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KunstmesseSchauplatz Paris: Zum Rendez-vous der Antiquitätensammler

Auf der FAB Paris sind die klassischen Sammelgebiete immer noch stark präsent. Doch auch hier nimmt das 20. Jahrhundert immer mehr Raum ein.Stefan Kobel 22.11.2023 - 16:01 Uhr

Paris. Wie luftig das Grand Palais Ephémère doch sein kann! Zur Presse- und VIP-Eröffnung der „Fine Art Biennale“ (FAB) in Paris verlieren sich die Besucher fast in den Gängen, ganz im Gegensatz zur „Paris + par Art Basel“ knapp einen Monat zuvor.

Auch das Gezeigte bildet einen starken Kontrast. Schon die Präsentation erinnert an die „Tefaf“ und die glorreichen Zeiten der „Biennale des Antiquaires“. Um ein Viertel auf 110 Aussteller hat die FAB in ihrer zweiten Ausgabe und Premiere im provisorischen Grand Palais zugelegt.

Wie in Maastricht nimmt auch in Paris das 20. Jahrhundert immer mehr Raum ein. In diesem Bereich ist die Messe sehr französisch und hier hat sie durchaus noch Luft nach oben. „Sehr pariserisch“ sei die FAB, erklärt Jordi Mayoral aus Barcelona. Das sei aber auch gut so. Die Veranstaltung sei auf einem guten Weg, nach dem Niedergang der jüngeren Vergangenheit, daher sei er auch zurückgekehrt nach einer Pause von sieben oder acht Jahren.

Jean Dubuffet und Sonia Delaunay sind Mayorals Verbeugungen vor dem hiesigen Geschmack. Dominiert wird sein Stand von spanischen Positionen, allen voran eine große Holzskulptur einer Liegenden von Manolo Valdés zu 350.000 Euro.

Doch die klassischen Sparten und Sammelgebiete sind immer noch stark präsent, von der Stammeskunst über Alte Meister und Grafik bis zu Büchern. Benjamin Steinitz, zuletzt zur „Fine Art Paris“ gewechselt, ist froh: „Endlich wieder eine Messe in Paris!“ Sein Lieblingsstück an seinem Stand ist ein Paar jadegrüner Porzellanvasen in feuervergoldeter Bronzemontierung von Nicolas Delaunay für 1,2 Millionen Euro.

Eine ebenfalls aus der ursprünglich von der Fine Art Paris kommenden Ausstellergruppe ist nur fast glücklich über das Zusammengehen mit der kurz „Syndicat“ (Syndicat National des Antiquaires) genannten Händlervereinigung. Sie hat früher die Biennale des Antiquaires ausgerichtet: „Wir müssen kooperieren, weil das Syndicat den Platz im Grand Palais hat. Die Regierung ist der Ansicht, dass er ihr als Standesvertretung zusteht.“

Operativ halten jedoch die Fine Art-Eigentümer, eine Gründung von acht Händlern, das Zepter in der Hand. Zum Gala-Diner am Vorabend der Eröffnung laden die Syndicat-Mitglieder ein. In den einzelnen Sparten-Beiräten sind sie ebenfalls vertreten.

Ein Erstaussteller – noch dazu ein deutscher – ist Christopher Kende aus Tübingen. Der Silber-Spezialist hat nach 15 Jahren sein Ladengeschäft aufgegeben und konzentriert sich auf Messen wie die „Munich Highlights“ und die „Brafa“ in Brüssel. „Es ist ein besseres Geschäftsmodell, in Sibirien eine Ananas-Plantage aufzumachen als den Schwaben in Tübingen Silber verkaufen zu wollen,“ erklärt er lachend seinen Schritt.

Kunstmesse

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Als einziger europäischer Händler darf Kende die zeitgenössischen Schmiedearbeiten von Ryuhei Sako verkaufen. Er arbeitet in der vergessenen Mokume-gane-Technik, bei der verschiedene Silberlegierungen aufwändig über Monate gehämmert werden, bis dünne Bleche entstehen. Aus diesen stellt der 38-Jährige Behältnisse wie Teedosen und Vasen her, deren Anmutung am ehesten mit Objekten aus Damaszener-Stahl verglichen werden kann. Ihre Preise liegen zwischen 6.500 bis 26.000 Euro.

