linienbild auf einen Verkaufspreis von 1,03 Millionen Franken heben. Das ungegenständliche Werk auf hellem Grund wird nun nach Tschechien an einen Privatsammler ausgeliefert.

Das idyllische Mädchenbildnis von 1888 bleibt für 1,98 Millionen Franken in der Schweiz.
Erwartbarer waren die knapp unter der oberen Schätzsumme liegenden 1,98 Millionen Franken für ein idyllischen Mädchenbild des Schweizer Malers Albert Anker von 1888. Die heile Welt-Stimmung des Realismus wird hier durch zwei Katzenbabys gesteigert. Das Bild bleibt in der Schweiz, wo Anker - ausschließlich - bei konservativen Kunstfreunden Kultstatus genießt.
Ebenfalls heftig umworben war ein spätimpressionistisches Straßenbild der Pariser „Rue de Clignancourt“ von Gustave Loiseau von 1924. Sein Schätzpreis hatte bei 50.000 bis 70.000 Franken gelegen. Am Ende des Wettstreits zwischen zwei Privatsammlern lag der Bruttopreis mit 439.000 Frankem beim Sechsfachen der Taxe.
Dass liquide Mittel angelegt sein wollen, konnte man auch an Schätzpreisen im tiefen fünfstelligen Bereich ablesen, die deutlich nach oben kletterten. Voraussetzung: Der Künstler oder die Künstlerin muss bekannt sein und eine Spur in der Kunstgeschichte hinterlassen haben.
Das Op Art-Streifenbild von Günter Fruhtrunk aus dem Jahr 1971 verdreifachte seine Schätzung auf 97.900 Franken. Die gefällige Farboffsetlithografie „Shipboard Girl“ von Roy Lichtenstein im Comic-Stil erlöste 63.700 Franken.
Aber nicht alles wurde hochgesteigert. Eine kleinformatige Deckfarbenarbeit auf Papier von Willem de Kooning fand für 534.000 Franken einen neuen Besitzer im Rheinland. Das Werk des gefeierten Meisters des amerikanischen Abstrakten Expressionismus war mit einer Taxe von 600.000 bis 900.000 Franken ins Rennen gegangen.

Da hat ein Kenner einen guten Griff getan, möglicherweise um seine eigenen vier Wände aufzuwerten, wenn Geld ausgeben auf Reisen und in Gourmettempeln weitgehend flach fällt.
Mehr: Grisebach: Fünf Millionenzuschläge krönen die Abendauktionen






