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  4. Das Auktionshaus Nagel leidet wie viele Mitbewerber unter dem Mangel an Topstücken

Nagel AuktionenAuf dem Markt für Asiatika fehlen die Topstücke

Nagel ist mit dem Ergebnis seiner jüngsten Asiatika-Auktion nur zufrieden. Warum zwei Toplose floppten und ein Weihrauchbrenner das Fünfzigfache der Taxe erzielte.Sabine Spindler 25.01.2022 - 10:42 Uhr aktualisiert Artikel anhören

Die Hu-Förmige Vase mit rostrotem Drachendekor kletterte von aufgerufenen 6000 auf rund 38.000 Euro.

Foto: Nagel

München. „So lange es bei uns Spitzenerlöse gibt wie im Sommer 2021 die 14 Millionen Euro für eine büffelköpfige Bronze-Gottheit, bleibt die chinesische Kunst für Nagel interessant“, sagt Michael Trautmann, China-Experte des Stuttgarter Versteigerers Nagel. Doch ein derartiger Preisbringer war Nagels jüngster Asiatika-Auktion im Dezember vergangenen Jahres nicht vergönnt.

Teuerstes Los im Saal wurde mit 305.000 Euro (alle Preise inkl. Aufgeld) ein Stuhlpaar aus dem nur Adligen vorbehaltenen Holz Huanghuali. Fünfzehn Bieter waren telefonisch zugeschaltet. Diese minimalistischen Möbel aus dem 18. Jahrhundert zeigen die immer noch anhaltende Bereitschaft der Chinesen zu großen Investitionen, wenn die richtige Ware angeboten wird. Taxiert war das Paar Stühle auf 30.000 Euro.

Das einzige millionenschwere Sensationsstück der Herbst-Saison kam in Paris unter den Hammer. Christie´s versteigerte einen chinesischen Teppich aus dem 16. Jahrhundert für 6,9 Millionen Euro. Der Teppich war eines der nur 16 bekannten Thronteppiche mit Drachenmotiven aus dem Palast der Verbotenen Stadt.

Bei Koller in Zürich stach eine Steinzug-Figur des Erleuchteten Nagasena aus einem verhaltenen Angebot hervor. Der Buddha-Jünger aus dem 13./14. Jahrhundert ging für 390.000 Schweizer Franken in neue Hände. Einen Satz von taxierten 6000 auf 61.000 Franken machte in Zürich der Preis einer fein emaillierten Cloisonné-Deckelkanne aus dem 16./17. Jahrhundert.

Die Asiatika-Auktionen im deutschsprachigen Raum bestätigten alle den Trend. Das preisliche Niveau der europäischen China-Auktionen spielt sich meist im fünfstelligen und seltener als früher im sechsstelligen Bereich ab. Der grassierende Materialmangel an Topstücken in Europa bleibt der Dreh- und Angelpunkt dieses Marktsegmentes.

Die Steinzug-Figur des Buddha-Jüngers aus dem 13./14. Jahrhundert gelangte für 390.000 Schweizer Franken in neue Hände.

Foto: Koller

Bei einem Angebot von über 1000 Losen verzeichnete Nagel diesmal nur sechs Verkäufe über 100.000 Euro. Provenienz und Qualität spielten bei den bewilligten 106.000 Euro für einen Dreiersatz von feinen, durchbrochen geschnitzten Holzpaneelen des 19. Jahrhundert eine Rolle. Laut Katalog stammten die Stücke aus dem Innenraum des Kaiserlichen Palastes.

Der gleiche Einsatz war einem Chinesen die 1944 entstandene Tuschezeichnung „Stehendes Pferd“ von Xu Beihong wert. Chinesen schätzen die Pferdebilder Xus wegen ihrer Mischung aus westlichem Realismus und chinesischer Tradition.

Wie heikel der Handel mit chinesischer Kunst ist, führen die zwei Spitzenlose der Auktion vor. Aus bedeutendem deutschen Adelsbesitz konnte Michael Trautmann eine um 1900 gesammelte Folge von Ritualbronzen und Metallgegenständen akquirieren.

Top-Los war eine auf 900.000 bis 1,5 Millionen Euro taxierte Bronze-Glocke mit der Inschrift „Zum langen Leben des Kaisers“. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden, diente der Klangkörper in den kaiserlichen Tempeln als Gebets-Glocke für buddhistische Rituale.

15 Bieter trieben den Preis für dieses minimalistische Stuhlpaar aus dem dem 18. Jahrhundert auf 305.000 Euro (alle Preise inkl. Aufgeld). Die Taxe belief sich auf 30.000 Euro.

