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Emerging Markets Warum es zu früh für den Einstieg in Anlagen von Schwellenländern ist

Die US-Bank JPMorgan bleibt zurückhaltend, wenn es um Anlageempfehlungen für Schwellenländer geht. Das Coronavirus bereitet den Experten Sorgen.
10.02.2020 - 16:21 Uhr Kommentieren
Zurzeit größer in Schwellenländern zu investieren, würde viel Mut erfordern. Quelle: dpa
Schwellenmärkte

Zurzeit größer in Schwellenländern zu investieren, würde viel Mut erfordern.

(Foto: dpa)

Frankfurt Wie stark wird sich das Coronavirus ausbreiten? Das ist die Kernfrage, welche die Weltwirtschaft derzeit bewegt – besonders China und von der chinesischen Volkswirtschaft abhängige Schwellenländer. Am Sonntag bestätigte Adam Kurcharski von der London School of Hygiene & Tropical Medicine gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg: „Ausgehend vom derzeitigen Trend erwarten wir immer noch Mitte bis Ende Februar den Höhepunkt der Epidemie.“

Die Zahlen sind erschreckend: Möglicherweise sind allein in der chinesischen Stadt Wuhan, wo die Krankheit ausbrach, mehr als 500.000 Menschen infiziert. Mehr als 40.000 Menschen sind in China als erkrankt gemeldet. Über 900 Todesfälle sind dort registriert – mehr als bei der Sars-Epidemie in den Jahren 2002 und 2003.

US-Ökonom Mohamed El-Erian warnt, dass es möglicherweise nicht zu einer schnellen Erholung in China kommen wird. Zwar hat in China trotz der Seuche nach verlängerten Neujahrsferien das wirtschaftliche Leben wieder begonnen. Aber es bleibt unklar, wie lange Produktionsstätten noch stillliegen und Lieferketten stocken.

JP Morgan geht in einer ausführlichen Studie über die Schwellenmärkte davon aus, dass es im zweiten Quartal zu einer wirtschaftlichen Erholung kommen könnte, wenn sich zeigt, dass der Höhepunkt der Epidemie überschritten ist. Doch sicher sind sie sich nicht: „Das Risiko, die Prognosen für das gesamte Jahr senken zu müssen, ist deutlich gestiegen.“

Selbst wenn eine Erholung ab dem zweiten Quartal einsetzen sollte, überwiegen auch bei diesem Szenario die Sorgen: Das insgesamt schwächelnde Wachstum der Weltwirtschaft und der relativ starke Dollar belasten die Emerging Markets auch im weiteren Jahresverlauf. Wenn die amerikanische Währung relativ hoch bewertet ist, schwächt dies Unternehmen, die sich in Dollar verschuldet haben. Außerdem führt es dazu, dass der Welthandel, der überwiegend in Dollar abgewickelt wird, teurer wird.

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Bei so viel Vorbehalten fallen auch die Ratschläge für Neueinsteiger verhalten aus. Bei den Schwellenländeranleihen empfiehlt JP Morgan, hochverzinsliche Papiere in lokaler Währung überzugewichten. Besonders hervorgehoben werden Indonesien und Malaysia, Russland, Südafrika und Mexiko.

Für Russland und Südafrika rechnen die Experten mit weiteren Zinssenkungen der Notenbanken. Für Mexiko spricht unter anderem, dass es weniger als andere lateinamerikanische Länder von Rohstoff-Exporten nach China abhängig ist. Außerdem ist das neue Handelsabkommen mit den USA ein Pluspunkt. Wer jenseits der üblichen Schwellenländer Interesse an „Frontier Markets“, also noch weniger entwickelten Märkten, hat, dem empfiehlt JP Morgan Ägypten, Pakistan und Serbien.

Das Jahr habe insgesamt mit relativ starkem Zustrom von internationalem Geld in Schwellenländer begonnen, heißt es in der Studie. Das Coronavirus wird den Zufluss bremsen, trotzdem rechnet JP Morgan mit rund 30 Milliarden Dollar Zufluss im Gesamtjahr.

