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Gastkommentar Ein „Weiter so“ darf es in der Wirtschaft nicht mehr geben

Die Corona-Pandemie zeigt uns, wie vernetzt die Wirtschaft ist – und wie viel vernetzter sie noch werden muss, meint Thomas Saueressig.
01.08.2021 - 17:30 Uhr 1 Kommentar
Thomas Saueressig ist Vorstand des Softwarekonzerns SAP, verantwortlich für den Bereich SAP Product Engineering. Quelle: Ingo Cordes/SAP
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Thomas Saueressig ist Vorstand des Softwarekonzerns SAP, verantwortlich für den Bereich SAP Product Engineering.

(Foto: Ingo Cordes/SAP)

Veränderung ist unbequem, aber notwendig. Es gibt Situationen, in denen wir nicht alle Faktoren bestimmen können, die unser Zusammenleben und wirtschaftliches Handeln beeinflussen. Die Coronakrise ist so eine Situation. Sie zeigt schonungslos Defizite auf und zwingt zur Veränderung. Digitalisierung ist stärker in die öffentliche Debatte gerückt. Um für Krisen besser gewappnet zu sein, wird sie zur Notwendigkeit.

Das haben die meisten Unternehmen zu spüren bekommen – vom Schreibwarenladen um die Ecke bis zu Dax-Größen, auch wenn sich Komplexität und Ausmaß unterscheiden. Die Unternehmensberatung Roland Berger zeigte jüngst auf: Wer jetzt in digitale Innovationen investiert, wird besser auf die Zukunft vorbereitet sein und flexibler auf Veränderungen reagieren können.

Zur konkreten Umsetzung müssen Unternehmen den Auftrieb nutzen, der durch den Gegenwind der Pandemie entstanden ist. Technologien wie Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen geben Impulse, liefern Möglichkeiten, eröffnen Wege. Kurzum, sie schaffen neue Gestaltungsspielräume für Geschäftsmodell- und Prozessinnovationen.

Vor zehn Jahren waren Konsumgüterhersteller, Finanzdienstleister und Pharmaunternehmen die wertvollsten Marken. Heute stehen Digitalunternehmen an der Spitze der Liste. Von den weltweit 500 umsatzstärksten Konzernen des Jahres 1955 sind laut Foundation for Economic Education heute 89 Prozent komplett von der Bildfläche verschwunden. Neue Geschäftsmodelle beeinflussen nicht nur einzelne Marktpositionen, sie verändern vielmehr ganze Märkte

Der von Holger Schmidt entwickelte Plattform-Index stellt die Wertentwicklung der größten börsennotierten digitalen Plattformunternehmen den Nasdaq-, Dow Jones- und Dax-Werten gegenüber. Das Ergebnis: Die Geschäftsmodelle der Digitalunternehmen sind hochskalierbar. Obwohl man sie nicht mit produzierenden Unternehmen vergleichen kann, bringen sie Letztere doch in Zugzwang. Drei wesentliche Trends verdeutlichen, welche Anforderungen Geschäftsmodelle in Zukunft erfüllen müssen.

Anbieter verkaufen nicht nur Produkte

Erstens schafft die Digitalisierung Möglichkeiten, sich vom Wettbewerb abzuheben. Produkt- und Service-zentrierte Ansätze versprechen einen höheren Mehrwert für Kunden. Zunehmend verkaufen Anbieter nicht nur Produkte, sondern auch Dienstleistungen und digitale Dienste, manchmal im Paket. Technische Lösungen bilden die Grundlage, um verbrauchsabhängige oder auf Mitgliedschaft beruhende Geschäftsmodelle zu ermöglichen.

So wird ein Maschinenhersteller nicht nur Maschinen oder Haushaltsgeräte verkaufen, sondern auch Dienstleistungen wie die Installation per Videokonferenz, Fernkonfiguration, vorausschauende Wartung. Das ist keine Zukunftsmusik, sondern schon Realität.
Zweitens werden Kunden von Informationen und Angeboten überschwemmt. Eine Möglichkeit, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen und sie zu binden, sind individuell zugeschnittene Produkte. „Hyperpersonalisierung” ist das Stichwort – vom personalisierten Fußballschuh bis zu individuell konfigurierten komplexen Maschinen.

Drittens hört die Kundenerfahrung nicht beim Kauf auf, das gilt besonders für den Onlinehandel. Wie die Ware verpackt ist, wie die Lieferung abläuft, wie ein möglicher Reklamations- oder Rücksendeprozess abläuft, prägt die Kundenerfahrung deutlicher als der eigentliche Kauf. Sie hat auch einen wesentlichen Einfluss auf künftige Kaufentscheidungen. Stabile und nachhaltige Lieferketten sind zum Differenzierungsmerkmal geworden. Nach dem Kauf ist vor dem Kauf.

Resilienz ist das Zauberwort

Um den drei Trends gerecht zu werden, müssen Unternehmen sich in digitalisierte Firmen verwandeln. Die technischen Lösungen gibt es, aber das reicht eben nicht. Corona hat gezeigt, wie fragmentiert und fragil lineare Liefer- und Wertschöpfungsketten sein können. Resilienz, also Widerstandsfähigkeit, ist das Zauberwort. Um sie zu erreichen, braucht es indes keine Zauberei, sondern Zusammenarbeit, sprich agile und kooperative Arbeitsmodelle im eigenen und mit anderen Unternehmen.

