Kunstmesse: Ein Haus voller Schätze wartet auf Publikum

Diese aus schwarzem Wallnussholz gefertigte Bank von 1973 ist auf dem Stand von Geoffrey Diner zu finden.
London. London hat eine neue Kunst- und Antiquitätenmesse. Sie trägt den viel versprechenden Namen „Treasure House Fair“ und eröffnet am 23. Juni zum Höhepunkt der Saison. Gegründet wurde sie erst vor wenigen Monaten in Zusammenarbeit von Thomas Woodham-Smith und Harry van der Hoorn. Woodham-Smith ist ein alteingesessener englischer Antiquitätenhändler, van der Hoorn der energiegeladene Eigentümer der Messestandbaufirma Stabilo. Er ist auch für die Kojen der Maastrichter Antiquitätenmesse „Tefaf“ verantwortlich.
Mit der Neugründung antworten die Veranstalter auf die Absage der „Masterpiece“ Messe. Zehn Jahre lang bespielte sie den Sommertermin in London. 2022 wurde sie an die Schweizer MCH Group verkauft, jene Messegesellschaft, die auch die Art Basel-Messen betreibt.
Als MCH Group Anfang dieses Jahres die Entscheidung traf, die Masterpiece aufgrund fehlender internationaler Teilnahme abzusagen, war das ein Schlag ins Gesicht des schwächelnden Londoner Kunstmarkts. Der leidet in der Post-Brexit Phase darunter, dass Paris als Marktstandort wiederbelebt wird.
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Für den Handel war die Absage der Masterpiece Messe eine „Katastrophe“, erzählt Woodham-Smith im Gespräch mit dem Handelsblatt. Die neue Messe sei die Reaktion darauf gewesen. Sie soll London ein „Comeback“ bescheren und – ähnlich wie die Masterpiece – eklektisches Sammeln auf höchstem Niveau ermöglichen.
Alle Objekte wurden vor Messebeginn von einem Expertenkomitee geprüft. Qualität steht vor Quantität. Bei den Preisen muss man jedoch lange nach einem Schnäppchen suchen. Im Vergleich zur Masterpiece ist die neue Messe mit nur rund 50 Ausstellern stark abgespeckt.
Es gibt Rares von der Antike bis in die Gegenwart und aus allen Bereichen. Man findet Möbel, Skulpturen, Teppiche und, Uhren, aber auch alte Bücher, Keramik und Porzellan. Außerdem werden Silber, Schmuck und Design angeboten.

Das 1800-1804 entstandene Service aus Meissen-Porzellan bietet der Kunsthandel E&H Manners für 45.000 Pfund an.
Die Aussteller kommen vorwiegend aus England. Viele davon sind Besuchern von Messen wie der Tefaf oder der Frieze Masters bekannt. Ihre Zahl ist klein, weil die Messe so spät zusammengestellt wurde. Das sieht man ihr jedoch nicht an.
Obwohl es genügend Londoner Händler mit moderner englischer Kunst gibt, besticht das Messebild durch elegant eingerichtete Interieurs mit Kunst und Möbeln. Damit wollen die Händler das Zusammenleben von Alt und Neu schmackhaft machen. Großzügig kommt der Stand des amerikanischen Händlers Geoffrey Diner aus Washington daher. Er stellt amerikanisches und italienisches Design aus der Mitte des 20. Jahrhunderts aus.
Die Möbelwerkstatt Barnsley Workshop bietet vor allem aus einheimischem Holz gefertigte formschöne Möbel an. Produziert wird auf Anfrage. Ein Tisch mit sechs Stühlen kostet hier 48.000 Pfund. Für Barnsley Workshop war die Absage der Masterpiece ein Schock. Letztes Jahr hatte die Werkstatt ihren besten Messeauftritt. Wie viele der Aussteller hat sie große Erwartungen an die neue Messe.
Asiatische Kunst ist gut vertreten, vor allem Objekte, die historisch an die Handelsbeziehungen zwischen Europa und China erinnern. Eine Rarität ist eine Tapisserie aus dem frühen 18. Jahrhundert bei Adrian Alan aus Brighton. Der von der Berliner Manufaktur von Jean Barraband geschaffene Wandteppich „Die Audienz beim Kaiser von China“ (aus der Großmogul-Folge) wurde nach französischen Vorlagen gewebt. Er soll 390.000 Pfund kosten.
Die Messe baut auf den Zuspruch amerikanischer Kunden
Daniel Crouch Rare Books verlangt 450.000 Pfund für „The ‘Blue Map’ of the World“ (1812) von Qianren Huang. Auf dem Gebiet der zeitgenössischen chinesischen Kunst sticht die Galerie 3812 mit Standorten in Hong Kong und London hervor. Sie bieten eine Porzellanvase des abstrakten Malers Chu Teh-Chun zum Preis von 130.000 Pfund an.
Teh-Chun schuf als eines seiner letzten Projekte mit der Porzellanmanufaktur Sèvres 57 Vasen. Der mit zeitgenössischer chinesischer Tuschmalerei handelnde Michael Goedhuis glaubt, dass das Interesse insgesamt stark sein wird. Kunden von ihm fliegen von Palm Beach nach London, um sich die Messe anzusehen.
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Amerikaner sind die Hoffnung der Messe. Messegründer Woodham-Smith sieht London weiterhin als Brücke sowohl in den Westen als auch in den Nahen und Fernen Osten. Das mag zwar stimmen, und sollte das Konzept aufgehen, würde die Messe natürlich im nächsten Jahr Platz für mehr internationale Händler machen. Aber ob man genug Kunden und Aussteller anlocken kann, muss man abwarten.
Am selektiven Eröffnungsabend tröpfelten die Besucher bloß in die Gänge. Die Messe war kaum beworben worden. Viele wissen nicht, dass sie stattfindet. Woodham-Smith und van der Hoorn haben zweifellos sowohl die kunsthistorische und auch die technische Expertise, eine hochqualitative und elegante Messe zusammenzustellen. Sie scheinen im Augenblick aber noch zu übersehen, dass Werbung vor Ort und international zu den Aufgaben von Messebetreibern gehört.



Vor allem van der Hoorn hat große Ambitionen für das Format der Messe. Er würde gerne 80 Aussteller auf 3500 Quadratmetern in alle möglichen Standorte exportieren. Pläne, die es ursprünglich auch für die Masterpiece gab. Aber dafür muss man erstmal die Messe vor Ort auf ein solides Fundament stellen. Die Objekte und die Aussteller sind da. Nun müssen die Besucher kommen und Verkäufe folgen.
„The Treasure House Fair“, Royal Hospital Chelsea, London, 23. bis 26. Juni, 11 bis 20 Uhr





