Kommentar: Bei der Wärmewende gibt es keinen angenehmen Weg


Die politische Debatte um die Wärmewende lenkt zu häufig vom Kern der Sache ab.
Die politische Debatte um Deutschlands neues Heizungsgesetz ist manchmal schwer zu ertragen. Von Anfang an ging es kaum um den Austausch konstruktiver Ideen, wie die Wärmewende zu bewältigen ist. Es ging darum, aus dem emotional besetzten Thema Heizungstausch politisches Kapital zu schlagen. Der Koalitionsfrieden ist gefährdet, die FDP wird sich am Ende entscheiden müssen, ob sie einem Kompromiss noch vor der Sommerpause zustimmt.
Die von allen Seiten angeführten Argumente jedenfalls sind oft unehrlich, widersprüchlich und für Verbraucher kaum noch zu verstehen.
Wenn Hausbesitzer über eine neue Gasheizung nachdenken, weil eine neue Wärmepumpe so teuer ist, heißt es von Grünen-Politikern gern: Schlechte Idee, denn in Zukunft werde Gas so teuer, dass sich die Wärmepumpe langfristig doch rechne. FDP-Vertreter wollen dieses Argument nicht gelten lassen – verlangen aber zugleich danach, die Wärmewende über einen CO2-Preis zu regeln statt über „Heizungsverbote“.
Fakt ist: Niemand kann derzeit seriös sagen, wie sich die Preise für Strom, Gas und Öl langfristig entwickeln werden. Rechnungen, ab wann welche Heizungsart finanziell günstiger ist, beruhen deshalb auf Annahmen und damit wiederum auf politischen Glaubenssätzen.
Fakt ist aber auch: Eine Wärmewende über einen CO2-Preis wäre genauso unangenehm, wie sich die Drohung der Grünen mit den langfristig steigenden Gaspreisen für viele anfühlt.
Die Wahrheit ist: In der Wärmewende gibt es keinen leichten Weg. Die ganze komplizierte Debatte um den besten Weg zur Klimaneutralität lenkt von einer simplen Tatsache ab: Es bleiben nur noch 22 Jahre, bis Deutschland klimaneutral sein muss. Egal, mit welcher Lösung dieses Ziel erreicht werden soll – der Start muss jetzt sofort erfolgen.
Für die Menschen heißt das: Sie müssen innerhalb der nächsten 22 Jahre eine Alternative für ihre Öl- und Gasheizungen finden beziehungsweise einbauen. Die Bundesregierung muss ihnen natürlich nicht unbedingt vorschreiben, dass sie sich bereits beim nächsten anstehenden Heizungstausch um dieses Problem kümmern müssen.
Preise statt Ge- und Verboten verschieben nur die Verantwortung
Politik kann auch dafür sorgen, dass Öl und Gas in ein paar Jahren so furchtbar teuer werden, dass die Menschen dann ihre nagelneuen, jetzt noch schnell eingebauten Öl- und Gasheizungen wieder herausreißen und doch eine teure Wärmepumpe einbauen. Wenn der CO2-Preis so umgesetzt würde, wie von Experten vorgesehen, gäbe es gleichzeitig ein Klimageld, sodass vor allem diejenigen draufzahlen würden, die besonders viele Emissionen verursachen.
Aber ob bei einer solchen Variante unterm Strich irgendwer Geld spart, ist fraglich. Denn an der neuen Heizung führt kein Weg vorbei. Und die Tatsache, dass Wasserstoff auf Jahre nicht in nennenswertem Umfang zum Heizen zur Verfügung stehen wird, lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Die oft geforderte Technologieoffenheit ist deshalb in der Heizungsdebatte überhaupt kein relevanter Parameter. Zumindest nicht, wenn man Deutschlands Klimaziele für den Gebäudesektor nicht infrage stellen will.



Seien wir ehrlich: Es sind die Klimaziele, die das Land so stressen. Sie sorgen dafür, dass der Umbruch im Heizungssektor „viel zu schnell" geht. Dass er die Menschen überfordert. Aber sie sind nicht verhandelbar. Preise statt Ge- und Verboten verschieben nur die Verantwortung und vielleicht das Timing eines Wandels, der in jedem Fall nötig ist.
Wer von den aktuellen politischen Debatten verwirrt ist, sollte es deshalb mal so betrachten: Gerungen wird von den regierenden Parteien – zumindest in der Öffentlichkeit – nicht um eine erfolgreiche Wärmewende, sondern um ein erfolgreiches Image. Für eine sachliche Debatte ist das Thema zu emotional. Deshalb ist es gut, wenn sich die Regierenden jetzt abseits der großen Bühnen verständigen – und hoffentlich schnell eine Lösung präsentieren. Denn der beste Weg, mit unangenehmen Herausforderungen umzugehen, ist: sie anzugehen.
Mehr: Nur 1,25 Prozent Zinsen – Bund startet Eigentumsförderung für Familien.





