Kommentar: Die Schufa leistet sich gefährliche Schwächen


Die Berechnungen der Schufa zur Kreditwürdigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern sind ein mächtiges Instrument.
Als Tanja Birkholz 2020 an die Spitze der Schufa rückte, war es ihr erklärtes Ziel, die Wiesbadener Kreditauskunftei umzubauen. Wirtschaftlich lief es gut, aber Birkholz war klar, dass die Schufa, um die nächste Stufe zu erreichen, ihren schlechten Ruf loswerden muss.
Das miese Image als Datenkrake und als Blackbox ist ein Bremsklotz für das Wachstum des Unternehmens, das die Kreditwürdigkeit der Bürger berechnet. Auch deshalb startete Birkholz eine Transparenzoffensive.
Zu der gehört die Übernahme der App Bonify, mit der die Schufa vor allem für Privatleute schneller, effizienter und nutzerfreundlicher werden will. Bonify soll den Deutschen zum Beispiel den sogenannten Basisscore anzeigen, der hilft, die eigene Finanzlage besser einzuschätzen.
Jetzt gefährdet ein Datenleck die Transparenzoffensive. Die Panne an sich hätte schlimmer ausfallen können, gefährlich ist sie trotzdem, weil sie die alten Vorurteile bestätigt und damit Birkholz“ Strategie gefährdet.
Soll die Initiative doch noch ein Erfolg werden, darf sich die Schufa keine offenen Flanken leisten, und von denen gibt es noch einige.
Datenpanne gefährdet die Strategie
Aber erst einmal zurück zum Datenleck: Die IT-Sicherheitsexpertin Lilith Wittmann hat bewiesen, dass sie über Bonify nicht nur ihren eigenen „Boniversum-Score“ abrufen konnte – sondern auch den anderer Person, deren Adresse und Geburtsdatum sie kennt. So hat Wittmann sich unter anderem den Score des ehemaligen CDU-Gesundheitsministers Jens Spahn ausspielen lassen.
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Dieser Wert hat nichts mit den Schufa-Daten zu tun und speist sich aus anderen Quellen. Wittmann hatte auch keinen Zugriff auf konkrete Finanzdaten von Spahn oder von anderen Personen. Anders als bei den jüngsten Datenlecks bei Commerzbank, Deutscher Bank und ING waren besonders sensible Daten wie zum Beispiel Kontonummern nicht gefährdet.

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Dennoch ist die Panne ausgerechnet bei der Tochter, die für mehr Transparenz und Bürgernähe sorgen soll, eine Blamage. Umso wichtiger ist es, keine weiteren Zweifel an der Redlichkeit der Auskunftei aufkommen zu lassen und jeden Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden.





Dabei hat die Schufa noch Arbeit vor sich. So bietet Bonify nicht nur den Blick aufs Konto und in die Schufa-Auskunft, sondern betätigt sich auch als Kreditvermittler – dabei geht es ausgerechnet um Darlehen, die so konstruiert sind, dass sie nicht in den Datenbanken der Schufa auftauchen.
Aber auch die Mutter selbst leistet sich Interessenkonflikte. Die Schufa nimmt für sich in Anspruch, dass sie den Menschen hilft, sich finanziell nicht zu übernehmen. Gleichzeitig hält das Unternehmen aber Anteile an einem Inkassodienst – verdient also daran, wenn Verbraucher ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Das passt nicht zusammen und untergräbt die Glaubwürdigkeit.
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