Foto: Nagel

Objekte wie diese stehen oft im Verdacht Raubgut der Engländer zu sein. Dazu hatte sie noch einen Substanz-Makel. Für den Abtransport der Glocke wurde die Kuppe durchbohrt. „Das ist in den Augen der Chinesen Vandalismus“, erklärt der Nagel-Experte im Gespräch mit dem Handelsblatt. Dem Einlieferer konnte Nagel lediglich ein Untergebot von 450.000 Euro mitteilen. Die Verhandlungen laufen noch.

Mehr als einen Dumping-Preis konnte auch ein kaiserlicher Weihrauchbrenner in Form eines turmartigen Pavillons nicht hervorkitzeln. Das Objekt aus dem 18. Jahrhundert ist vor einiger Zeit bei Bonhams zur Taxe von umgerechnet 150.000 Euro durchgefallen. Da ist für Chinesen eine preisliche Erwartung von 300.000 Euro keine Verhandlungsbasis mehr. Im Nachverkauf rutschte der Preis auf brutto 200.000 Euro.

Chinas gut betuchte Sammler

Unzufrieden ist Nagel mit dem Gesamtergebnis von 5,5 Millionen Euro dennoch nicht. 78 Prozent des Angebots wurde abgesetzt. Viele Lose konnten ihre Taxen hinter sich lassen.

Beim Porzellan etwa kletterte der Preis für eine Hu-Förmige Vase mit rostrotem Drachendekor von aufgerufenen 6000 auf rund 38.000 Euro. Ein mit Blüten bemalter Famille-rose-Teller aus dem frühen 18. Jahrhundert konnte mit einem Erlös von rund 44.000 Euro seine Taxe mehr als verfünffachen.

Asiatika-Auktion bei Nagel

Verblüffung in Stuttgart: Nagel versteigert eine Buddha-Figur für 14 Millionen Euro

Chinas gut betuchte Sammler haben das Angebot angenommen. „Man muss sich in seinen Umsatz-Erwartungen anpassen und kann nur bieten, was man auch bekommt“, so Trautmann.

Dass der europäische Markt noch immer unterschätzte „Schläfer“ birgt, zeigte ein schlichter zylindrischer Weihrauchbrenner aus der Quianlong-Periode zur Taxe von 3000 Euro. In der Marke des becherhohen Bronzegefäßes aus der Mitte des 18. Jahrhunderts erkannten Insider das Siegel einer Gießerei des Kaiser-Bruders und trieben den Preis auf rund 44.000 Euro.

Enorm war der Sprung, den ein auf 200 Euro taxierter Grillenkäfig machte. Eine Schnitzerei mit der Darstellung eines fünfkralligen Drachens brachte Bieter dazu, letztlich 16.000 Euro zu investieren.

Aberwitzig teuer wurde auch eine gedruckte Tapete des 18. Jahrhunderts. Der Betreiber des Blogs „Chinese Woodblock Printing“, ein amerikanischer Sammler und Forscher, identifizierte die Darstellung des Drachenbootfestes als Teil einer Wanddekoration.

Der Betreiber des Blogs „Chinese Woodblock Printing“, ein amerikanischer Sammler und Forscher, identifizierte die Darstellung des Drachenbootfestes als Teil einer Wanddekoration. Sie erzielte 69.000 Euro. Geschätzt war sie auf 600 Euro.

Foto: Nagel

Solche Tapetendrucke gingen in Serie an Europas Adelshöfe, unter anderem nach Schloss Wörlitz und an den Hof August des Starken. Aufgerufen für 600 Euro setzte sich gegen den Blogger und einen chinesischen Interessenten ein Sammler aus Monaco erst bei 69.000 Euro durch.

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Überraschungen wie diese sind immer willkommen. Nagels Gelassenheit gegenüber einem im Vergleich zu Boomzeiten um 2012 schmaler gewordene Asiatika-Umsatz speist sich aus der allgemeinen Situation. Laut Trautmann liegt für Nagel der Break-even-Punkt, an dem sich feste Kosten und Umsatz die Waage halten, unter der 10-Millionen-Grenze.

Allein die beiden Asiatika-Auktionen im Sommer und im Dezember erlösten brutto 24 Millionen Euro. Mit moderner und Alter Kunst erzielte das Mehrspartenhaus in Stuttgart weitere 9 Millionen Euro. Die Gewinnschwelle zu überschreiten, war 2021 keine Hürde.

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