Gastkommentar – Homo oeconomicus: Das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland ist ein Sieg der Grundeigentümerlobby

Der Bundestag hat das umstrittene Gesetz zur Mobilisierung von Bauland verabschiedet.
Nach monatelangem Streit innerhalb der Regierungskoalition verabschiedete der Deutsche Bundestag am vergangenen Freitag gegen die Stimmen der Opposition das Baulandmobilisierungsgesetz. CDU/CSU und SPD sprachen von einem Erfolg für den Wohnungsbau.
Doch bei genauerem Hinsehen handelt es sich um einen Erfolg der Grundeigentümerlobby und damit auch der Union über die Sozialdemokraten. Das entspricht allerdings ganz der Koalitionsvereinbarung vom März 2018, wonach Eigentumsrechte nicht angetastet werden sollten.
Immerhin steht die SPD – kurz nach ihrem Berliner Mietendeckel-Desaster in großen Nöten – nicht vollkommen nackt da. Ihr Hauptanliegen, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen stärker zu regulieren, hat sie durchbekommen, allerdings nur in einer von der Union stark verwässerten und auf weniger als fünf Jahre befristeten Form.
So ist das Gesetz alles andere als ein großer Wurf. Es ist ein ehrliches Abbild der Kräfteverhältnisse innerhalb der Großen Koalition und eben ihrer inhaltlichen Ausgezehrtheit.
Die allermeisten der beschlossenen Neuerungen, etwa beim gemeindlichen Vorkaufsrecht oder zur Erweiterung des Spielraums in der kommunalen Bauleitplanung, sind bestenfalls halbherzig. Sie werden zur innerörtlichen Baulandmobilisierung nicht viel beitragen. Aber als Stichwortlieferant für den bevorstehenden Wahlkampf genügt das Gesetz allemal.

Ulrich Kriese ist Sprecher für Bau- und Siedlungspolitik des Naturschutzbunds (Nabu) und Mitbegründer der Reforminitiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“. Dieser Beitrag gibt seine persönliche Meinung wieder.
Da spielt es denn auch keine Rolle, dass etliche der neuen Maßgaben unter dem Vorbehalt stehen, dass ein Bundesland erst einmal Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt bestimmen muss und dass diese Maßgaben dann auch nur in diesen Gebieten gelten und außerdem auf wenige Jahre befristet sind.
Jedoch irritiert regelrecht, dass das Baulandmobilisierungsgesetz auch die weitere Demobilisierung von Bauland unterstützt: Das von Gemeinden zwar selten ausgesprochene, aber im Einzelfall durchaus sinnvolle Instrument des Baugebots wurde nämlich verwässert. Künftig ist die innerfamiliäre, wenn man so will spekulative Vorratshaltung von Grundstücken von einem möglichen Baugebot ausdrücklich ausgenommen.
Viele Argumente sprechen gegen Bodenversiegelung
Union und SPD haben mit ihrem Gesetz eine weitere Chance verpasst, der gemeindlichen Innenentwicklung, also der effizienten Nutzung vorhandener Bauflächen und Baurechte einen ordentlichen Schub zu verpassen. Umso auffallender ihr Engagement für die Baulandmobilisierung auf der grünen Wiese. Bis Ende 2024 dürfen die Kommunen jetzt neue Wohngebiete bis zu einer Größe von jeweils rund drei Hektar ganz ohne Bürgerbeteiligung, Umweltprüfung und Naturschutzmaßnahmen ausweisen.
Dabei spricht so ziemlich alles gegen eine weitere Bodenversiegelung und Zersiedlung der Landschaft: je mehr Einfamilienhausgebiete, desto weniger Leben in den Ortskernen, desto höher die kommunalen Infrastrukturkosten, desto mehr Verkehr und damit einhergehende Emissionen, desto größer die Schäden für Umwelt und Natur.
Die Böden sind nach den Ozeanen und noch vor der Vegetation die größten Speicher für Kohlendioxid. Je weniger lebendige Böden und intakte Landschaften wir künftigen Generationen hinterlassen, umso geringer sind deren Handlungsspielräume.


Die unsägliche Debatte über angebliche Einfamilienhausverbote hat gezeigt, wie schwierig es in Deutschland ist, über die Frage nachhaltiger Bau- und Siedlungsformen sachlich zu diskutieren. Wenn jedoch die Politik Klimaschutz und Nachhaltigkeit wirklich ernst nimmt, muss sie das ebenso ändern, wie sie die Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums neu justieren muss.
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