Kommentar: Der Stahl-Vorstoß der SPD steht für einen deutschen Irrglauben

Wenn es nach der SPD geht, soll der Staat künftig nicht nur Brücken bauen, sondern auch Hochöfen betreiben. Die Sozialdemokraten wollen die deutsche Stahlindustrie schützen – notfalls indem sie selbst zum Stahlkocher werden. „In begründeten Einzelausnahmefällen muss ein staatlicher Einstieg in die deutsche Stahlproduktion eine Option sein“, heißt es in einem Papier der SPD-Bundestagsfraktion.
Natürlich ist die Stahlbranche wichtig. Sie steht für industrielle Stärke, für Arbeitsplätze. Und die Konkurrenz aus China und Indien ist allgegenwärtig, die Subventionen für Unternehmen dort sind massiv. Doch ob der Staat als Unternehmer der bessere Stahlbaron ist, darf bezweifelt werden. Erfahrungsgemäß produziert er vor allem eins: rote Zahlen.
Das Ganze erinnert an eine Forderung des früheren SPD-Generalsekretärs Kevin Kühnert, der als Juso-Chef die Kollektivierung von Großunternehmen wie BMW wollte. Damals konnte man den Vorstoß als Träumerei eines Vorsitzenden der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten abtun und witzeln, Kühnert würde wohl auch Trabis vom Band laufen lassen.
Doch diesmal kommt der Vorstoß aus der regierenden SPD-Bundestagsfraktion. Diese Haltung ist längst kein Einzelfall mehr. In der deutschen Politik macht sich immer stärker der Irrglaube breit, der Staat könne alles besser regeln.
Doch unabhängig davon: Die Stahlbranche braucht Unterstützung beim Übergang zur klimaneutralen Produktion, etwa durch günstigeren Strom und klare Rahmenbedingungen für Investitionen. Aber Staatsbeteiligungen lösen kein Strukturproblem, sie konservieren es. Die SPD läuft dabei den Gewerkschaften hinterher. Aber wer heute Werkstore mit Steuergeld offen hält, riskiert, dass die Transformation morgen doppelt teuer wird.
Deutschland hat vor allem ein Standortproblem. Und das lässt sich nicht mit Verstaatlichungsfantasien beheben, sondern mit mutiger Energiepolitik, weniger Bürokratie und verlässlicher Industriepolitik.
Der Staat sollte die Unternehmen wettbewerbsfähig machen – statt selbst den Schmelzofen anzuwerfen.