Gastkommentar – Global Challenges: Europas verfehlte Afrikastrategie

Günther H. Oettinger ist Vorsitzender von United Europe e.V. Er war Ministerpräsident von Baden-Württemberg und EU-Kommissar für Energie, Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Haushalt und Personal.
Geopolitisch ist Corona für den Westen bislang ein Desaster. Die reichen Industrieländer, in denen 16 Prozent der Weltbevölkerung leben, haben sich 70 Prozent aller 2021 verfügbaren Impfdosen gesichert. China hingegen hält Wort und teilt die eigenen Impfstoffe mit der Welt, verkauft Vakzine an 27 Staaten und spendet Impfdosen an 50 Länder. Knallharter Egoismus hier, solidarischer Internationalismus dort?
„Impfstoffdiplomatie“ ist ein Wort, das in der Pandemie entstanden ist. Argwöhnisch beobachten die USA die Kampagnen, mit denen China jede Lieferung seiner Vakzine begleitet – auch nach Südamerika, also in Washingtons historischen „Hinterhof“. Der chinesische Arzneimittelkonzern Sinovac sponsert sogar die Copa America, Südamerikas Fußballturnier, ähnlich unserer Europameisterschaft.
Argentiniens Superstar Lionel Messi bedankte sich mit gleich drei signierten Trikots für Pekings Unterstützung. In Brasilien entsteht ein Impfstoffwerk nach Blaupausen aus Peking. Keine Frage: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sammelt derzeit propagandistische Pluspunkte. Kann die Spende von einer Milliarde Impfdosen für die 98 ärmsten Länder, auf die sich die reichsten Staaten auf dem G7-Gipfel im englischen Cornwall geeinigt haben, den Westen noch aus der geopolitischen Impfdosen-Defensive führen?





