Kunstmarkt in der Kulturpolitik: Pläne der Ampelkoalition

Die Bundestags-Vizepräsidentin übernimmt das mächtig gewachsene Kulturstaatsministerium.
Düsseldorf. „Überflüssig wie ein Marineminister in der Schweiz“. 23 Jahre sind es her, seit sich der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder derartig harsche Kritik anhören musste, als er das Kulturstaatsministerium (BKM) einführte. Claudia Roth, designierte Kulturstaatsministerin, muss sich um die politische Relevanz des Amtes indes keine Sorgen machen. Sie wird von ihrer Vorgängerin Monika Grütters ein enorm an Etat – über zwei Milliarden Euro – und Aufgaben gewachsenes Ressort erben, nebst einer Reihe kunstmarktrelevanter heikler Themenstellungen.
Was auf die neue Kulturstaatsministerin zukommt, lässt sich dem Koalitionsvertrag entnehmen; darunter an erster Stelle die bessere soziale Sicherung freier Kulturschaffender, Künstlerinnen und Künstler. Für sie sollen in den Richtlinien des Bundes zur Förderung von Institutionen Mindesthonorierungen festgeschrieben werden. Auch will man einen Ansprechpartner für die Kultur- und Kreativwirtschaft bei der Bundesregierung installieren, eine Forderung der „Koalition Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland (K3d)“.
Die Ankündigung der Ampelkoalition, man wolle freie Kulturorte wie Galerien unterstützen, kommentiert mit aller gebotenen Zurückhaltung der Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler: „Damit taucht das Wort Galerie überhaupt erstmals in einem Koalitionsvertrag auf“, sagt BVDG-Geschäftsführerin Birgit Maria Sturm.
Ein schwieriges Thema bleibt der Umgang mit Nazi-Raubkunst. „Wir verbessern die Restitution von NS-Raubkunst, indem wir einen Auskunftsanspruch normieren, die Verjährung des Herausgabeanspruchs ausschließen, einen zentralen Gerichtsstand anstreben und die ‚Beratende Kommission‘ stärken“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Aus dieser Formulierung lässt sich konkret nur ablesen, dass ein Raubkunstgesetz angestrebt wird, um gerichtlich durchsetzbare Restitutionsansprüche normieren zu können. Eine Basis, auf der die „Beratende Kommission“ dann auch mehr als nur Empfehlungen aussprechen könnte. In der Konsequenz hieße das aber, dass die heutigen Eigentümer entschädigt werden müssten.
„Wir haben bisher als Grundlage der Restitution keine Rechtsnormen. Deshalb werden Restitutionsklagen nicht zu den ordentlichen Gerichten erhoben, sondern zur Beratenden Kommission, die nicht entscheidet, sondern empfiehlt“, erläutert der Frankfurter Rechtsanwalt und an der Universität Heidelberg lehrende Hans-Jürgen Hellwig. Das sei keine richterliche Entscheidung.
„Ohne parallele rechtliche Normierung des Restitutions-Themas hängt der zentrale Gerichtsstand zumindest weitestgehend in der Luft“, ergänzt Hellwig. Der Koalitionsvertrag sehe ja eine gesetzliche Regelung der Restitution vor. Dazu würde ein zentraler Gerichtsstand passen.
Ohne gesetzliche Regelung der Sachmaterie käme theoretisch in Betracht, durch Gesetz die Aufgaben der Beratenden Kommission einem zentralen Gerichtsstand zu übertragen, überlegt der Rechtswissenschaftler weiter. Das wäre mit Blick auf die Beratende Kommission unproblematisch; denn sie sei eine Geburt der Exekutive und würde durch einfaches Gesetz arbeitslos. „Aber es gäbe Probleme mit Blick auf das Gericht.“



Das Gericht würde, so Hellwig, auf der Grundlage des derzeitigen exekutiven Regelwerks zur Restitution Empfehlungen abgeben. Das wäre dann gerichtliche Mediation in öffentlichem Verfahren plus öffentliche Empfehlung. Das wäre ein Bruch mit Aufgabe und Verfahren von Gerichten, wie wir sie bisher kennen.
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