Kende selbst gehört mit 41 Jahren zu den Youngstern der Branche, und er bedauert den schleichenden Niedergang der Sammelkultur in Deutschland. Malaquais aus Paris hat einen musealen Skulpturenstand rund um Auguste Rodin und Camille Claudel inszeniert. Von Claudel stammt der bezaubernde kleine „Tête de l'Implorante“ in Gips. Das etwas mehr als faustgroße Köpfchen stammt aus dem Nachlass der Schwester der Künstlerin; einen Preis möchte die Galerie nicht nennen.

Es ist ein besseres Geschäftsmodell, in Sibirien eine Ananas-Plantage aufzumachen als den Schwaben in Tübingen Silber verkaufen zu wollen.
Christopher Kende
Kunsthändler

„Der Markt ist sehr klein“, erklärt Eigentümer Jean-Baptiste Auffret, der sich auf seinen Auftritt hier konzentriert. Interessenten sollten nach Frankreich kommen, findet er. Durch das Novemberdatum und das amerikanische Thanksgiving kämen allerdings kaum Sammler oder Kuratoren über den Atlantik. Daher erwäge er eine Teilnahme in Maastricht.

Einen ähnlichen Zugang pflegt die Galerie Rumbler aus Frankfurt. Paris mache sie immer gerne, erklärt Petra Rumbler. New York oder deutsche Messen kämen für sie hingegen nicht mehr infrage. Ihr seit 52 Jahren bestehendes Geschäft sei so spezialisiert, dass die Sammler sie ohnehin fänden.

Mit dem monetären Aspekt des Kunstsammelns geht Rumbler jedoch transparenter um als ihr französischer Kollege. Der offen ausliegenden Preisliste ist zu entnehmen, dass ein Abzug von Albrecht Dürers berühmten„Rhinocerus“ von 1515 160.000 Euro kostet.

Die ursprünglich in Deutschland beheimatete Antonia Eberwein ist vor Jahren ganz nach Paris übersiedelt, nachdem der deutsche Staat die bürokratischen Daumenschrauben für den Handel mit Antiken immer stärker anzog. Deutsche Sammler kämen gerne nach Paris. Ihr herzallerliebstes ägyptisches Nilpferd „Ivan“ hat ein Sammler nach dem Diner mit in die Schweiz genommen.

Eberwein tröstet Besucher mit einem kleinen Zoo von Tieren aus dem Mittleren Reich vom Wüstenfuchs bis zum - nicht ganz so, aber immer noch - attraktiven Nilpferd mit Preisen zwischen 9000 und 40.000 Euro.

Sachkundige Sammler für Alte Kunst und Kunsthandwerk scheint es in Deutschland immer noch zu geben. Doch mangels einer bedeutenden Messe fahren die dann lieber nach Paris. „Wir brauchen internationales Publikum“, erklärt Achim Neuse aus Bremen, der seit Jahrzehnten an der Biennale teilnimmt und gerade den Geschäftsübergang an seinen Sohn Martin vorbereitet.

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Die bürgerliche Sammelkultur sei in Frankreich allerdings deutlich stärker ausgeprägt als in der Heimat. Das hänge nicht zuletzt mit dem Bildungsniveau zusammen. Es bedarf auch eigener Expertise zu erkennen, ob ein Kinderschreibtisch von Röntgen die geforderten 750.000 Euro wert ist.

Nächstes Jahr zieht die FAB, wie einige andere Kunstmessen auch, in das dann renovierte Grand Palais um. Das bietet mehr Platz, womit die Herausforderung zum Halten der Qualität einhergeht. Wenn ihr das gelingt, könnte der Marktplatz zu altem Glanz zurückfinden.

Mehr: Die neue Übersichtlichkeit der Art Cologne

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