Dax aktuell Dax schließt knapp unter Höchstmarke – Privatanleger schauen bei der Rekordjagd unbeteiligt zu
Düsseldorf Am deutschen Aktienmarkt ging die Rekordjagd am Donnerstag unvermindert weiter. Mit 14.595 Punkten hat der Dax den vierten Tag in Folge ein Rekordhoch erreicht. Am Nachmittag gab das Börsenbarometer aber wieder leicht nach und schloss 0,3 Prozent im Plus bei 14.580 Punkten. Dabei hatten auch positive Signale von der Wall Street den Kurs gestützt.
Der vorherige Höchststand lag bei 14.560 Zählern und wurde am gestrigen Mittwoch erreicht. Den Handel beendet hatte die Frankfurter Benchmark schließlich 0,7 Prozent fester bei 14.540 Punkten.
Es war die heutige Ankündigung der EZB-Notenbanker, das Tempo bei den Anleihekäufen zu erhöhen, die die Kurse am Aktienmarkt zusätzlich beflügelte. Die EZB hat erklärt, sie erwarte, „dass die Käufe im Rahmen des PEPP-Programms im nächsten Quartal deutlich schneller als in den ersten Monaten dieses Jahres getätigt werden.“ Damit reagiert die Zentralbank auf den Renditeanstieg am Anleihemarkt.
Parallel zu der Ankündigung rutschten die Renditen der Bundesanleihen deutlich ab. Die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen fiel innerhalb von 15 Minuten von minus 0,325 Prozent auf minus 0,356 Prozent.
Mittlerweile hat sich Lage am Markt wieder beruhigt. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe hat mit minus 0,337 Prozent einen großen Teil der Kursverluste wieder aufgeholt.
Die erste Anlegerumfrage seit dem Rekordhoch Anfang dieser Woche bestätigt, was der fulminante Kurssprung am vergangenen Montag ohne fundamentale Neuigkeiten erahnen ließ: Die Kurse dürften in den kommenden Tagen nicht wieder deutlich abrutschen. Am Markt herrscht keine Euphorie, keine Stimmung, die ein Ende der Rally in den kommenden Handelstagen signalisiert.
Im Gegenteil: Trotz neuer Rekordstände liegt der Sentimentindex der Börse Frankfurt, bei dem mittelfristig agierende Profis und Privatanleger befragt werden, im Vergleich zu den Vormonaten sogar etwas niedriger, es ist also noch genug Kaufbereitschaft vorhanden.
Solche Phasen mit neuen Dax-Rekordständen sind immer eine Einladung zu Gewinnmitnahmen. Doch davon haben nur wenige Investoren Gebrauch gemacht. Vermutlich nur zehn Prozent der Profianleger haben in die Aufwärtsbewegung hinein verkauft.
Und die Stimmung der Privatanleger hat sich seit dem vergangenen Mittwoch überhaupt nicht verändert. Sie haben offenbar weder am vergangenen Freitag gekauft, als der Dax auf 13.868 Punkte abrutschte, noch haben sie seit dem Beginn der Rekordjagd zum Wochenstart verkauft. Sie schauen bei dieser Rally unbeteiligt zu.
Verhaltensökonom Joachim Goldberg zieht nach Auswertung der gesamten Umfragedaten folgende Schlüsse: Aufgrund der fehlenden Gewinnmitnahmen dürften die Long-Positionen der Anleger eher klein sein. Er sieht potenzielle Nachfrage jetzt bei einem Punktestand bei knapp unter 14.000 Zählern und „damit ausreichend Luft nach oben“.
Eine Frage bleibt offen: Wer hat gekauft? Denn am Montag und Dienstag wurden mehr als 100 Millionen Dax-Papiere gehandelt, Werte, die deutlich über dem durchschnittlichen Handelsvolumen liegen. Goldberg vermutet, dass langfristig orientierte Investoren mit ihrem Kapital für die Zugewinne verantwortlich gewesen sein müssen. Die von der Börse Frankfurt befragten Investoren waren es offenbar nicht.
Dax übertrifft die kleineren Indizes
Seit Jahresanfang hat sich ein Trend am deutschen Aktienmarkt des vergangenen Jahres komplett gedreht. Noch 2020 waren es der Nebenwerteindex MDax und das Börsenbarometer für kleine Titel, der SDax, die ein Rekordhoch nach dem anderen erklommen hatten, während der große Bruder Dax eher seitwärts tendierte.
