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Zeitgenössische KunstKunstmesse in Wien: Neuerfunden nach heftigen Krisen

Die Viennacontemporary hat wieder ein dauerhaftes Zuhause und zu sich selbst gefunden. Ihr Merkmal - Kunst aus Osteuropa - pflegt sie gekonnt.Stefan Kobel 08.09.2022 - 13:57 Uhr aktualisiert Artikel anhören

Die rumänische Illustratorin und Künstlerin ist mit ihren wie im Traum geschauten Bildern (Ausschnitt) auf der Messe „Viennacontemporary“ zu entdecken. Quelle. Basic Projects

Foto: Handelsblatt

Wien. Das Paradox bekommt der „Viennacontemporary“ (VC) gut: Mit dem Verlust erst des Veranstaltungsortes, dann des Hauptfinanziers ist Schwung in die Wiener Kunstmesse gekommen. Der Verlust der Marxhalle zusammen mit dem Entstehen eines Konkurrenten ebendort hatte der Traditionsveranstaltung vor zwei Jahren einen herben Schlag versetzt.

Die Notausgabe letztes Jahr auf der Baustelle eines ehemaligen Verwaltungsgebäudes war nur ein Lebenszeichen. Mit dem Ukrainekrieg war der in Österreich immer als Russe wahrgenommene Eigentümer Dmitry Aksenov trotz seiner ukrainischen Wurzeln nicht mehr tragbar. Jetzt befindet sich die Messe in einer Non Profit-Struktur mit mehreren lokalen Eignern. Gleichzeitig hat sie im historischen Kursaal Hübner im Stadtpark ein wohl dauerhaftes Zuhause und zu sich selbst gefunden.

Mit dem etwas überdehnten Anspruch, mit den großen Messen der Welt mithalten zu wollen, drohte die VC ihre Identität zu verlieren. Ihr Alleinstellungsmerkmal war schließlich die Vermittlerrolle zwischen der westeuropäischen Kunstszenen mit der Zentral- und Südosteuropas. Mit der erzwungenen Neuerfindung und Verkleinerung ist wieder bei ihren Wurzeln angekommen.

Mit dem slowakischen Kurator Boris Ondreička hat der Veranstalter einen unorthodoxen künstlerischen Direktor gefunden, der sich dem üblichen PR-Sprech seiner Zunft entzieht. Auf die Frage, ob er über das Geschaffte glücklich sei, antwortet der erklärte Zweckpessimist: „Ich werde in fünf Jahren glücklich sein.“ Seine Perspektive habe einfach einen weiteren Horizont.

Immerhin: „Ich glaube, wir haben einen guten Job gemacht. Ich bin Realist.“ Mit den großen Messen könne man nicht einmal in Dialog treten, was Größe und Umsatz angeht. „Wir arbeiten vielmehr an der Schärfung unseres Profils. Wien war immer eine Stadt, wo sich Ost und West treffen. Darauf wollen wir bauen.“

Zeugin für das gute Funktionieren dieser west-östlichen Beziehung wie die stetige Entwicklung des Marktplatzes ist Margit Valko. Ihre 2006 in Budapest gegründete Galerie Kisterem stellt von Anfang an auf Wiener Messe aus — zuerst auf der Vorgängerin „Viennafair“, jetzt hier und auf der Spark im März.

Anfangs habe sie hauptsächlich an auswärtige Sammler verkauft, in den letzten Jahren habe sich das Verhältnis zugunsten Einheimischer gedreht. Das im internationalen Vergleich niedrige Preisniveau hier kommt ihr sogar entgegen. Sie müsse schließlich immer auch den Heimatmarkt ihrer ungarischen Künstler berücksichtigen.

Ukrainische Kunst in Berlin

Volker Diehl ist ein Pionier im germanisch-kyrillischen Dialog. Der Berliner Galerist hatte schon einmal eine Galerie in Moskau und versucht, dort eine Messe zu etablieren. Lange Zeit war er eine der wenigen Anlaufstellen für russische und ukrainische Kunst — eine Unterscheidung, die noch gar nicht so alt ist. An seinem Stand zeigt er zwei Künstler der ukrainischen Gruppe Alliance 22, die er 2016 auf der VC vorgestellt hat. „Damals hat sich niemand für ukrainische Kunst interessiert“, sagt er. Verkauft habe er damals zwei Arbeiten — an Russen. Die Anekdote beschreibt passend, wie vertrackt die Situation ist. Und wie wichtig es ist, die beiden Sphären Europas in Dialog zu bringen.

Drei ukrainische Galerien sind in diesem Jahr dabei, 25 insgesamt stammen aus Ländern des ehemaligen Ostblocks, ungefähr so viele wie aus Österreich selbst. Sieben deutsche Vertreter sind dabei, die einzigen Rheinländer sind Ruttkowski;68 aus Köln und Düsseldorf sowie die Galerie Gisela Clement aus Bonn. Das war auch schon einmal anders. Aktuell herrschen die Länder der ehemaligen Donaumonarchie vor.

Googles Positionsmarker

Zeller van Almsick aus Wien bringt die von Google bekannten Positionsmarker aus Marmor von Kay Walkowiak (6.000 bis 8.000 Euro brutto) mit den klassisch anmutenden Versatzstücken der digitalen Bilderflut auf Leinwand von Minda Andrén (1.800 bis 4.000 Euro brutto) zusammen. „Wir sind eine sehr lokal verankerte Galerie,“ erzählt Cornelis van Almsick, „wir arbeiten hauptsächlich mit Künstlern aus dem hiesigen Kontext.“

Aus diesem Grund nehme die Galerie an möglichst vielen Veranstaltungen in Wien teil, parallel noch an „Curated by„, dem auch international beachteten Galerienfestival mit Gastkuratoren, das gleichzeitig stattfindet und auch weiterhin der terminliche Anker für die VC sein soll. Nicht leisten kann sich Van Almsick, auch noch auf der Satellitenmesse „Parallel“ auszustellen, das wäre logistisch einfach nicht darstellbar.

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Dabei hat auch die Parallel ihren Charme und Tradition. Schon zum zehnten Mal bietet das nomadische Format österreichischen Galerien, Projekträumen, ausgewählten Künstlern und Institutionen wie Kunstakademien eine Plattform. Damit empfehlen sich dem Kunstsammler nicht weniger als drei Veranstaltungen für einen Kurztrip nach Wien. Die Messen enden am Sonntagabend, nur die Curated by läuft noch bis 8. Oktober.

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