Sammlung François Pinault Im Februar sind Museumsbesuche in Venedig erlaubt

Das handkolorierte Foto spielt auf das Motiv der christlichen Pieta an.
Paris Nach der auferlegten Schließung zur Eindämmung des Corona-Virus öffnet die Pinault Collection in Venedig vorsichtig einen ihrer beiden Ausstellungsorte wieder. Bis 26. Februar sind die beiden Foto-Ausstellungen im Palazzo Grassi jeden Donnerstag und Freitag von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt zu „Le grand Jeu“ von Henri Cartier-Bresson und zu „Once Upon a Dream“ von Youssef Nabil ist frei.
Aber auch unabhängig von der Möglichkeit, nach Italien zu reisen, ist ein Blick in die Ankaufs- und Produktionspolitik der Sammlung Pinault aufschlussreich.
Die Farbfotos und Kurzfilme des 48-jährigen Ägypters Youssef Nabil verströmen Pathos und Glamour der 1940er- und 1950er-Jahre. Die meist in zarten Farbtönen gehaltenen Unikate ergänzt er höchst persönlich mit Pinsel und Wasserfarben. Nabils beste Fotoserien waren bereits auf Messen und bei seiner Galeristin Nathalie Obadia zu sehen. Es gelang ihm, für einen Film, der den Kitsch nicht scheut, die mexikanisch-libanesische Schauspielerin Salma Hayek zu engagieren.
Im Zivilleben ist sie zweite Frau von François-Henri Pinault ist, dem Sohn von François Pinault, der die Luxusgruppe Kering erfolgreich managt. Hayek mimt eine traumhaft schöne Bauchtänzerin, die sich schließlich an einen Cowboy schmiegt.
Eine andere Serie konfrontiert uns mit schwarz verschleierten französischen Filmstars wie Catherine Deneuve oder Isabelle Adjani. Der im Exil lebende Fotograf kehrt die lokal herrschende Moral um: Freizügige westlichen Ikonen werden zu schwarzen Madonnen, die Stars aus dem Vorderen Orient aber zeigen den nackten Nabel. Er selbst schreitet wie Jesus Christus ins Meer, in dem er wie im Albtraum versinkt.
Als Kontrapunkt sieht man das vollständige Set von „Le grand jeu“, auch die „Master Collection“ genannt: eine Übersicht von 385 Schwarz-Weiß-Abzügen aus dem langjährigen Schaffen von Henri Cartier-Bresson (1908 – 2004). Der Fotokünstler wählte diese Motive selbst als repräsentativ für seine Karriere aus. Es war die Sammlerin Dominique de Menil, Erbin der Erdölexplorationsfirma Schlumberger, die Cartier-Bresson zu dieser Auswahl überredet und die erste Serie angekauft hatte. Von den sechs existierenden Sets erwarb François Pinault das letzte.
Originell ist die Kuratorenwahl. Fünf Prominente und Freunde suchten ihre Lieblingsfotos aus der „Master Collection“ aus und erstellten ihre eigene Schau. Allen voran der Großsammler François Pinault, der sich mit 84 Jahren erstmals persönlich einbringt. Ferner sind dabei die Lichtbildner Wim Wenders und Annie Leibovitz, der spanische Schriftsteller Javier Cercas sowie Sylvie Aubenas von der mitproduzierenden Französischen Nationalbibliothek (BNF), die die Ausstellung anschließend zeigen wird.
Die BNF verfügt selbst über eine komplette Serie, die „zum Preis für die Abzüge“ erworben werden konnte, gesteht Sylvie Aubenas dem Handelsblatt glücklich über den günstigen Ankauf.
Sentimentaler Einstieg
So unabhängig die Kuratoren vorgingen, gibt es doch Überschneidungen, zum Beispiel bei einer Ansicht der Seine-Insel auf der Höhe der Kathedrale Notre-Dame. Die Arrangements verraten einen mehr oder weniger sentimentalen Einstieg in das Schaffen von Henri Cartier-Bresson, bleiben aber eher traditionell.
Einzig Wim Wenders entschied sich für eine höchst persönliche Sichtweise. Die auserkorenen Schwarz-Weiß-Fotos werden in einem vollständig abgedunkelten Raum stark beleuchtet. Und strahlen.
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