Gastkommentar: Auf neuen Wegen zu mehr Klimaschutz

Ottmar Edenhofer ist Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und des Mercator Institute on Global Commons and Climate Change in Berlin. Er leitet zudem das vom Bundesforschungsministerium finanzierte Ariadne-Projekt, das die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Energiewende erkundet.
Der „European Green Deal“, das Ende 2019 von der EU-Kommission vorgestellte Klimaschutzkonzept, zeigt Wirkung. Seither hat der Alte Kontinent die für 2050 angekündigte Klimaneutralität mit ambitionierteren Zielen für 2030 untermauert; es sollen dann nicht 40, sondern 55 Prozent weniger Treibhausgase emittiert werden als 1990. Mehr noch: Europa hat damit einen Paradigmenwechsel eingeleitet – für die Klimapolitik und die Wirtschaftspolitik insgesamt.
In Brüssel scheint sich die Erkenntnis durchzusetzen: Für einen Strukturwandel, der in der europäischen Wirtschaftsgeschichte seinesgleichen sucht, müssen wir den regulatorischen Flickenteppich überwinden und einen neuen ordnungspolitischen Rahmen schaffen. Es geht ja nicht mehr nur darum, Kohle- und Gaskraftwerke durch Wind und Solar zu ersetzen – auch die Emissionen im Verkehrs- und Gebäudesektor sowie in der Breite der Industrie müssen innerhalb einer Generation auf null sinken.
Wir brauchen Elektromobilität, synthetische Kraftstoffe sowie mit Grünstrom produzierten Wasserstoff etwa für CO2-freie Stahlwerke. Und wir brauchen in großem Stil neue Technologien, um die nicht vermeidbaren Rest-Emissionen der Atmosphäre wieder zu entziehen. All das sind große industriepolitische Chancen, die Europa nicht verspielen darf. Die Wirtschaft will die Chancen nutzen und in das Ziel der Klimaneutralität investieren, wie jüngste Stellungnahmen zeigen. Aber sie braucht dazu eben die richtigen Anreize.





