Elon Musk: Musks Bitcoin-Twitterei schadet der Marke Tesla – in einer Zeit, in der sie ein gutes Image braucht

Die Diskussionen um Bitcoin färben sich nachteilig auf die Marke und Produkte von Tesla ab.
Das Video ist so dramatisch wie kindisch: Ein Hacker mit einer Guy-Fawkes-Maske sitzt in bester Matrix-Manier vor herabfallenden Codezeilen. Mit elektronisch verzerrter Stimme beschimpft er Elon Musk als narzisstischen reichen Kerl, der mit seinen Bitcoin-Kommentaren „einfache arbeitende Menschen“ missachte.
War das Drohvideo wirklich von der Hackergruppe Anonymous? Bewiesen ist das nicht. Aber der Tesla-Chef sollte die Episode so oder so nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn das Video trifft einen Nerv, zeugt von einem Stimmungsumschwung gegen Musks Bitcoin-Engagement.
Anfangs erschien es als eine originelle Idee: Tesla investiert in Bitcoin und akzeptiert die Kryptowährung als Zahlungsmittel. Dabei war es wohl eine unüberlegte Entscheidung. Musk ruderte kurze Zeit später zurück, kritisierte den hohen Energieverbrauch bei der Herstellung von Bitcoins – als ob das nicht längst vorher bekannt gewesen wäre.
Mittlerweile schädigen Musks ständige Kommentare zu Bitcoin und anderen Kryptowährungen die Marke Tesla. Und das Thema lenkt das Unternehmen von wichtigen Herausforderungen ab. Der Marktanteil in Europa geht infolge neuer Konkurrenz zurück. Hinzu kommt jetzt der Abgang des langjährigen Vertrauten Jerome Guillen, der Teslas Lastwagen-Sparte leitete.
Bei Tesla geben sich Spitzenmanager schon seit einiger Zeit die Türklinke in die Hand. In der derzeitigen Lage, wo Anonymous Musk als Menschenschinder bezeichnet, der für seine Kollegen „unerträgliche Bedingungen“ schafft, scheint der Rücktritt, für den es ganz andere Gründe geben mag, wie eine Bestätigung von Problemen im Unternehmen.
Musks Bitcoin-Äußerungen schüren die Kritik an ihm und an Tesla selbst
Die Vorwürfe in dem Video sind verzerrt und stellenweise absurd, in ihnen steckt aber oft ein Körnchen Wahrheit. Das macht sie so gefährlich. So kann Musk nichts für Spekulationsverluste seiner Twitter-Fans, das müssen sie sich selbst zuschreiben. Aber es ist nicht zu leugnen, dass Musk eine aufgeheizte Stimmung am Markt anstachelte.
Jeder Bitcoin-Anleger, der mit der Kryptowährung Geld verliert, wird die Schuld weniger bei sich als bei Musk suchen. Das Resultat: Die Kommentare der Nutzer auf Musks Twitter-Kanal handeln nur noch vom Bitcoin und nicht mehr von Teslas Produkten.
Schlimmer noch: Die von Musk angestoßene negativ besetzte Bitcoin-Diskussion vergrößert aus der Sicht der Tesla-Kunden und Auto-Interessierten jede ungünstige Nachricht, jedes Problem von Tesla wie durch ein Brennglas.
Der mangelhafte Service von Tesla etwa: Die Geschichten von langen Wartezeiten an Werkstätten und endlosen Telefonschleifen sind hinlänglich bekannt. In den Niederlanden bildete sich gar eine Klägergemeinschaft, die gegen Tesla vorgeht. Eines ihrer Argumente: Das Unternehmen kümmere sich mehr um Bitcoins als seine Kunden.
Solche Kritik trifft Tesla zu einem heiklen Zeitpunkt. Das Unternehmen mag zwar an der Börse ein Gigant sein, aber vom Produktions- und Absatzvolumen ist Tesla immer noch ein kleiner Hersteller. Der Massenmarkt soll mit neuen, preiswerten Modellen erobert werden. Tesla muss dafür Käufer überzeugen, die keine eingeschworenen Fans sind. Die Marke muss über jeden Zweifel erhaben sein, solide, innovativ und hochwertig wirken, um jedes Jahr Millionen Kunden anzulocken.
Musks Weltraumambitionen mit Space X sind der Grund für seine Faszination für Kryptowährungen
Warum hört Musk nicht auf, öffentlich mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen herumzuspielen? Die Antwort dürfte in seinen Raumfahrtplänen liegen. Mit seinem Unternehmen Space X will Musk auf den Mars fliegen, die Menschheit ist seiner Überzeugung nach „multiplanetar“.
Der Abschied von der Erde bringt jedoch einige praktische Probleme mit sich, nicht zuletzt die einer Währung: Wie soll im Weltraum bezahlt werden? Einen Hinweis gibt eine Mission von Space X im kommenden Jahr, bei der das Unternehmen im Auftrag eines kanadischen Start-ups einen Satelliten zum Mond schicken wird: Der Satellit wurde vollständig über die Kryptowährung Dogecoin finanziert.






Das alles hat wenig mit Tesla zu tun. Solche Science-Fiction-Träumereien mögen für Musk selbstverständlich erscheinen, für umweltbewusste Autokäufer sind sie es nicht. Bitcoin wirkt auf sie eher abschreckend. Die Idee mit der Kryptowährung erschien anfangs wie ein kluger Schachzug Musks, um das Image von Tesla als modernes und unkonventionelles Unternehmen auszubauen. Jetzt ist klar: Das ist gründlich misslungen.
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