Deshalb müssen wir neu denken lernen. Die Idee von plattformbasierten, kooperativen Ansätzen lässt sich auf das produzierende Gewerbe übertragen, vor allem den deutschen Mittelstand als Rückgrat unserer Wirtschaft. Das Bundeswirtschaftsministerium verweist in puncto vernetzte Wertschöpfung auf einen Zusammenschluss Thüringer Maschinenbauer – sie vermieten einander Anlagen, können gemeinsam Kapazitäten besser auslasten und so eigene Grenzen überwinden.
Das Thüringer Beispiel zeigt: Aus Wertschöpfungsketten müssen Wertschöpfungsnetzwerke werden. Drei Trends beschreiben, was neue Netzwerke ausmacht:

1. Die kürzlich von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften veröffentlichte Expertise „Wertschöpfungsnetzwerke in Zeiten von Infektionskrisen“ identifiziert vier Resilienztreiber: Antizipation, Vorbereitung, Transparenz und Schnelligkeit.

Jeweils gut 70 Prozent der befragten Unternehmen schätzten folgende Maßnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen potenzieller Infektionskrisen als (sehr) wichtig ein: enge Kooperation mit Lieferanten und Kunden, standardisierter Datenaustausch mit Lieferanten, Kunden und Logistikdienstleistern sowie Multiple Sourcing (Mehrfachbeschaffung).

Rückrufaktionen überflüssig machen

Mit derartigen Wertschöpfungsnetzwerken können die Beteiligten auf Basis transparenter Einblicke schneller, agiler und flexibler Entscheidungen treffen.
2. Catena-X, ein im vergangenen Jahr gegründeter Verbund, hat das Ziel, durchgängige Datenketten für Wertschöpfungsprozesse in der Automobilindustrie zu schaffen. Hersteller, Zulieferbetriebe und IT-Unternehmen – vom Großunternehmen bis zum Mittelständler – erhoffen sich von Catena-X Spielraum für neue Mehrwertdienste und insgesamt eine Stärkung der Automobilwirtschaft.

Breit angelegte Rückrufaktionen wegen eines fehlerhaften Bauteils könnten künftig überflüssig sein, weil die Informationsbasis vorhanden wäre, Besitzern einzelner, tatsächlich betroffener Fahrzeuge direkt einen Werkstatttermin anzubieten, anstatt ganze Modellchargen zurückzurufen. Das wirkt sich positiv auf die Kunden aus und hat darüber hinaus einen willkommenen volkswirtschaftlichen Effekt.

3. Wir können nicht weitermachen wie bisher. Um die derzeitige Nachfrage nach natürlichen Ressourcen zu befriedigen, bräuchten wir das 1,6-Fache unserer Erde. Regulatoren, Investoren und Konsumenten fordern konkrete Maßnahmen zur Verringerung von Emissionen und des Energieverbrauchs. Damit wächst der Druck auf Unternehmen und ihre Lieferketten, deren Emissionen im Schnitt mehr als fünfmal so hoch sind wie die des Unternehmens selbst.

„Weiter so“ geht so nicht weiter. Wertschöpfungsnetzwerke helfen, betriebliche Abläufe nachhaltiger zu gestalten, weil nachvollziehbar wird, welche Emissionen die Beschaffung, Herstellung und Verteilung von Produkten erzeugt.
Fazit: Der digitale Wandel legt den Grundstein für neue Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsnetzwerke. Er schafft Transparenz und Gestaltungsspielräume, um nachhaltiger zu wirtschaften. Wer sich dem Wandel nicht stellt, ist zum Scheitern verurteilt. Wer die Herausforderungen jedoch annimmt, wird an und mit ihnen wachsen.

Der Autor: Thomas Saueressig ist Vorstand des Softwarekonzerns SAP, verantwortlich für den Bereich SAP Product Engineering.

Mehr: Die Industrie ist tot, es lebe die Industrie

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1 Kommentar zu "Gastkommentar: Ein „Weiter so“ darf es in der Wirtschaft nicht mehr geben"

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  • Herr Saueressig SAP - vor der Digitalisierung brauchen wir Lösungen im Energiesektor! Der ständige weltweite Energiehunger muss gestillt werden. Die revolutionärste Alternative heisst Neutrino-Technologie und wird unendliche Ressourcen bieten - eine neue Ära der Energienutzung bricht an. Der einstige BundesVerkehrsminister a.D., Prof. KRAUSE veröffentlichte dazu kürzlich: "Das ewige Licht - Der Beginn eines neuen Zeitalters" Er begründet eindringlich, die günstigste und sauberste Variante der Energienutzung basiert auf Neutrino Technologie. Eine mobile und dezentrale Energienutzung über die Neutrinovoltaic kann jetzt möglich werden, denn sie wird die Photovoltaik ergänzen und ablösen, denn sie kann auch in vollkommener Dunkelheit Energie wandeln. Die Patente der Berliner Neutrino Energy Group sind bereit. Die Einführung der Neutrinovoltaik zur Gewinnung von elektrischem Strom unter dem Einfluss verschiedener elektromagnetischer Strahlung, einschließlich hochenergetischer kosmischer Neutrinos basiert auf neueste Forschungsergebnisse. Die auf Neutrinovoltaik-Technologie basierenden DC-Neutrinoquellen sind sehr kompakt und wetterunabhängig, erzeugen in einem Grundmodus 24h x 365 Tage Strom und können in Gerätegehäuse oder sogar in Elektroautos eingebaut werden. Mobile, dezentrale Haushaltsenergie und unendliche Reichweite für die Elektromobilität. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hatte bereits im Januar 2021 in einer von Daimler Benz beauftragten Studie die Effizienz der Technologie und die im Patent deklarierten Eigenschaften der "Neutrino-Voltaik" bestätigt. Hier sollte auch die Deutsche Politik endlich Anknüpfen und die Weichen für eine neue Technologie stellen.

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