Bei den Aktien spielt Öl eine wichtige Rolle. JP Morgan nennt Brasilien, Russland, Kolumbien, Peru, Südafrika und Mexiko als Länder mit besonders hoher Abhängigkeit der Börsenkurse vom Ölpreis – und damit von den Erwartungen für die Weltkonjunktur.

Seit Jahresanfang hat Öl stark an Wert verloren. Die US-Bank befasst sich nach eigener Aussage intensiver mit dem Risiko, dass die Schwellenländerbörsen in einen Bärenmarkt abrutschen. Das würde einen Rückgang des maßgeblichen Index MSCI Word EM auf 940 Punkte bedeuten. Das Basisszenario wäre dagegen ein Anstieg auf 1200 Punkte. Binnen Jahresfrist hat der Index zwischen 961 und 1147 Punkten geschwankt.

Reformen notwendig

Verhalten fällt auch das Urteil von Aviva Investors über die Aussichten für die Schwellenländer aus. Die Experten Carmen Altenkirch und Dariusz Kedziora schreiben: „Aufgrund der sich abkühlenden Weltwirtschaft stehen die Schwellenländer vor wachsenden Herausforderungen. Infolgedessen werden Strukturreformen immer wichtiger, um Kapital anzuziehen und das Wirtschaftswachstum zu unterstützen.“ Zugleich warnen sie: „Es dauert möglicherweise länger als erwartet, bis Strukturreformen ihre Wirkung zeigen.“

Nach ihrer Auffassung hängt der Erfolg von einer breiten Unterstützung der jeweiligen Politiker und der Bevölkerung ab. Als positives Beispiel nennen sie Brasilien, wo der neue, politisch durchaus umstrittene Präsident Jair Bolsonaro seine Reformen im Oktober umsetzen konnte.

Lob für Brasilien gibt es auch von M&G Investments, weil sich das Land immer weniger über Auslandskredite finanziert. Auch Polen fällt den Experten positiv auf, trotz der Spannungen des Landes mit der Europäischen Union: „Der zentrale politische Kurs war konsequent und fand Unterstützung in der Öffentlichkeit.“

Andere Investmenthäuser betonen vor allem die niedrige Bewertung der Schwellenländer. Starcapital verwendet dazu die Kennziffer Shiller-CAPE: Der aktuelle Marktpreis im Verhältnis zu den durchschnittlichen inflationsbereinigten Gewinnen der vorausgehenden zehn Jahre.

Demnach liegen die Schwellenländer bei einem Wert von 15,8, Deutschland bei 18,9 und die USA bei 31,1. Besonders günstig sind Russland (7,8), die Türkei (8,5) und Tschechien (10,2). Bei der Dividendenrendite führt Russland mit 6,6 Prozent vor Tschechien mit 5,8 Prozent. Man darf diese Kennzahlen nicht überwerten: US-Aktien sind zum Beispiel meist „teurer“ als andere Märkte. In den Bewertungen spiegeln sich Chancen und Risiken wider, wobei Letztere bei Schwellenländern in der Regel deutlich höher sind, als bei entwickelten Ländern.

Niedrig bewertet

Die Investmentgesellschaft Keppler hat eine Unterbewertung der Schwellenländer im Aktienbereich von 24 Prozent gegenüber dem weltweiten Index MSCI World errechnet. Als Kaufkandidaten gelten Brasilien, Chile, China, Kolumbien, Tschechien, Korea, Malaysia, Mexico, Polen, Russland, Taiwan und die Türkei, als Verkaufskandidaten Indien, Indonesien, die Philippinen und Süd-Afrika.

Keppler wie auch Starcapital haben sich auf den Value-Ansatz spezialisiert, der darauf beruht, zu niedrig bewertete Vermögenswerte aufzufinden. In den letzten Jahren war damit angesichts stark steigender Kurse relativ wenig Geld zu verdienen.

Zurzeit größer in den Schwellenländern einzusteigen, würde viel Mut erfordern. Oder es wäre Ausdruck einer sogenannten Contrarian-Strategie: Das ist der Versuch, immer gegen den Strom zu schwimmen und damit langfristig bessere Ein- und Ausstiegskurse zu erwischen als der breite Markt.

Mehr: Worauf es bei Schwellenländer-Aktien ankommt, lesen Sie hier.

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