Kommentar Diese Haushaltsplanung reicht nur bis zur Bundestagswahl

Der Bundesfinanzminister verteidigte seine Etatpläne und kritisierte die Union für ihr Wahlprogramm.
Olaf Scholz klang bei der Vorstellung des Haushalts 2022 am Mittwoch weniger nach Finanzminister und mehr nach SPD-Kanzlerkandidat. Dass er so einen Auftritt nutzt, um sich und seine Politik ausgiebig zu loben, ist man gewohnt. Nun kamen auch gleich noch direkte Angriffe auf den Koalitionspartner hinzu: Die Union mache in ihrem Wahlprogramm unseriöse Versprechen, sagte Scholz.
Ob eine derart plumpe Vermischung von Regierungs- und Parteiarbeit beim Wähler ankommt, sei dahingestellt. Scholz dürfte sich auch durch Aussagen aus der Union provoziert gefühlt haben: So hatte CSU-Chef Markus Söder die Pläne der Union unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Erst brauche es einen Kassensturz nach der Wahl, denn dem jetzigen SPD-Finanzminister könne man nicht trauen, sagte Söder sinngemäß.
Auch das ist nicht die feine Art unter Koalitionspartnern, und es ist obendrein Unsinn. Scholz weist zu Recht darauf hin, dass Union und SPD diesen Haushalt gemeinsam im Kabinett beschlossen haben.
Natürlich weiß die Unionsspitze sehr genau um die angespannte Haushaltslage. Sie will darüber im Wahlkampf nur nicht sprechen, weil es ihre Vorhaben infrage stellen würde. Das Wahlprogramm verspricht eine unrealistische Kombination aus Steuersenkungen, mehr Ausgaben und einer schnellen Rückkehr zum ausgeglichenen Haushalt ohne Schulden. Das ist die haushaltspolitische Quadratur des Kreises.
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Insofern ist Scholz’ Kritik an der Union nicht mal falsch. Sie ist nur wenig glaubwürdig, weil die SPD bei ihren ganzen Wahlversprechen auch nicht seriöser kalkuliert. Und auch bei Grünen und FDP stellt sich die Frage der Finanzierbarkeit.
Große strukturelle Finanzierungslücken
Die Corona-Pandemie war für die Bundesregierung auch haushaltspolitisch eine gigantische Herausforderung. Rund 470 Milliarden Euro Schulden in drei Jahren zeugen davon. Natürlich musste die Regierung auf die historische Krise auch finanziell angemessen reagieren. Das Problem ist vielmehr, dass die geöffneten Schuldenschleusen genutzt wurden, um auch alle möglichen anderen lange gehegten Wünsche zu erfüllen.
Und so wird die nächste Bundesregierung einen Haushalt in Schieflage übernehmen mit großen strukturellen Finanzierungslücken. Hinzu kommen Löcher in der Sozialversicherung, die mit Steuermitteln gestopft werden müssen, wenn die Beiträge nicht steigen sollen.
All das ist schon jetzt absehbar, doch keine schöne Botschaft im Wahlkampf. Und deshalb folgt der Kassensturz und mit ihm das böse Erwachen für Steuer- und Beitragszahler erst nach der Wahl.
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