Zahlungsverkehr Banken planen Milliardeninvestition in neues Bezahlverfahren

Da immer mehr Menschen online einkaufen und mit Karten bezahlen, ist es für die Banken wichtig, im Zahlungsverkehr nicht den Anschluss zu verlieren.
Frankfurt Europas Banken wollen in zwei Jahren ein einheitliches Bezahlverfahren anbieten. 15 europäische Großbanken sowie die deutschen Sparkassen wollen dafür eine gemeinsame Firma gründen, wie sie am Donnerstag mitteilten.
Für das Projekt sind gewaltige Investitionen nötig. Auf Sicht von mehreren Jahren kalkulieren die europäischen Banken nach Handelsblatt-Informationen mit einer Summe von weit über einer Milliarde Euro. Allein die deutschen Banken rechnen mit Kosten von mehr als 500 Millionen Euro, unter anderem für die Gründung des geplanten Gemeinschaftsunternehmens. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) als Vertretung der deutschen Geldhäuser wollte sich dazu nicht äußern.
Ziel des Projekts namens European Payment Initiative (Epi) ist es, eine europaweite Zahlungslösung zu schaffen – sowohl beim Bezahlen an der Ladenkasse als auch bei Onlinezahlungen. Beinhalten soll sie unter anderem auch eine in ganz Europa einsetzbare Bezahlkarte.
Ein eigenes Zahlungssystem würde die europäische Kreditwirtschaft unabhängiger von US-Unternehmen wie den Kreditkartenfirmen Mastercard und Visa machen, über die laut der Bundesbank mehr als zwei Drittel der europäischen Kartentransaktionen laufen. Auf ihrer Technik basieren in einigen europäischen Ländern auch die nationalen Systeme für Kartenzahlungen.
Hinzu kommt, dass die Geldhäuser zunehmend Konkurrenz durch Tech-Konzerne bekommen. Apple und Google bieten ihre Bezahldienste, Apple Pay und Google Pay, seit einiger Zeit auch in Europa an. Angesichts von zunehmenden Kartenzahlungen sowie immer mehr Onlineshopping ist es für die Kreditinstitute wichtig, die wachsenden Einnahmen aus dem Zahlungsverkehr nicht an die neue Konkurrenz zu verlieren.
Portugal, Italien und Österreich vorerst raus
Aus Deutschland sind an Epi neben dem DSGV noch die Deutsche Bank, die Commerzbank sowie die DZ Bank beteiligt. Daneben gehören der Initiative unter anderem BNP Paribas, ING und Santander an.
Laut Epi sind an der Initiative Banken aus fünf Ländern beteiligt: Belgien, Frankreich, Deutschland, Spanien und den Niederlanden. Ein Institut aus Österreich will dagegen fürs Erste nicht mehr mitmachen. Das Gleiche gilt für Geldhäuser aus Portugal und Italien, die angesichts der Coronakrise aktuell andere Prioritäten setzen wollen. Die italienische Unicredit ist über ihre deutsche Tochter Hypo-Vereinsbank jedoch mit von der Partie.
Beteiligten zufolge gibt es den Wunsch, dass die derzeit pausierenden Institute zu einem späteren Zeitpunkt wieder in das Projekt einsteigen. Sie müssten dann allerdings vermutlich Ausgleichszahlungen an die anderen Institute bezahlen. Auch andere Banken und Zahlungsdienstleister könnten sich bis Ende des Jahres noch anschließen, erklärten die Epi-Teilnehmer.
Die EZB unterstützt die Initiative der Banken ausdrücklich. In zehn europäischen Ländern gebe es noch nationale Kartensysteme, die Zahlungen aus anderen EU-Ländern nicht akzeptierten, erklärte die EZB. Zudem würden Innovationen oft nur auf nationaler Ebene vorangetrieben.
„Die European Payment Initiative soll die Fragmentierung im europäischen Zahlungsverkehr beseitigen und alle Euro-Zonen-Länder umfassen, am Ende die gesamte Europäische Union“, sagte EZB- Direktoriumsmitglied Fabio Panetta. Dadurch würden auch europäische Anbieter im Zahlungsverkehr gestärkt.
Deutsches Angebot soll in europäischer Lösung aufgehen
Die deutschen Banken arbeiten derzeit in dem Projekt #DK an einer Bündelung ihrer Zahlungsangebote. Das Angebot wird so aufgebaut, dass es später in einer europäischen Lösung aufgehen kann. Die in #DK entwickelten Ansätze zahlten „voll auf die Epi-Zielsetzungen ein“, erklärte die Deutsche Kreditwirtschaft, die allgemeine Interessenvertretung der deutschen Bankenverbände.
Bei #DK geht es um die Zusammenführung der beiden Onlinebezahlverfahren Paydirekt und Giropay. Auch die Girocard, besser bekannt unter ihrem alten Namen „EC-Karte“, und Handy-zu-Handy-Zahlungen sollen angebunden werden.
Laut einem Insider ist die „politische Grundsatzentscheidung“ auch für eine gesellschaftsrechtliche Fusion von Paydirekt und Giropay gefallen. Die Umsetzung mit vielen Beteiligten sei jedoch nicht trivial, „schließlich müssen in vielen verschiedenen Gremien Beschlüsse herbeigeführt werden“, sagte er.
„Wir wollen ein Unternehmen gründen, in dem alle Zahlungsdienstleistungsangebote gebündelt werden“, sagte der Insider. „Das Konzept ist klar, die einzelnen Schritte sind klar. Jetzt steht eine Vielzahl von Umsetzungsentscheidungen an, die zum Teil aufeinander abgestimmt werden müssen.“
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