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Handelsblatt-Serie: Alternativen zum Kredit Finanzinvestoren sollten mehr als nur Kapital mitbringen

Private-Equity-Fonds suchen nach Beteiligungen im Mittelstand und bei Familienunternehmen. Den richtigen Partner zu finden ist nicht leicht.
05.04.2021 - 10:35 Uhr Kommentieren
Viele Private-Equity-Fonds bevorzugen zwar die vollständige Übernahme von Firmen, angesichts des Anlagedrucks kommt es aber auch vermehrt zu Minderheitsbeteiligungen. Quelle: Reuters
Skyline von Frankfurt

Viele Private-Equity-Fonds bevorzugen zwar die vollständige Übernahme von Firmen, angesichts des Anlagedrucks kommt es aber auch vermehrt zu Minderheitsbeteiligungen.

(Foto: Reuters)

Frankfurt Der Einstieg von EQT beim Prothesenhersteller Ottobock gilt immer noch als Musterbeispiel für das Zusammenkommen eines Finanzinvestors mit einem Unternehmer. Vor rund vier Jahren investierte das Private-Equity-Haus in die Firma, und es entwickelte sich eine Win-win-Situation. „Wir hatten 2017 mehrere Optionen. Uns als Familie ging es aber schlussendlich um zwei wesentliche Punkte: Vertrauen und gemeinsame Werte, das war entscheidend. EQTs Ansatz und Expertise waren zudem äußerst komplementär. Die Folge: Ottobock entwickelt sich dynamisch und übertrifft die gemeinsamen Erwartungen“, sagt Firmenchef Hans Georg Näder heute.

Aus Sicht von EQT gibt es einige Voraussetzungen für ein Engagement, bei Ottobock waren die meisten Kriterien erfüllt. „Wir erwarten, dass das Zielunternehmen auf professionelle Berater zugreifen kann. Das gilt für strategische, steuerliche und rechtliche Themen“, erklärt EQT-Partner Marcus Brennecke. Wichtig sei für den Finanzinvestor Zahlentransparenz.

Idealerweise gelte das nicht nur für die Bilanzen der zurückliegenden Jahre, sondern auch für die Vorausschau auf die kommenden drei Jahre. Und die Projektionen sollten realistisch sein. „Wer jahrelang keine schwarzen Zahlen geschrieben hat, wirkt unglaubwürdig, wenn er auf einmal Gewinne erwartet“, sagt Brennecke.

Ein Finanzinvestor sollte sich nicht nur auf die Kostensenkungen konzentrieren. Er sollte einen Plan haben für Zuwächse beim Umsatz, Ergebnis und den Investitionen. Das Wachstum könne organisch oder über Zukäufe erfolgen.

Bei Ottobock baute der schwedische Investor das Management um, außerdem brachte es Pluspunkte, dass EQT mit BSN Medical, WSA Audiology und Sirona schon Erfahrungen im Medtech-Bereich hatte. Der Beteiligungsmanager macht aber auch klar, dass Zahlen allein nicht entscheidend sind für den Erfolg eines Investments.

Man verstehe sich nicht nur als Kapitalgeber, sondern als Coach und Sparringspartner. „Wir sind kein billiges Geld und auch kein stiller Partner. Drei Dinge sind wichtig im Verhältnis zwischen Finanzinvestor und Unternehmer: Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen“, ergänzt Brennecke.

Viele Private-Equity-Fonds bevorzugen die vollständige Übernahme

Die Beteiligungsmanager haben sich als feste Größe etabliert, wenn es um frisches Kapital für die Unternehmen in Deutschland geht. Zwar bevorzugen viele Private-Equity-Fonds die vollständige Übernahme von Firmen, angesichts des Anlagedrucks kommt es aber auch vermehrt zu Minderheitsbeteiligungen. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen werden durch Beteiligungskapital unterstützt.

Laut dem Branchenverband BVK beschäftigten 93 Prozent der im Jahresverlauf 2020 finanzierten Unternehmen weniger als 500 Mitarbeiter, zwei Drittel der Unternehmen setzten weniger als zehn Millionen Euro um. Ende 2020 waren die Private-Equity-Gesellschaften an 6800 Unternehmen beteiligt.

Anlässe für die Hereinnahme von Kapital gibt es viele – sie reichen von Nachfolgeregelungen über Wachstumskapital bis zu beabsichtigten Übernahmen. Mittlerweile gibt es rund 200 Beteiligungshäuser, die in Deutschland aktiv sind, und genau in dieser Vielfalt liegt auch das Problem. Die wichtigste Frage für einen Unternehmer lautet nämlich: Wie finde ich den richtigen Finanzinvestor?

Professor Reiner Braun von der TU München sieht vor allem zwei Kriterien, die bei der Auswahl helfen können: Erstens: „Bietet der Investor spezifisches Know-how für die jeweilige unternehmerische Herausforderung? Das heißt, bietet mir das Private-Equity-Haus bzw. dessen Netzwerk eine echte Unterstützung beim Management des Unternehmens, zum Beispiel bei strategischen Themen wie Internationalisierungsbemühungen.“

Zweitens sollte jeder Unternehmer, wenn möglich, seine eigene Due Diligence – also wirtschaftliche Detailprüfung - machen. „Besonders wertvoll sollten Gespräche mit Unternehmern sein, die eigene Erfahrungen mit dem Haus gesammelt haben: War das Haus ein nachhaltig verlässlicher Partner? Insbesondere auch dann, wenn mal etwas nicht optimal gelaufen ist?“, erklärt der Wissenschaftler.

Ökologie und Soziales werden wichtiger

Aus Sicht der Unternehmer genügt es heute nicht mehr, wenn ein Investor nur das nötige Kapital zum Beispiel für die Wachstumsfinanzierung mitbringt. „Heute werden drei Dinge erwartet: nachgewiesene Industriekenntnisse, ein starker Track Record in der erfolgreichen Umsetzung genau der jeweils relevanten Wachstumshebel sowie eine dauerhaft enge und kollegiale Zusammenarbeit mit dem Management“, sagt Astrid Latzel, Partner & Managing Director im Private-Equity-Team der Beratungsgesellschaft Kearney.

Die Fähigkeit, gemeinsam mit dem Management im Portfoliounternehmen nachhaltig positive ökonomische Veränderungen zu bewirken – im Fachjargon als „operational value creation“ beschrieben – sei essenziell, sagt Kearney-Manager Tobias Hartz. Immer wichtiger würden auch ESG-Kriterien für Ökologie und Soziales. „Kann der Investor auf Basis seiner Erfahrung beispielsweise bei der Reduktion des CO2-Ausstoßes helfen, ist dies ein Pluspunkt“, so Hartz.

Während Ottobock ein Beispiel für den gehobenen Mittelstand ist, gibt es auch im Bereich zweistelliger Millionenumsätze viele Angebote von Beteiligungsunternehmen. Ein Beispiel ist der Finanzinvestor Argos Wityu und sein Portfoliounternehmen LoQu, eine der führenden Optikerketten in Deutschland mit den Marken Optikhaus, aktivoptik und Smykker.

Das Handelsblatt stellt in einer Serie die wachsende Zahl an Alternativen zum klassischen Darlehen vor – passend zu den jeweiligen Bedürfnissen der Unternehmen.
Alternativen zum Kredit

Das Handelsblatt stellt in einer Serie die wachsende Zahl an Alternativen zum klassischen Darlehen vor – passend zu den jeweiligen Bedürfnissen der Unternehmen.

2018 erwarb Argos Wityu die Mehrheit an aktivoptik im Rahmen einer Nachfolgelösung, die Expertise von Gründer und Geschäftsführer Rolf Schneider blieb über eine Minderheitsrückbeteiligung erhalten. Im Zuge der Neuausrichtung wurde die Holding LoQu gegründet, neben organischem Wachstum wurden lokale „Platzhirsche“ integriert.

„Die Coronakrise hat die Konsolidierung in der Optikerbranche beschleunigt. Teilweise sind die Inhaber heute zwischen 50 und 60 Jahre alt und suchen eine Verkaufsmöglichkeit“, sagt Frank Hermann, Managing Partner von Argos Wityu. In der Regel hätten die Optiker in Deutschland eine bis fünf Filialen. Man führe mit rund einem Dutzend Optikern derzeit Gespräche, um an der Konsolidierung mitzuwirken.

Tammo Bruns, Geschäftsführer von LoQu, ist vor allem zufrieden, dass die Verschuldung im Rahmen blieb. Beim Engagement von Argos Wityu habe das relativ geringe Niveau an Fremdkapital geholfen, um erfolgreich durch diese schwierigen Covid-19- Zeiten zu manövrieren. „Die Höhe der Verschuldung hängt auch vom Geschäftsmodell ab.

Bei stetigen Einnahmen einer Softwarefirma kann das Siebenfache des operativen Gewinns (Ebitda) angesetzt werden, bei einem zyklischen Geschäft ist eine zu hohe Verschuldung dagegen brandgefährlich“, weiß Brennecke von EQT.

Finanzinvestoren sind in der Regel nur Unternehmer auf Zeit, das heißt, nach durchschnittlich fünf Jahren kommt der Exit. Am besten legen Unternehmer und Finanzinvestor schon beim Einstieg fest, welche Optionen infrage kommen. Neben dem Verkauf an einen Finanzinvestor ist auch ein Börsengang möglich oder die Veräußerung an einen Wettbewerber. Letzteres kann aber dann zum Abbau von Arbeitsplätzen führen.

Mehr: Deshalb sind Anleihen für große Mittelständler so attraktiv.

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