Gastkommentar – Homo oeconomicus: Evergrande ist ein böses Omen für Deutschland

Der Autor: Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „beyond the obvious“, Unternehmensberater und Autor. Jeden Sonntag geht auf www.think-bto.com sein Podcast online.
Von 2015 bis 2019 war China Deutschlands größter Handelspartner. Mit einem Umsatzanteil von 15 Prozent, das sind jährlich knapp 200 Milliarden Euro, ist China für die größten deutschen börsennotierten Unternehmen der zweitwichtigste Auslandsmarkt. Prominentestes Beispiel ist der VW-Konzern, der fast jedes zweite Auto in China verkauft. Die gute wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands in den zehn Jahren nach der Finanzkrise wäre ohne den Aufstieg Chinas nicht denkbar gewesen. Umso mehr verwundert der Gleichmut, mit der das Platzen der chinesischen Immobilienblase zur Kenntnis genommen wird. Mag der mit rund 300 Milliarden US-Dollar verschuldete Immobilienentwickler Evergrande ruhig bankrottgehen, die kommunistische Staatsführung werde eine Finanzkrise, wie wir sie 2009 erlebten, niemals zulassen. Im Zweifel werde auch in China mehr Liquidität in das System gepumpt, was die globalen Börsen weiter befeuert.
Es ist höchste Zeit für uns zu erkennen, dass China es mit einer Immobilienblase historischen Ausmaßes zu tun hat, die jene von Irland und Spanien 2008 und sogar jene von Japan 1989 in den Schatten stellt. Wie Harvard-Professor Kenneth Rogoff vorrechnet, hat die Bauwirtschaft einen Anteil von 29 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes. Zehn bis 15 Prozent gelten als normal.





