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Klaus Hansen

Gastkommentar – Expertenrat Viele Unternehmen taugen kaum als Nachhaltigkeits-Vorbild – Was ist zu tun?

Aus der Nische in den Mainstream: Nachhaltigkeit ist heute in der Gesellschaft fest verankert. Doch nicht jeder versteht unter dem Begriff das Gleiche.
29.07.2021 - 14:02 Uhr Kommentieren
Auf Unternehmen geht der Druck neben Umweltschutzverbänden und der Fridays-for-Future-Bewegung von Konsumenten aus. Quelle: imago images/Alexander Pohl
Fridays-for-Future-Demonstration

Auf Unternehmen geht der Druck neben Umweltschutzverbänden und der Fridays-for-Future-Bewegung von Konsumenten aus.

(Foto: imago images/Alexander Pohl)

Gibt es gerade ein prominenteres Buzzword als „Nachhaltigkeit“? Meines Erachtens nicht. Kein Tag vergeht, ohne dass sich Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Wettlauf um die weitreichenden Ankündigungen von nachhaltigen Handlungen überbieten. Selbst auf LinkedIn stellen die Forderungen nach einer notwendigen Ressourcenschonung die schiere Masse an selbst lobenden Postings in den Schatten.

Gerade soziale Medien wie LinkedIn sind eine geeignete Bühne für das Spiel mit ernstem Hintergrund. Denn der damit hergestellte hohe Transparenzgrad verhindert, dass sich Unternehmen und Personen heimlich, still und leise wieder aus der Verantwortung stehlen können. Wer heute lautstark ein konkretes Ziel proklamiert, setzt sich dem hohen Risiko aus, daran morgen öffentlich gemessen zu werden.

Abseits dessen fallen häufig inhaltliche Schwächen in der Diskussion über den Begriff auf, der in den 1970er-Jahren erstmals in Deutschland auftauchte. Oftmals verkommt der Meinungsaustausch über den Begriff in vielen Unternehmen zu einer reinen Umweltschutzdebatte. Und das ist zu kurz gesprungen.

Das Wort Nachhaltigkeit, im Gegensatz zu seinem englischen Pendant, hat im Deutschen zwei Bedeutungen: Zum einen geht es um die banale Erkenntnis, dass man nicht mehr Ressourcen einsetzen sollte, als man dauerhaft zur Verfügung hat.

Zum anderen bedeutet nachhaltiges Handeln aber auch, dass das eigene Tun langfristige Auswirkungen hat, was mit Ersterem oftmals nicht widerspruchsfrei und dennoch ebenso wichtig ist. Was bedeutet es also, „nachhaltig“ im doppelten Sinne erfolgreich zu führen?

Druck kommt bei Unternehmen kaum an

Unternehmen, die kapitalmarktorientiert sind, müssen sich an den ESG-Kriterien messen lassen. ESG steht für „Environment, Social, Governance“. Es geht um die Schonung natürlicher Ressourcen und die Begrenzung des Klimawandels. Zusätzlich geht es auch um soziale Aspekte. Hinzu kommen Wirtschaftsethik und Unternehmensführung – „Governance“.

Klaus Hansen

Nachhaltigkeitsindizes wie DJSI, FTSE und andere sind seit Jahren Standard, anhand ihrer lassen sich Nachhaltigkeitsbestrebungen bei Produktion, Prozessen, Einhaltung von Compliance, Menschenrechten und etwa Diversität berechnen. Wer hier gut abschneidet, ist Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit – und hat allen Grund, dies öffentlich kundzutun.

Wer aber sind die eigentlichen Treiber der Bewegung? Investoren überbieten sich zwar gerade öffentlichkeitswirksam um die Marktführerschaft bei nachhaltigen Anlagen. Blackrock und Co. sprechen bereits von „From ambition to action – von der Ambition zur Aktion“, aber es ist mehr als fraglich, ob sie es mit der Nachhaltigkeit wirklich ernst nehmen.

Bei den Unternehmen kommt ein vermeintlicher Druck kaum an. Nur für 30 Prozent der Unternehmen spielen die gestiegenen Anforderungen von Investoren hinsichtlich nachhaltiger Strategien eine Rolle, ergab die Studie „Sustainibility & Leadership“ der Personalberatung Odgers Berndtson. Der größte Druck, so viel ist sicher, geht neben Umweltschutzverbänden und der Fridays-for-Future-Bewegung von Konsumenten aus.

Unternehmen indes taugen als Vorbilder praktisch nur, wenn die gesamte Organisation auf das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet ist. Und ein langfristiger Erfolg stellt sich nur ein, wenn Nachhaltigkeit ein elementarer Teil der Unternehmenskultur wird.

Dem stehen Erkenntnisse der genannten Sustainability-Studie entgegen. Während 75 Prozent der befragten Vorstände das Thema als „verinnerlicht“ und als Teil ihrer Kernaufgaben ansehen, gilt das Gleiche auf der Ebene unterhalb des Vorstands bereits nur noch für 40 Prozent.

CEO muss ebenfalls auf Nachhaltigkeit achten

Inwieweit kann ein Chief Sustainability Officer (CSO) das Ansinnen stärker in alle Ebenen bringen? Zwar gibt es in vielen Unternehmen mittlerweile einen CSO, allerdings ist der regelmäßig entweder eine „lame duck“, also eine lahme Ente, oder sein Stellenprofil nimmt messianische Züge an. Was angesichts der zuvor erwähnten Zahlen nicht verwunderlich ist. Muss er doch scheinbar gegen Windmühlen der Ignoranz ankämpfen.

Wenn Nachhaltigkeit ernst genommen wird, wie es die Selbstdarstellungsmaschinerie auf allen Kanälen behauptet, dann muss der CEO des Unternehmens persönlich dafür Sorge tragen, dass nicht mit jeder Führungsebene unter ihm die Zahl der „Bekehrten“ eklatant abnimmt.

Der CSO kann hierbei höchstens beraten, den inhaltlichen Rahmen setzen, so wie der Chief Digital Officer, auf ihn kann und darf das Thema aber nicht wie eine lästige Begleiterscheinung delegiert werden.

Und jeder CEO sollte für sein Unternehmen auch klar definieren, wo Nachhaltigkeit für ihn anfängt und wo sie auch aufhört, denn Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der so bunt ist wie das Bällebad im Möbelhaus.

Klaus Hansen ist Partner der Personalberatung Odgers Berndtson und leitet die Practices „Board & Chair“ sowie „CEO“ in Deutschland. Für das Handelsblatt schreibt er über aktuelle Themen rund um Topmanager, Führung und Karriere.

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