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Zahlungsdienstleister Österreich-Geschäft von Wirecard steht vor dem Verkauf

Die Verwertung der Landesgesellschaften des insolventen Zahlungsdienstleisters schreitet voran. Eine Frankfurter Gesellschaft kauft die Tochter in Graz.
22.09.2020 - 12:41 Uhr Kommentieren
Wie kann man künftig vorgehen, um derartige Bilanzskandale zu verhindern? Die Bundesregierung zieht erste Schlussfolgerungen. Quelle: AFP
Zentrale von Wirecard

Wie kann man künftig vorgehen, um derartige Bilanzskandale zu verhindern? Die Bundesregierung zieht erste Schlussfolgerungen.

(Foto: AFP)

Frankfurt Die Pleite des Zahlungsdienstleisters Wirecard wird die deutsche Politik noch lange beschäftigen. Doch während sich in Berlin der kommende Untersuchungsausschuss abzeichnet, bangen die verbliebenen Mitarbeiter des Skandalkonzerns um ihre Jobs. Ende dieser Woche könnten sie endlich Gewissheit haben.

Die Insolvenzverwalter des Zahlungsdienstleisters stehen vor der Aufgabe, möglichst viel für die Gläubiger herauszuholen. Die österreichische Insolvenzverwalterin Ulla Reisch aus Wien kann nun einen wichtigen Erfolg verbuchen: Wie das Handelsblatt aus Finanzkreisen erfahren hat, steht die Österreich-Tochter des Konzerns kurz vor dem Verkauf. 

Käufer ist demnach die Frankfurter Private-Equity-Gesellschaft Aurin, der Preis liegt bei knapp vier Millionen Euro. Zustimmen muss am Dienstag noch das Insolvenzgericht. Wirecard, Aurin, Reisch und der deutsche Insolvenzverwalter Michael Jaffé wollten sich auf Anfrage zunächst nicht zum Verkauf äußern.

Die Österreich-Tochter, die unter dem Namen Wirecard Central Eastern Europe firmiert, ist ein sogenannter Payment-Service-Provider, wickelt also Zahlungen für unterschiedliche Kunden ab. Angebunden sind etwa die österreichische Lotterie sowie die Staatsbahn ÖBB.

Ein Wirecard-Manager beschreibt das Geschäft als „sehr gesund“. Tatsächlich zeigen Monatsreports, die das Handelsblatt auswerten konnte, dass die ÖBB vor der Insolvenz zu den größten Wirecard-Kunden zählte. 

Auch beim Unternehmen in Graz wurden im Zuge der Insolvenz viele Mitarbeiter abgebaut. Angeblich wurden über 100 Kollegen entlassen, um die 25 sollen noch für das Unternehmen arbeiten.

Die Aurin Investment Group in Frankfurt ist ein auf Deutschland, Österreich und die Schweiz spezialisiertes Private-Equity-Haus mit dem Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen. „Wir stellen Mittel zur Verfügung, wenn traditionelle Geldgeber zögern“, heißt es in der Selbstdarstellung.

Verkauf des Kerngeschäfts bis Freitag

Laut Finanzkreisen schreitet unterdessen auch der Verkauf des deutschen Kerngeschäfts voran. In den letzten Tagen hat auch der dritte interessierte Bieter, der Informationstechnikanbieter SIA aus Italien, ein Gebot eingereicht.

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Bereits ein Angebot abgegeben haben die spanische Großbank Santander und der britische Telekommunikationskonzern Lycamobile. SIA betreibt auch Zahlungssysteme, Lycamobile bietet Prepaid-Kreditkarten an.

Die abgegebenen Angebote sollen preislich recht nah beieinanderliegen, Jaffé will jedoch noch einen höheren Verkaufspreis erzielen. Mehrere Hundert Millionen Euro sollen als Gebote bereits auf dem Tisch liegen.

Jaffé bevorzugt bisher offenbar Santander, vor allem aufgrund des internationalen Renommees und der stabilen Aufstellung der Großbank.

Unter den verbliebenen Mitarbeitern in Aschheim ist Santander jedoch nicht unbedingt Favorit: Viele fürchten, dass Santander aufgrund der eigenen Banklizenz vielen Kollegen der Wirecard Bank kündigen könnte, andere müssten an den deutschen Sitz von Santander nach Mönchengladbach umziehen.

Bis Freitag soll der Verkauf des Kerngeschäfts nach Handelsblatt-Informationen entschieden sein.

Bei der Verwertung drängt die Zeit

Andere zunächst diskutierte Namen wie der europäische Zahlungsabwickler Nets aus Dänemark und Worldline aus Frankreich sowie die Hedgefonds Apollo und KKR sind schon vor einer Weile abgesprungen. Auch die Deutsche Bank, die nach der Wirecard-Pleite öffentlich ihre Unterstützung für den Konzern erklärt hatte, ist ausgestiegenallerdings nicht, ohne eine zweistellige Anzahl an hochrangigen Managern von Wirecard abzuwerben.

Beim Verkauf geht es nun um den zentralen Teil: die Wirecard Bank mitsamt dem Kreditkartenausgabe- und -akzeptanzgeschäft. Potenzielle Käufer versprechen sich einen Zugriff auf die europäischen Kunden Wirecards, darunter zahlreiche Einzelhändler und Fintechs.

Zugleich gilt das Wirecard-Herz aber auch als schwieriges Asset: Es war zwar offenbar nicht verantwortlich für den mutmaßlichen Milliardenbetrug in Asien, aber doch eng verflochten mit allen Bereichen des Konzerns.

Bei der Verwertung drängt die Zeit. Die Wirecard Bank steht zwar unter Kuratel der Finanzaufsicht Bafin und gilt als ausreichend kapitalisiert. Aber die Situation des insolventen Konzerns wird am Markt immer schwieriger.

Täglich wandern verunsicherte Kunden und gute Mitarbeiter ab. Den Verbliebenen fällt es – insbesondere nach den jüngsten Kündigungsrunden Jaffés – immer schwerer, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. In Aschheim wächst daher der Unmut über die schleppenden Verhandlungen.

3,2 Milliarden Euro an Schulden

Jaffé steht vor der Herausforderung, möglichst viel für die Gläubiger des Konzerns herauszuholen, auf dem 3,2 Milliarden Euro an Schulden lasten. Kaufangebote über einen symbolischen Preis von einem Euro hat er abgelehnt; intern gilt als Ziel, mindestens 100 Millionen Euro für zentrale Bereiche herauszuschlagen. Auch kurzfristig angebotene Ad-hoc-Übernahmen durch Wettbewerber musste Jaffé im Interesse eines geordneten Verkaufsprozesses ausschlagen.

Insolvenzverwalter Jaffé hatte zuletzt bereits einzelne Teile des Konzerns losgeschlagen, darunter die brasilianische Landesgesellschaft und das Callcenter in Leipzig. Für andere, nicht unter Betrugsverdacht stehende Landesgesellschaften, etwa das US-Geschäft, laufen die Verkaufsgespräche schleppend.

Wirecard hatte im Juni dieses Jahres das Fehlen von Konzernvermögen über 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die Münchener Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Wirecard-Vorstand mindestens seit 2015 Scheingewinne auswies. Die Erlöse aus dem Verkauf der Konzernteile sollen den Gläubigern zugutekommen.

Mehr: Deutsche Bank steigt aus dem Rennen um Wirecard Bank aus

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