Kommentar Bei der Verschärfung von Klimazielen zeichnet sich ein fatales Muster ab

Deutschland setzt sich beim Klimaschutz ambitionierte Ziele, doch das allein reicht nicht.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiß, was sie will: eine Verschärfung des europäischen Klimaschutzziels 2030, um ihre Chancen zu wahren, Europa bis 2050 zum ersten treibhausgasneutralen Kontinent zu machen.
Es ist so gut wie sicher, dass die CDU-Politikerin in der kommenden Woche eine Erhöhung des Klimaziels von derzeit 40 auf 55 Prozent verkünden wird. Konkret heißt das: In zehn Jahren muss Europa es schaffen, 55 Prozent weniger klimaschädliche Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 auszustoßen.
Das ist so ambitioniert wie richtig, wenn die 2015 beschlossenen Pariser Klimaziele erreicht werden sollen. Und doch hilft es nichts, in schöner Regelmäßigkeit über die Anhebung von Klimaschutzzielen zu diskutieren und diese zu beschließen, wenn die Politik damit ihr Engagement für mehr Klimaschutz ausreichend erbracht sieht.
Dieses fatale Muster konnte bereits gebührend in Deutschland beobachtet werden: Hier wurde ein Klimaziel für 2020 verabschiedet, das wiederholt vor dem Scheitern stand, weil die ergriffenen Maßnahmen unzureichend waren. Sollte das Ziel noch erfüllt werden, dann nur, weil Corona-bedingt die Emissionen gesunken sind – nicht weil die ergriffenen Maßnahmen so ehrgeizig sind.
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Ideen sind gefragt
Zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegen in der Klimaschutzpolitik mitunter Welten und es ist kein Geheimnis, dass die Bundesregierung in Sachen Klimaschutz für ein breites Meinungsspektrum steht. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu ein Wunder, dass die Koalition es im vergangenen Jahr geschafft hat, sich auf ein Klimaschutzgesetz zu einigen.
Angesichts der kritischen Kommentare zur Verschärfung des Klimaziels scheint bei vielen der Elan aber schon wieder erschöpft zu sein, vor allem angesichts der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie.
Natürlich liegt es nicht allein an Deutschland, Emissionen einzusparen. Die Bundesregierung hätte aber die EU-Ratspräsidentschaft längst dazu nutzen können, um gemeinsam mit der Kommission die Ausweitung des Emissionshandels, etwa um den Verkehrssektor, voranzutreiben.
In den nächsten Wochen wird Berlin nun ausloten müssen, ob die europäischen Mitgliedstaaten bei von der Leyens Vorstoß mitmachen und vor allem wie. Dass es da nicht um hohle Phrasen gehen kann, dürfte selbstverständlich sein. Es braucht nicht nur Klimaziele, gar einen Überbietungswettbewerb, sondern es braucht Ideen, Mut und die Bereitschaft, Milliarden in den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft zu investieren. Milliarden, von denen viele ohnehin in die Hand genommen werden, um die Folgen der Corona-Pandemie für Wirtschaft und Gesellschaft abzufedern.
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