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Bundestagswahl„Musk attackiert die Soziale Marktwirtschaft“

Wer Elon Musks Einmischung in Deutschland bekämpfen will, sollte die Soziale Marktwirtschaft reformieren. Das ist nötig und nimmt ihm die Angriffsfläche. Ein Gastkommentar von Belit Onay. 01.01.2025 - 12:31 Uhr
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Clown oder Gefahr? Elon Musks politische Positionierung ist umstritten. Foto: Evan Vucci/AP/dpa

Die Soziale Marktwirtschaft war es und ist es, die den Erfolg des deutschen Wirtschaftsmodells begründet hat. Dieses Wirtschaftssystem ist nicht nur die Grundlage für wirtschaftliche Prosperität in Deutschland, sondern auch eine tragende Säule für gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit für die Demokratie.

Im Aufstieg Elon Musks in den USA drückt sich aus, dass unser Erfolgsmodell von einer eigentlich verbündeten Nation nun unter Druck gesetzt wird. Denn der Multimilliardär Musk greift mit seinen jüngsten Interventionen und Wahlaufrufen für die AfD nicht eine etwas zu enge Wettbewerbsordnung hier oder eine vermeintlich etwas zu großzügige Gestaltung des Bürgergelds dort an. Hinter dem Schleier des Bürokratieabbaus attackiert er die Soziale Marktwirtschaft als solche.

Als Free-Floating-Unternehmer verbittet er sich jedwede Regulation. Als Schmied seines eigenen Glücks lehnt er jede staatliche Intervention zum Ausgleich sozialer Härten ab. Elon Musk steht nicht für eine etwas liberalere Wirtschaftsordnung – er ist anarcho-libertär und damit ein Feind des Liberalismus.

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Mit Donald Trump wird ab dem 20. Januar ein Mann Präsident, dessen ausgesprochenes Ziel es ist, all jene regulatorischen Restbestände innerhalb der USA einzureißen, mit denen die Macht oder Allmacht amerikanischer Oligarchen wie Elon Musk noch begrenzt wird.

Es droht ein neuer Common Sense in den USA, der im Oval Office kultiviert wird. Ein Monopol wird nicht mehr Ausdruck eines verzerrten und aus den Fugen geratenen Marktes sein, der schlechte Ergebnisse für die Konsument*innen hervorbringt, sondern es wird als Ergebnis individueller Durchsetzungsstärke und damit als Erfolg glorifiziert.

Essay

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Die zunehmende Verarmung und Spaltung der Gesellschaft – zuletzt illustriert anhand der um sich greifenden Verwahrlosung auf den Straßen San Franciscos – wird kein Anlass mehr sein für Unterstützung und soziale Intervention, sondern Gradmesser dafür, wer es gerechterweise geschafft hat, sich durchsetzen, und wer ebenso gerechterweise abgestürzt ist.

Und auch das absehbare Schleifen von Umweltstandards und die Bereitschaft, die Natur bedingungslos auszubeuten und dem eigenen egoistischen Willen zu unterwerfen, wird nicht mehr als Gefahr für die Zukunft der nachkommenden Generationen gesehen werden – sondern als Willensstärke, sich nicht durch die Erhitzung des Klimas, die noch dazu geleugnet wird, in seinem eigenen Streben begrenzen zu lassen.

Donald Trump hat Elon Musk erst so richtig entfesselt. Foto: IMAGO/USA TODAY Network

In einer gesunden Demokratie würde ein Präsident alles daransetzen, die entfesselten Kräfte eines hundertfachen Milliardärs wie Elon Musk zu begrenzen. Stattdessen lässt er ihn jene Behörden abschaffen, die ihn regulieren könnten.

Leider kann uns das nicht egal sein. Denn jede Entwicklung in den USA ist für die demokratische Welt und damit auch für die Bundesrepublik von Bedeutung. Eine stabile Demokratie im Westen, auf der anderen Seite des Atlantiks, ist eine starke Rückendeckung im Kampf eines vereinten Europas gegen die Diktaturen im Osten.

Und mehr noch: Wir sehen ja, dass Elon Musk sich – gewiss auch im Sinne Donald Trumps – auch in Deutschland einbringt und einlässt. Sein Wahlaufruf für die in Teilen als rechtsextrem eingestufte AfD ist mehr als eine respektlose Übergriffigkeit. Musk und wohl auch Trump scheint es ein Dorn im Auge zu sein, dass in Deutschland trotz des Aufstiegs der AfD in den vergangenen Jahren nach wie vor demokratische und republikanische Werte dominieren. Denn eine rechte und populistische Mehrheit ist auch nach der nächsten Bundestagswahl ausgeschlossen.

Nicht zuletzt drückt sich dies darin aus, dass sich alle demokratischen Parteien – mit je eigener Akzentuierung – konsequent für die Soziale Marktwirtschaft einsetzen. Genau das greift Musk an. Und genau das droht auch Trump anzugreifen. Dagegen sollten sich alle Demokrat*innen geschlossen zur Wehr setzen.

VW-Werk in Niedersachsen: Die deutsche Autoindustrie wurde zu lange behütet. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Dies bedeutet in erster Linie, genau zu analysieren, wo die Soziale Marktwirtschaft noch im Gleichgewicht ist und wo sie ins Ungleichgewicht geraten ist. Wo interveniert der Staat zu sehr, wo reguliert er zu wenig? Wo ist soziale Unterstützung angemessen, wo aber hat sie auch einen hemmenden Einfluss? Wo muss mehr gefordert, wo mehr gefördert werden?

Um ein Beispiel zu nennen: Die deutsche Automobilindustrie leidet darunter, dass sie über viele Jahre zu sehr durch die bundesrepublikanische Politik unterstützt und in ihrem Wesenskern behütet wurde – natürlich auch als Ergebnis intensivster Lobbyarbeit. Aber dass ausgerechnet Elon Musk mit seinem Unternehmen Tesla zur größten Konkurrenz der deutschen Kernindustrien werden konnte, ist das Ergebnis von zu wenig Marktwirtschaft und zu viel regulatorischem Protektionismus. Die Elektromobilität hätte auch aus Deutschland heraus entwickelt und etabliert werden können.

Mein Appell ist deshalb: Lasst uns für das Erfolgsmodell, für unsere Wirtschaft und unsere Demokratie streiten. Lasst uns die Soziale Marktwirtschaft zukunftsgerecht gestalten.

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Belit Onay ist Grünen-Politiker und Oberbürgermeister der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover.

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