Gastkommentar Was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet

Als Bundesvorsitzende des Wirtschaftsverbands Die Jungen Unternehmer zählt Sarna Röser laut Handelsblatt-Ranking zu den 100 Top-Frauen, die Deutschland voranbringen.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem Politiker und Politikerinnen nicht von „Nachhaltigkeit“ sprechen. Leider wird der Begriff aber oft nur oberflächlich verwendet – Nachhaltigkeit verkommt zu einem grünen Feigenblatt.
So belasten die meisten Ideen der Grünen die junge Generation und schmälern ihre Zukunftschancen, vor allem durch eine extensive Aufnahme von Schulden. Für mich als junge Unternehmerin bedeutet Nachhaltigkeit hingegen, den nachfolgenden Generationen nicht nur eine intakte Umwelt zu hinterlassen, sondern auch ein Land, das wirtschaftlich gesund und damit zukunftsfähig ist.
Unternehmern kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Nur eine leistungsfähige Volkswirtschaft ist stark genug, den Strukturwandel durch zukunftsträchtige Investitionen zu meistern und überlebensnotwendige Innovationen hervorzubringen. Sollen beispielsweise Betriebe digitalisiert, neue Geschäftsmodelle erschlossen und energieintensive Sektoren auf grünen Strom umgestellt werden, brauchen die Unternehmen Geld, das erst einmal erwirtschaftet werden muss.
Insbesondere der familiengeführte Mittelstand mit seinen rund acht Millionen Arbeitsplätzen hat Übung darin, nachhaltig zu denken und zu handeln. Viele Familienunternehmen werden an die nachfolgende Generation übergeben und somit über Jahrzehnte hinweg in einem harten globalen Wettbewerb erfolgreich fortgeführt. Allerdings: Die Wirtschaft ist abhängig von den politischen Rahmenbedingungen.
Leider werden dort zu oft wenig nachhaltige Entscheidungen getroffen: So laufen die Sozialversicherungssysteme aus dem Ruder, da aus ihnen mehr Beiträge entnommen als eingezahlt werden. Die Folge: Die Sozialversicherungen müssen zugunsten der jetzigen Leistungsempfänger mit Steuergeldern subventioniert werden. Dafür wird bereits jetzt rund ein Drittel des Bundeshaushaltes aufgebracht – Tendenz steigend.
Weniger Spielraum für künftige Generationen
Weil damit die freien Haushaltsmittel dahinschmelzen, haben zukünftige Generationen immer weniger finanziellen Spielraum, um selbst Politik gestalten zu können. Ähnliches bewirkt der Schuldenberg, den die Grünen immer höher auftürmen und der jungen Generation hinterlassen wollen. Denn Schulden müssen irgendwann zurückgezahlt werden. Auch wenn es sich im Wahlkampf kaum jemand traut, offen zu sagen: Staatsschulden sind die Steuern von morgen.
Aber wer soll diese Schulden zurückzahlen? Und wie hoch sollen die Steuern noch steigen? Schon heute leben wir in dem Land mit einer der weltweit höchsten Steuerbelastungen. Nur eine intakte Schuldenbremse garantiert, dass auch kommende Generationen genügend Möglichkeiten für eine selbstbestimmte Politik haben.
Das Argument der Grünen, mit einer massiven Schuldenaufnahme die ökologische Transformation zu finanzieren, ist naiv. Ja, wir brauchen dringend Investitionen in Digitalisierung und Infrastruktur, aber öffentliches Geld ist dabei wirklich unser geringstes Problem.
Schon jetzt versauern Milliarden in staatlichen Fördertöpfen, weil sie nicht abgerufen werden können. Die Hauptursachen für mangelnde Investitionstätigkeit? Lange Planungs- und Genehmigungsverfahren, eine unzureichend digitalisierte Verwaltung plus Zuständigkeitswirrwarr. Hier müsste nachhaltige Politik ansetzen!
Deutschland profitiert bislang von der Wirtschaftskraft seines Mittelstands, der Steuern zahlt, mit denen die Schulden bezahlt werden. Aber auch die Tragfähigkeit dieser starken Schultern ist irgendwann erschöpft. Insbesondere da die Wirtschaft auch noch mit Überregulierung und einem Bürokratiedschungel zu kämpfen hat, die jegliche Innovation im Keim zu ersticken drohen. Dies alles lastet als schwere Hypothek auf den kommenden Generationen – das genaue Gegenteil von zukunftsgewandter Politik.
