Gastkommentar: Wie China Europas Häfen und Containerschiffe kapert

Der Autor ist Vorsitzender von United Europe e.V. Er war Ministerpräsident von Baden-Württemberg und EU-Kommissar für Energie, Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Haushalt und Personal.
Wir schreiben das Jahr 1961. Amerika hat mit John F. Kennedy einen jungen, dynamischen Präsidenten gewählt. Die USA sind wirtschaftlich und politisch die Weltmacht Nummer eins, militärisch kann nur die Sowjetunion mithalten. China ist Entwicklungsland.
In der Bundesrepublik landet Lale Andersen mit „Ein Schiff wird kommen“ einen Superhit. Das Lied handelt von einer Prostituierten, die im Hafen von Piräus auf ihren Liebsten wartet. Von hier hatten die Athener vor 2.500 Jahren Schiffe losgeschickt, um ihre Demokratie gegen Persiens Könige zu verteidigen.
Heute sind die USA noch immer eine Weltmacht, aber hart bedrängt von China. Von den 500 umsatzstärksten Konzernen der Welt hat jeder fünfte seinen Sitz im Reich der Mitte, nur in den USA sind es noch mehr. Russland ist nur noch militärisch stark.
Und die Europäische Union? Wirtschaftlich stark – aber längst abhängig vom chinesischen Markt. Die Pandemie hat gezeigt, dass deutsche Autokonzerne ohne ihre Werke und Absatzmärkte in China wohl Sanierungsfälle geworden wären. Und das Regime in Peking setzt seine ökonomische Kraft auch politisch ein – etwa um Kritik am Umgang mit Minderheiten und Demokratiebewegungen zu unterbinden. Daimler-Manager wurden zur Unterwerfung gezwungen, als der Konzern es gewagt hatte, in einer Broschüre den Dalai-Lama zu zitieren.