Doch seit Jahresanfang legt der deutsche Leitindex eine wesentlich bessere Performance als die beiden anderen Benchmarks hin, die noch deutlich unterhalb ihrer Rekordhochs liegen. Das ist eine Auswirkung des Paradigmenwechsels an der Börse: Verkauf von Corona-Gewinnern, hin zu zyklischen Industriewerten. Davon konnte bislang der Dax mit seinen vielen zyklischen Aktien wie Automobiltiteln profitieren, der MDax und SDax mit seinen Corona-Gewinnern hingegen nicht.
So haben beispielsweise seit Jahresanfang die Aktien von Varta, Evotec und Hellofresh zwischen fünf und zehn Prozent nachgegeben, während VW und Daimler in diesem Zeitraum jeweils mehr als 25 Prozent nach oben kletterten.
Am heutigen Handelstag sind wieder die Corona-Gewinner gefragt. Chiphersteller Infineon liegt mit einem Plus von mehr als drei Prozent im Dax mit vorn, im MDax sind es Hellofresh und Aixtron, die ebenfalls jeweils mehr als drei Prozent nach oben klettern. Und im SDax sind es der Onlineverkäufer Home 24 und der Biokraftstoff-Hersteller Verbio, die mit ihren deutlichen Kursgewinnen den Kleinwerte-Index um ein Prozent nach oben treiben.
Blick auf die Einzelwerte
Hannover Rück: Ermutigende Geschäftszahlen und die Aussicht auf eine höhere Basisdividende ermuntern Anleger zum Einstieg. Die Aktien des Rückversicherers steigen um 0,2 Prozent. Das Unternehmen übertraf seinen Angaben zufolge mit einem Reingewinn von 883 Millionen Euro das eigene Ziel für 2020. Daher solle die Basisdividende auf 4,50 Euro je Aktie steigen. Dafür werde aber die Sonderdividende gestrichen.
Hugo Boss: Die Corona-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen und Filialschließungen hat dem schwäbischen Modekonzern 2020 Verluste eingebrockt. Die Aktionäre sollen daher nur die Mindestdividende von vier Cent je Aktie erhalten. Die Auswirkungen von Covid-19 belasten Boss auch aktuell. Erst im Jahresverlauf rechnet der Vorstand mit einer Erholung. Er peilt 2021 eine deutliche Umsatz- und Ergebnisverbesserung an. Eine genaue Prognose wagte er nicht. Die Aktie rutscht um vier Prozent ab.
Nordex: Ein Auftrag einer französischen RWE-Tochter hievt Nordex an die Spitze des SDax. Die Aktien des Windkraftanlagen-Herstellers steigen um rund fast sieben Prozent. Das Unternehmen soll den Angaben zufolge Turbinen mit einer Leistung von 33 Gigawatt liefern.
Was die Dax-Charttechnik sagt
Mit den neuen Rekordhochs in dieser Handelswoche sind aus technischer Sicht die Leitplanken für die kommenden Börsentage neu gesetzt. Das erste obere Kursziel in Form von 14.500 Zählern wurde in Rekordtempo bereits am gestrigen Mittwoch überschritten.
„Da auch der Faktor Saisonalität noch bis Ende April ,grünes Licht‘ signalisiert, rückt das Kursziel aus dem Jahresausblick von ‚15.000 Punkten plus‘ mehr und mehr auf die Agenda“, schreiben die Analysten der Bank HSBC in ihrem Morgenkommentar. Das sieht der technische Analyst Martin Utschneider von der Bank Donner & Reuschel ähnlich: „Auch das heutige neue Rekordhoch dürfte nur eine ,Durchgangsstation‘ Richtung 14.981/15.000 Punkte sein.“
Damit ist der Dax auf dem besten Weg, die Jahresprognose von Charttechnik und Sentimentanalyse zu erfüllen. So hat Jörg Scherer, Leiter der technischen Analyse bei HSBC Deutschland, bereits Anfang 2021 einen Punktestand von 15.500 in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres prognostiziert.
Und die Erwartung von Frederik Altmann vom Brokerhaus Alpha lautete Anfang 2021: „Der Dax dürfte sich im laufenden Jahr Richtung 16.500 Punkte bewegen.“ Auch die Jahresprognose der Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment hat zum Jahresanfang einen ähnlich hohen Dax-Stand im ersten Halbjahr signalisiert.
Auf der Unterseite bieten sich die ehemaligen Rekordmarken zwischen 14.131 Punkten, die im Februar erreicht wurde, und 14.197 Zählern aus dem Monat März für tradingorientierte Anleger als Stop-Loss-Marke an.
Hier geht es zur Seite mit dem Dax-Kurs, hier gibt es die aktuellen Tops & Flops im Dax.
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