Erfindungen können nicht verordnet werden
Zukunft braucht Innovation – vor allem auch, um dem Klimawandel technologisch Paroli zu bieten. Zwar haben dies auch die Grünen erkannt. Sie misstrauen aber den Unternehmen, diese Technologien voranzutreiben.
Wie sonst ist ihre Idee von einer staatlich gelenkten Innovations- und Industriepolitik zu verstehen, die detailliert vorgeben will, wo und wie viel die Wirtschaft investieren soll? Erfindungen können nicht per Dekret verordnet werden und Innovationen sind keine abzuarbeitenden Verwaltungsakte.
Deshalb hilft es auch nicht, Milliarden an Fördermitteln in bestimmte Technologien und ausgewählte Firmen zu pumpen, die ein Bürokrat als vermeintlich zukunftsfähig auserkoren hat. Wie groß die Gefahr ist, auf das falsche Pferd zu setzen, zeigte zuletzt die Staatsbeteiligung an dem Impfstoffentwickler Curevac. Die einzigen Effekte solcher Industriepolitik sind Wettbewerbsverzerrungen und Verschwendung von Steuergeld.
Stattdessen gilt es, durch bessere steuerliche Rahmenbedingungen, eine konsequente Digitalisierung der Verwaltung und durch Bürokratieabbau für unsere Unternehmen ein Umfeld zu schaffen, das innovative Investitionen erleichtert. Soll Deutschland bei der Industrie 4.0 führend sein, brauchen wir eine Reform des Datenschutzes, um oft ungenutzte Datenschätze heben zu können. Ebenso brauchen wir einen klugen Umgang mit Künstlicher Intelligenz, der Chancen betont und Risiken nicht überbewertet.
Genauso wichtig ist es, endlich den digitalen EU-Binnenmarkt zu verwirklichen. An diesen Punkten entscheidet sich, ob wir weiterhin in der obersten Technologieliga mitspielen können. Schon jetzt haben wir in Deutschland die höchsten Strompreise, uns droht die Abwanderung ganzer Branchen.
Trotz immenser öffentlicher Förderungen kommt die notwendige Energiewende nur in Trippelschritten voran. Denn viel zu viel Geld versickert in den bürokratischen Mühlen und zeigt die Ineffizienz einer planwirtschaftlich betriebenen Klimapolitik.
Wir brauchen den Emissionshandel
Für den Durchbruch in eine klimagerechte Zukunft brauchen wir vielmehr den Emissionshandel. Geben wir der Umwelt einen Preis, verursacht Umweltverschmutzung wie die CO2-Emissionen für Unternehmen Kosten. Gibt es jedes Jahr weniger CO2-Zertifikate im Emissionshandel, regelt der Knappheitspreis besser als jede Überwachungsbehörde, dass Jahr für Jahr die effizienteste Lösung für den Klimaschutz genutzt wird.
Wir brauchen also eine Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf alle Sektoren. Reflexartiger politischer Aktionismus wie nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts – mit einem ganzen Maßnahmenbündel und neuen Zeitvorgaben für den CO2-Abbau – raubt Unternehmen jegliche Planungssicherheit und lässt sie vor klimagerechten Investitionen zurückschrecken.
Bei der Bundestagswahl steht zu Recht das Thema Nachhaltigkeit im Fokus. Allerdings dürfen wir nicht den simplen Botschaften auf den Leim gehen, sondern sollten wirklich nachhaltige Lösungen suchen. Statt grünem Anstrich, einer Verbotskultur und neosozialistischer Wirtschaftspolitik, müssen wir eine wirklich nachhaltige Politik betreiben.
Und die setzt auf den Gründergeist, unternehmerische Freiräume und den Erfindungsreichtum der Bürger. In unserem Land steckt so viel mehr – diese Kräfte sollte die nächste Regierung endlich mit einem Restart entfesseln.
Die Autorin: Sarna Röser ist Bundesvorsitzende des Wirtschaftsverbands Die Jungen Unternehmer. Sie zählt laut Handelsblatt-Ranking zu den 100 Top-Frauen, die Deutschland voranbringen.
Mehr: Familienunternehmen lehnen Klimapolitik der Grünen ab.
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Lobbyismus pur, so nützlich wie Fußpilz.