Kommentar – Der Chefökonom: Die Zukunft des Euros hängt nicht von rigiden Verschuldungsgrenzen ab

Allgemeingültige rigide Haushaltsregeln können weder für die 19 Euro-Länder noch für alle 27 EU-Staaten funktionieren.
Regeln, die politisch nicht einhaltbar sind, schaden eher, als dass sie nützen. Angesichts einer durchschnittlichen Schuldenstandquote für den Euro-Raum von 100 Prozent ist es daher illusorisch, an der im 1997 geschlossenen Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt festgeschriebenen Höchstmarke der Staatsverschuldung eines Mitgliedslandes von 60 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt festzuhalten.
Selbst wenn diese Regel keine drastischen Schuldenrückführungen fordert, müssten Griechenland, Spanien und Italien mehrere Jahrzehnte lang einen konsequenten Konsolidierungskurs einhalten, um wenigstes in die Nähe dieser 1992 letztlich willkürlich festgelegten Grenze zu gelangen. Wenn die Berliner Ampelregierung in ihrem Koalitionsvertrag schreibt, der Stabilitätspakt müsse nicht grundlegend geändert werden, da er sich als hinreichend flexibel erwiesen habe, so ist dies Augenwischerei.
Vor 30 Jahren waren sich die Väter des Euros im Grundsatz einig, dass sich die Euro-Staaten einer soliden Finanzpolitik verpflichtet fühlen sollten, um eine gemeinsame stabilitätsorientierte Geldpolitik nicht hintertreiben zu können. Ohne solch ein Bekenntnis wäre in Deutschland keine politische Mehrheit für eine Währungsunion zustande gekommen.





