Kommentar: Bärbel Bas betreibt Bürokratieaufbau nach Lehrbuch

Es gibt viele Wege, die deutsche Wirtschaft gegen die Wand zu fahren – Arbeitsministerin Bärbel Bas scheint sie alle zu kennen. Mit dem geplanten Tariftreuegesetz will die SPD-Vorsitzende nicht nur neue Auflagen für Unternehmen schaffen, sondern gleich eine ganze Kontrollbürokratie. Was schon jetzt als Symbol für Überregulierung gilt, droht nun auch für den Steuerzahler teuer zu werden. Auf die Wirtschaft kommen zudem neue Informationspflichten zu.
Wie schon bei der Einführung des Mindestlohns wird nach den Vorstellungen der Ministerin eine neue Prüfinstanz entstehen. Wie jetzt bekannt wurde, bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Dort soll künftig ermittelt werden, ob sich Firmen an Tarifverträge halten. Das Arbeitsministerium legt dann laut Gesetzentwurf fest, welche Bedingungen in verschiedenen Branchen mindestens eingehalten werden müssen.
Ein Bürokratieaufbau nach Lehrbuch. Offenbar hat die Knappschaft zu wenig zu tun, also bekommt sie neue Aufgaben. Das „Parkinson’sche Gesetz“ lässt grüßen: Bürokratie wächst so lange, bis die verfügbare Zeit gefüllt ist. Und offenbar ist davon reichlich vorhanden.
Doch damit nicht genug. Auch im Arbeits- und im Wirtschaftsministerium sollen neue Stellen geschaffen werden, um die Kontrolleure der Tariftreueaufsicht zu beaufsichtigen. Kontrolleure beaufsichtigen Kontrolleure. Eine deutsche Paradoxie, mitten in der wirtschaftlichen Stagnation des Landes. Der geplante Aufwand: sieben Millionen Euro einmalig plus drei Millionen jährlich im Betrieb. Und das dürfte nur die Untergrenze sein.
Dass die Pläne gerade jetzt publik werden, hat eine besondere Ironie. In der kommenden Woche möchte die Regierung ein sogenanntes „Entlastungskabinett“ abhalten. Dort soll ausgerechnet Bürokratieabbauminister Karsten Wildberger mit der „deutschen Kettensäge“ durch den Paragrafendschungel gehen.
Sein Problem: Die Kabinettskollegen haben offenbar keine Lust, dabei mitzumachen. Trotz mehrfacher Aufforderung hat kaum ein Ministerium Vorschläge zum Bürokratieabbau geliefert. Bärbel Bas dagegen zeigt mit ihrem Vorstoß offen, was sie davon hält – nämlich nichts.
Das fügt sich nahtlos in ihre sozialdemokratische Linie der vergangenen Monate. Erst die Erhöhung des Mindestlohns, die in Branchen wie Gastronomie und Handwerk Existenzen gefährdet. Dann die Minireform beim Bürgergeld, die mehr kostet als entlastet und laut Kommunen neue Bürokratie entstehen lässt. Von den einst versprochenen zehn Milliarden Euro Entlastungen beim Bürgergeld bleiben nach den jüngsten Regierungsrunden gerade einmal 100 Millionen übrig – ein Tropfen auf den heißen Stein. Und nun das Tariftreuegesetz, das neue Kontrolleure schafft, statt die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Bundeskanzler Friedrich Merz lässt seinen Bürokratieabbauminister derweil im Stich. Statt klare Prioritäten zu setzen, hält er am Koalitionsfrieden fest – auf Kosten der Wirtschaft. Der Reformstau wächst, die Produktivität stagniert, und Deutschland diskutiert weiter über neue Prüfstellen statt über neue Märkte. Es ist schon ein Widerspruch, sich in Brüssel darüber zu beschweren, dass das Lieferkettengesetz nicht abgeschwächt wird, während die Bürokratie in Berlin weiter wuchert.
Besonders in den Bundesländern, in denen 2026 gewählt wird, wächst die Nervosität. Die Wirtschaft tritt auf der Stelle, und die CDU-Spitzenkandidaten suchen händeringend nach Erfolgen außerhalb der Migrationspolitik, um im Wahlkampf zu punkten. Bei der SPD hingegen scheint man den Kurs bewusst in Kauf zu nehmen. Offenbar gilt: Was der Wirtschaft schadet, könnte als sozialpolitisches Profil im Wahlkampf dienen.
Ob diese Rechnung aufgeht, ist ungewiss. Sicher ist nur: Das Land leidet darunter. Deutschland verliert sich im Klein-Klein der Regulierung, und mit jedem neuen Gesetz wird der Handlungsspielraum für Unternehmer kleiner. Der Staat schafft Stellen statt Chancen.
Wenn Bürokratieabbau nur noch auf dem Papier stattfindet, wird aus dem „Entlastungskabinett“ endgültig ein Belastungskabinett.