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  4. Hindukusch: Politische Präsenz vor Ort fehlt bei Evakuierung der Deutschen und der afghanischen Hilfskräfte

KommentarDer Mogadischu-Moment: Es fehlt an politisch Verantwortlichen bei der Evakuierung aus Afghanistan

Die Bundesregierung muss sich zumindest in Taschkent blicken lassen – um den Taliban zu zeigen, dass es Deutschland ernst meint mit der Evakuierung seiner afghanischen HilfskräfteChristian Rickens 18.08.2021 - 18:42 Uhr Artikel anhören

Vertreter des Auswärtigen Amtes, des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundespolizei warten auf der Rollbahn auf die aus Kabul Evakuierten.

Foto: dpa

Als Terroristen im Oktober 1977 die Lufthansa-Maschine Landshut entführen, reist der damalige Staatsminister im Kanzleramt, Hans-Jürgen Wischnewski, dem Flugzeug hinterher. In Somalia handelt er dem örtlichen Diktator die Erlaubnis ab, dass deutsche Spezialkräfte den Jet stürmen dürfen.

Die GSG 9 befreit alle Geiseln. Als Wischnewski seinem Kanzler aus Mogadischu von der geglückten Aktion berichtet, hat Helmut Schmidt nach eigener Aussage vor Erleichterung geweint.

Auch Niels Annen gehört der SPD an, auch er ist Staatsminister: Im Auswärtigen Amt ist er für Afghanistan zuständig.

An dem Wochenende, an dem die Taliban Kabul überrannten, machte Annen eine Radtour durch seinen Hamburger Wahlkreis und postete anschließend Fotos, auf denen er lustige Grimassen schnitt. Ein Fehler, hat Annen inzwischen eingeräumt und die Bilder gelöscht.

Aber doch ein Fehler, der für etwas steht: Zum einen natürlich für die Fehleinschätzung der Lage in Afghanistan. Zum anderen aber für die seltsame Instinktlosigkeit der Bundesregierung im Umgang mit der Katastrophe.

Kein Regierungsmitglied scheint die Rettungsaktion in Afghanistan zu seiner Mission machen zu wollen

Noch am Montagabend lachte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Filmpremiere in die Kameras. Dass es auch anders geht, bewies ausgerechnet ein Politiker, der nicht in exekutiver Verantwortung steht: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte seinen für Montag geplanten Besuch bei den Bayreuther Festspielen ab.

Roter Teppich und Wagner-Klänge, während am Kabuler Flughafen die Wertewelt des Westens ihre Götterdämmerung erlebt? Das gehört sich nicht!

Auch am Tag vier nach dem Fall der afghanischen Hauptstadt scheint kein deutsches Regierungsmitglied wirklich bereit zu sein, die Evakuierung der Deutschen und der afghanischen Helfer zu seiner Mission zu machen.

Verwandte Themen Afghanistan Helmut Schmidt Lufthansa

Wo ist der Minister, Staatsminister oder Staatssekretär, der zumindest nach Taschkent fliegt, um vom sicheren Ende der Luftbrücke aus die Rettungsaktion zu koordinieren? Das wäre keineswegs nur Symbolpolitik – die Präsenz eines Regierungsmitglieds in der Region könnte den Taliban zeigen, dass es den Deutschen wirklich ernst ist mit der Evakuierung nicht nur der Deutschen, sondern auch der afghanischen Ortskräfte.

Sicher: Wer ein Problem derart eindeutig zu seinem eigenen erklärt, wird auch politisch verantwortlich gemacht, wenn die Rettungsmission schiefgeht. Aber hätte Wischnewski 1977 so gedacht, wären die Geiseln von Mogadischu wahrscheinlich gestorben.

Mehr: „Zum Schämen“ – Deutsche Politik streitet über Evakuierung afghanischer Helfer

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