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GastkommentarDieser Ansatz der chinesischen Autobauer ist völlig veraltet

Die Chinesen beherrschen mit Technik und Qualität das moderne Auto. Im Vertrieb und Marketing sind sie jedoch noch weit von der Spitze entfernt, meint Ferdinand Dudenhöffer. 03.04.2024 - 03:52 Uhr aktualisiert
Der Autor: Ferdinand Dudenhöffer ist Geschäftsführer der Ferdi Research GmbH in Bochum. Foto: Getty Images, CAR [M]

Die chinesischen Autobauer beherrschen das moderne Auto. Wenn es um Batterien und Elektroautos geht, macht BYD niemand etwas vor. Auch Software ist nicht mehr die Domäne von Elon Musk, sondern die Meister des intelligenten Autos heißen XPeng, Nio, Baidu-Apollo, Huawei und bald Xiaomi. Qualität, Innovationen, Preis – es passt alles. Also sollte der Europa-Export kein Problem sein. Vorsorglich hat BYD acht riesige Autofrachter bestellt. Der erste, Explorer No. 1, hat im Februar 3000 Neuwagen in Bremerhaven abgeladen – eine „never ending story“?

Europa ist ein gesättigter Automarkt ohne Wachstum mit wenig Aussicht auf Veränderung

Das Elektroauto läuft in Probleme hinein. Die staatlichen Kaufprämien wurden in Deutschland auf Eis gelegt. Ähnliches ist in anderen EU-Ländern beobachtbar. Gleichzeitig sind die Early Adopters mit Elektroautos versorgt.

Europa ist ein gesättigter Automarkt ohne Wachstum. Im vergangenen Jahr wurden rund zwei Millionen vollelektrische Autos verkauft, rund 16 Prozent Marktanteil. In den nächsten Jahren zeichnet sich wenig Veränderung ab. VW steckt beim Elektroauto in Kurzarbeit. Frankreich dürfte mit Protektion auf Chinaexporte reagieren. Es geht um Verdrängung, um den Kampf um die Kunden von BMW, VW, Skoda oder Peugeot.

Als wäre das noch nicht genug, fällt zusätzlich der Wert gebrauchter Elektroautos. Die Leasinggesellschaften gehen auf Distanz zum E-Auto und fürchten hohe Verluste, wenn die Leasingfahrzeuge zurückkommen und weiterverkauft werden müssen. Gleiches gilt für die Vermieter. Sixt hat im vergangenen Geschäftsjahr 40 Millionen Euro auf Elektroautos abschreiben müssen. Der Vermieter Hertz hat im Geschäftsjahr 2023 mit Elektroautos 245 Millionen Dollar Verlust gemacht.

Da die Restwerte sinken, steigen die Leasingraten. Das macht Firmenkunden wenig Freude. Immer höhere Rabatte, etwa der Great Wall ORA 3 mit 31 Prozent oder BYD Han mit 27 Prozent, treten eine Wertvernichtungsspirale los. Der Wert der Elektroautos – und das gilt erst recht für die chinesischen – schmilzt wie Schnee in der Sonne. Ein wertbasiertes Vertriebsmodell fehlt.

Ein wertbasiertes Vertriebssystem baut auf Wachstum auf – und nicht auf Autofrachtern

Die Vertriebsstrategie der meisten chinesischen Autobauer beruht auf dem über hundertjährigen Car-Dealer-System. Wenn es schlecht läuft, werden Incentives und Rabatte in den Markt gepumpt. Ein wertbasiertes Vertriebssystem baut auf stetigem Wachstum auf und nicht auf Autofrachtern, die mit 3000 Fahrzeugen beladen Elektroautos „ausspucken“.

Wendelin Wiedeking hatte während seiner Zeit als Porsche-Vorstandsvorsitzender das Prinzip „Ein Auto weniger, als Kunden da sind“ ausgegeben. Damit gelang es, die früher großen Porsche-Nachlässe zu kappen und den Wert der Fahrzeuge in Kundenhand hochzuhalten.

Zum wertbasierten Vertrieb gehört aber nicht nur die Preisdisziplin, sondern auch das Ambiente und die Kostenstruktur, die wertbasiertes Wachstum zulassen. Im konventionellen Car-Dealer-System sind rund zehn Prozent des Verkaufspreises eines Neuwagens nötig, um die Kosten des Autohauses zu decken – also 5000 Euro beim 50.000 Euro teuren Auto. Das Geld bezahlt der Kunde.

Sieben weitere Schiffe von BYD befinden sich noch im Bau. Foto: dpa

Und was machen Great Wall oder BYD? Man überlässt den Vertrieb großen Autohaus-Gruppen wie der Frey-Gruppe, einem Ford-Händler. In den Autohäusern, die meist in Gewerbegebieten liegen, wird noch ein Chinese dazugestellt. Das alte Autohaus-Modell ist ein Vertriebsmodell für Verbrenner mit hohen Werkstattumsätzen pro Fahrzeug. Elektroautos haben schlanke Werkstattumsätze, also ist das alte Autohaus „überdimensioniert“. Es strahlt wenig Emotion aus und hat hohe Vertriebskosten in einer Zeit, die durch digitale Services geprägt ist. Shopping-Assoziationen kommen da nicht auf.

Sieht man von Nio und Lynk und Co. ab, bewegen sich die Chinesen auf ausgetrampelten Vertriebspfaden.
Ferdinand Dudenhöffer
Geschäftsführer der Ferdi Research GmbH in Bochum

Elon Musk hat in seiner Marketingstrategie Neuwagen in kleinen Stores in City-Centren präsentiert und die Werkstätten in die preisgünstigen Randlagen verlegt. Zusätzlich hat Tesla seine Fahrzeug-Konfiguratoren so aufgebaut, dass es den Verkäufer im Autohaus nicht braucht. Das Tesla-Vertriebsmodell hat es erlaubt, eine starke Marke aufzubauen.

Sieht man von Nio und Lynk und Co. ab, bewegen sich die Chinesen auf ausgetrampelten Vertriebspfaden. Vertriebsmodelle lassen sich aus bestehenden Strukturen – wie Vermieter à la Sixt, Gebrauchtwagen-Spezialisten wie Auto Hero oder Servicepunkte wie ATU – „komponieren“. Eine erfolgreiche Exportstrategie baut man durch Systematik und Transparenz auf.

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Bei den Chinesen gilt das Prinzip, je mehr Marken und Modelle, umso besser. Porsche ist erfolgreich, weil es eine Brand ist. Die Chinesen treten mit Markenfamilien auf, etwa als SAIC, Rowe, MG oder Great Wall, Ora, Wey. Sie beherrschen mit Technik und Qualität das moderne Auto. Im Marketing und Vertrieb sind sie aber noch weit davon entfernt.

Der Autor:
Ferdinand Dudenhöffer ist Geschäftsführer der Ferdi Research GmbH in Bochum.

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