1. Startseite
  2. Meinung
  3. Gastbeiträge
  4. Dienstreise: Die Renaissance der Geschäftsreise als Eskapismus

Prüfers KolumneDie Renaissance der Geschäftsreise als Eskapismus

Die Sehnsucht nach physischen Meetings an Buchenholztischen und vor allem in Hosen scheint groß. Doch was steckt dahinter – und tut es nicht auch ein Betriebsausflug?Tillmann Prüfer 23.04.2022 - 10:53 Uhr Artikel anhören

Tillmann Prüfer ist Mitglied der Chefredaktion des „Zeit-Magazins“.

Foto: Handelsblatt

Ich habe in der „Welt am Sonntag“ gelesen, dass die Dienstreise wieder im Kommen ist. Die Lufthansa verzeichne eine Steigerung der innereuropäischen Businessflüge und des Geschäftsreiseverkehrs in die USA. Das ist schade, hatte man sich doch darauf eingerichtet, andere Menschen künftig nur noch per Zoom oder sonst einer Videokonferenz-Software treffen zu müssen. Was soll das?

Ich kann nicht glauben, dass es einen übermäßigen Mehrwert hat, die Geschäftspartner „Face to Face“ zu sehen. Per Video konnte man Geschäftsmeetings abhalten, ohne dabei eine Hose anzuhaben, das nenne ich Fortschritt.

Dass nun die Manager wieder Businesstickets buchen, hat vielleicht gar nicht so viel damit zu tun, dass man unbedingt wieder mit Menschen in Krawatte um Buchenholztische herum sitzen und dabei Dosenkekse futtern möchte.

Man muss sich nur betrachten, wie sich die Leute bei Geschäftsterminen begegnen: Vor der Pandemie gab es ausufernde Begrüßungsrituale, man umarmte einander, schüttelte beide Hände und gab sich vielleicht sogar Küsschen auf die Wange. Von all diesen Gesten sind nur noch ein freundliches Nicken und ein sanftes Touchieren mit den Fäusten geblieben.

Mittlerweile könnte man sich wenigstens wieder die Hand geben. Aber es ist den Leuten offenbar ganz recht, Abstand zu halten. Man hat sich schnell darauf geeinigt, dass es ganz okay ist, nur kurz die Fäuste gegeneinander zu stoßen. Dieser Fist-Bump ist übrigens auch die Begrüßung unter Profiboxern, bevor sie einander die Köpfe blutig schlagen. Hätten Menschen eine solch große Lust, einander wieder nahezukommen, würden sie sich doch nun eher in die Arme fallen, oder?

Es gibt aber vielleicht andere Gründe für Geschäftsreisen. Vielleicht müssen Menschen dringend raus aus dem Homeoffice und irgendetwas anderes sehen als die eigene Bücherwand. Das könnte ich sehr gut nachvollziehen.

Weitere Kolumnen von Tillmann Prüfer:

Als Menschen noch jeden Tag im Büro arbeiteten, da konnte man sich erholen, indem man einen Tag zu Hause verbracht hat. Wo soll man aber hin, um sich davon zu erholen, dass man den ganzen Tag in der heimischen Bude sitzt und mit Videoköpfen auf dem Bildschirm spricht? Ins Büro?

Dass nun überall wieder gereist wird, hängt meiner Meinung nach damit zusammen, dass man wieder ein bisschen andere Luft schnuppern möchte, und sei es nur die eines Gewerbegebiets in Enschede. Selbst wenn man dafür in einem Hotel mit fleckigen Teppichböden übernachten muss.

Verwandte Themen Lufthansa Zoom Homeoffice

Es wäre vielleicht für das Klima besser, die Unternehmen würden statt der Dienstreise den guten alten Betriebsausflug wieder reaktivieren. Bis es so weit ist, packt man halt weiter Rollköfferchen für den nächsten angeblich wichtigen Geschäftstermin. Bitte dabei aber nicht die Hose vergessen.

Mehr: Doppelte Meilen für alle Flüge – Airlines zeigen sich kulant gegenüber ihren Topkunden.

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt