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Gastkommentar – Homo oeconomicusDemokratie beginnt an der Kaffeemaschine

Von Unternehmen wird zunehmend eine Positionierung in gesellschaftlichen Fragen verlangt. Um diese zu entwickeln, braucht es eine offene Diskussionskultur, betont Janina Mütze.Janina Mütze 20.11.2023 - 10:29 Uhr Artikel anhören

Janina Mütze ist Co-Gründerin und CEO von Civey, dem Berliner Tech-Unternehmen für digitale Markt- und Meinungsforschung.

Foto: Civey, Marc Hohner

Sprechen Sie dieser Tage an der Kaffeemaschine mit Ihren Kolleginnen und Kollegen auch gelegentlich über den Nahostkonflikt und Antisemitismus? Teilen Sie persönliche Meinungen, beispielsweise in der Migrationsdebatte? Falls ja, gehören Sie zu der Mehrheit unter den Erwerbstätigen, die politische Gespräche auch am Arbeitsplatz führen.

Ob solche Themen dort angemessen sind, darüber sind sich die Erwerbstätigen in Deutschland nicht ganz einig. Jeder Vierte ist in der Frage unsicher. Jeder Fünfte hält Politik bei der Arbeit für unangebracht. Das sind aktuelle Ergebnisse einer Civey-Befragung.

Dass manche das Politische in Gesprächen unter Kollegen lieber außen vor lassen, mag zum einen gelernt sein, zum anderen aber auch einer zunehmenden Sorge vor gesellschaftlicher Spaltung folgen. Wer um den Zusammenhalt im Land bangt, der scheut die Konfrontation mit möglicherweise Andersdenkenden, mit denen er weiterhin tagtäglich zurechtkommen möchte.

Ein Rückzug ins Private kann allerdings die Polarisierung nicht abbauen. Ist es nicht gerade dann, wenn der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet erscheint, sinnvoll, Diskussionsräume zu bilden, wo immer wir in der Gesellschaft aufeinandertreffen?

Betriebe und Unternehmen sind Orte, in denen wir gute Chancen haben, anderen Meinungen zu begegnen. Digitale Filterblasen werden dort aufgelöst. Es sind Orte, an denen wir uns aufeinander einlassen müssen, ob jung oder alt, links oder rechts. Wie gemacht für politische Reibung.

Sorge vor politisch inkorrekten Aussagen

Damit politische Debatten im Job möglich sind, braucht es allerdings Sicherheit und einen klaren Rahmen. Niemand sollte gezwungen sein, sich positionieren zu müssen. Oder das Gefühl haben, es sei für die Karriere opportun, einer bestimmten Ansicht zu folgen.

Schauen Sie sich um im Büro: Mehr als jeder Zweite hat Sorge, Dinge nicht mehr sagen zu können, weil diese als politisch inkorrekt gelten. Wer Raum für Gedankenaustausch schafft, sollte die persönlichen Ansichten nicht gleich top-down mit vorgeben. Mitarbeitende wünschen sich von Führungskräften in konkreten politischen Fragen grundsätzlich eher Neutralität.

Parteipolitische Neutralität von oben sollte aber nicht zu falscher Zurückhaltung in gesellschaftlichen Fragen führen. In einer Zeit, in der die Stapelkrisen – von Corona bis hin zu Kriegen, in denen auch Familien von Mitarbeitenden betroffen sind – zunehmend spürbar ins Private reichen, scheinen die Themen drängender und der Druck zur Positionierung größer zu werden.

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Haltung und ein klarer Wertekompass werden Unternehmen und CEOs zunehmend abverlangt. Weil aber Haltung als Marketing-Fassade nicht funktioniert, muss sie von Innen entstehen und immer wieder neu verhandelt werden. Das beginnt im Kleinen – wahrscheinlich auch an der Kaffeemaschine.

Mehr: Mit diesen Fragen prüft der McKinsey-Recruiting-Chef den Wertekompass seiner Bewerber

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