Lieferkettenfinanzierer Greensill Capital beantragt Insolvenz in Großbritannien
Düsseldorf, Frankfurt, London Die schwer angeschlagene Finanzgruppe Greensill Capital hat am Montag auch in Großbritannien Insolvenz beantragt. Die Firma sei „in ernsthafter finanzieller Not“, erklärten die Anwälte von Greensill laut „Financial Times“ vor Gericht.
Vergangene Woche hatte der Lieferkettenfinanzierer bereits in Australien Gläubigerschutz gesucht. Auch hatte die deutsche Bankenaufsicht Bafin alle Ein- und Auszahlungen bei der deutschen Tochter, der Bremer Greensill Bank, gestoppt.
Die Insolvenz soll den Weg zum Verkauf von Teilen des Geschäfts an den Finanzinvestor Apollo ebnen. Die Gespräche dauern an. Die Greensill-Holding ist in Australien registriert, die Zentrale von Greensill Capital liegt in London. Weltweit hat das Fintech mehr als tausend Mitarbeiter.
Die Finanzfirma war in der Lieferkettenfinanzierung tätig: Sie streckte ihren Kunden Barmittel vor und bezahlte deren Rechnungen an Lieferanten sofort mit einem Discount. Später forderte Greensill dann den vollen Rechnungsbetrag vom Kunden zurück. Die relativ kurzfristigen Forderungen an ihre Kunden verpackte sie in Wertpapiere, die sie wiederum Investoren anbot.
Ausgelöst wurde die Krise vor einer Woche, als der Versicherungsschutz für den Großteil des Greensill-Geschäfts auslief. Der Supreme Court in Sydney hatte die Kündigung der Versicherungspolice durch den Versicherer Tokio Marine am Montag bestätigt.
Daraufhin hatte die Schweizer Großbank Credit Suisse vier Fonds mit einem Anlagekapital von zehn Milliarden Dollar eingefroren, mit denen Greensill das laufende Geschäft finanziert. Zudem forderte das Geldhaus laut „FT“ die Rückzahlung eines Kredits von 140 Millionen Dollar. Dies habe Greensill nicht leisten können.
Zahlreiche Kunden betroffen
Von einer Insolvenz wären auch zahlreiche Kunden betroffen, hatten Greensills Anwälte bereits vergangene Woche in dem Prozess in Sydney gewarnt. Größter Kunde war der Werkstoffkonzern GFG Alliance von Sanjeev Gupta, der nun nach neuer Finanzierung sucht. Nach Angaben aus Finanzkreisen soll das Volumen bei deutlich über vier Milliarden US-Dollar liegen.
In einer ersten Stellungnahme wies GFG Alliance Sorgen über eine drohende Zahlungsunfähigkeit zurück. Die Nachfrage nach den Hauptprodukten Aluminium und Stahl sei weltweit sehr gut, was eine Refinanzierung leichter machen werde, sagte ein Sprecher. Ziel sei es, die Kredite wie andere Industriefirmen langfristig abzuschließen. Dazu gebe es verschiedene Optionen, eine Lösung indes nicht. Mit dem Insolvenzantrag von Greensill steigt der Druck, schnell eine Lösung zu finden.
Bei Greensill legten unterdessen drei weitere Verwaltungsratsmitglieder ihr Amt nieder, wie der Finanzdienst Bloomberg berichtete. Darunter waren der Vorsitzende Maurice Thompson sowie der ehemalige Morgan-Stanley-Banker David Brierwood und Patrick Allin. Damit steigt die Zahl der zurückgetretenen Board-Mitglieder auf sieben, inklusive des Bruders von Firmengründer Lex Greensill.
Laut Firmenunterlagen waren Thompson, Brierwood und Allin bereits am 3. Februar zurückgetreten, aber die entsprechenden Dokumente wurden erst am Freitag bei der australischen Aufsicht eingereicht.
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