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Kommentar Es ist nur eine Illusion, dass europäische Aktien US-Titel auf Dauer abhängen können

Die Gewinne und Aktienkurse steigen derzeit hierzulande stärker als an der Wall Street. Daraus lässt sich aber kein nachhaltiger Trend ableiten.
20.04.2021 - 20:05 Uhr Kommentieren
Auf lange Sicht werden die Börsen in Europa die Wall Street nicht outperformen können. Quelle: AFP
Aktienchart

Auf lange Sicht werden die Börsen in Europa die Wall Street nicht outperformen können.

(Foto: AFP)

Europas und Deutschlands Aktien entwickeln sich seit Monaten ein paar Prozentpunkte besser als die hochgelobten amerikanischen Titel. Endlich, mögen viele Anleger denken. Schließlich hängt die Wall Street uns seit Jahren um Längen ab.

Der Dow Jones notiert heute bei 34.000 Punkten. Vor gut zwei Jahrzehnten waren es 10.000. Ein Zuwachs von 240 Prozent. Der Euro Stoxx mit den 50 größten Unternehmen Europas hat im selben Zeitraum fast 30 Prozent verloren.

Der Dax kam im Jahr 2000 auf gut 6100 Punkte, heute sind es sieben Prozent mehr. Zumindest gilt das für den Dax, bei dem die jährlichen Dividenden der Unternehmen nicht mit eingerechnet werden – und nur dieser ist mit dem Dow Jones und Euro Stoxx vergleichbar.

Daran gemessen hat Europa viel Nachholbedarf. Die bessere Performance in den vergangenen Wochen hat im Wesentlichen einen Grund: Die vielen Industrie- und Handelsunternehmen steigern ihre Gewinne in diesem und vermutlich auch im kommenden Jahr stärker als die Unternehmen im Dow, also Konzerne wie die Fast-Food-Kette McDonald‘s oder der Pharmariese Pfizer, der iPhone-Produzent Apple oder der Softwarekonzern Microsoft.

Der etwas bittere Beigeschmack ist aber, dass die Gewinne der „Old Economy“ in Europa vor allem deshalb so stark steigen, weil sie zuvor eingebrochen sind. Prozentual zweistellige Rückgänge, wie sie aufgrund der Corona-bedingten Nachfrageschwäche in Europa die Regel sind, blieben in den USA die Ausnahme.

Eine Umschichtung aus US-Aktien in europäische Papiere ist im großen Stil nicht zu empfehlen

Dabei geht es hierzulande um Konzerne, die besonders stark vom Lauf der Konjunktur abhängig sind: Unternehmen wie Adidas, BASF und MTU im Dax oder BP und Royal Dutch Shell im europäischen Stoxx 50. Ihre Gewinne und Aktienkurse fallen überdurchschnittlich im Abschwung, aber sie steigen anschließend überdurchschnittlich im Aufschwung.

Auch Covestro ist so ein typisch zyklisches Unternehmen. In der Rezession werden Spezialchemikalien weniger gebraucht, deshalb fallen die Weltmarktpreise. Die Umsätze sinken, noch stärker die Gewinne und Renditen aufgrund des Preisverfalls. Im Aufschwung steigt die Nachfrage, was die Weltmarktpreie sofort erhöht. Dieser Effekt wirkt auf die Gewinne wie ein Hebel.

Und so wird bei den 30 Dax-Konzernen ein Nettogewinnzuwachs von voraussichtlich 100 Prozent gegenüber dem Corona-Geschäftsjahr 2020 erwartet. Da vor allem die niedrige Ausgangsbasis 2021 die Gewinne treibt, hat Amerika solche Zuwachsraten nicht zu bieten. Deshalb steigen die zuvor schwächer gelaufenen Aktienkurse hierzulande jetzt stärker als in Amerika.

Ein langfristiger Trend wird daraus aber eher nicht. Anleger sollten deshalb nicht im großen Stil US-Aktien verkaufen und gegen europäische tauschen. Für eine Anlageentscheidung ist ein zurückgebliebener Markt mit Nachholpotenzial zwar durchaus ein gutes Kaufargument. Doch Amerika sollte niemand abschreiben, nur weil der Markt stark gelaufen ist und Aktien – gemessen an den Kursen in Relation zu den Unternehmensgewinnen – teurer als in Europa sind.

Hohe Bewertungen von US-Aktien wie Amazon, 3M oder McDonalds sind gerechtfertigt

Die Überbewertungen in den USA haben gute Gründe: An der Wall Street gibt es mehr Unternehmen in Zukunftsbranchen wie Gesundheit und vor allem Technologie. Darüber hinaus sind hier Technologiekonzerne zu Hause, die erfolgreich etablierte Branchen „kapern“, so, wie es Amazon im Handel und Tesla in der Automobilwirtschaft tun. Daraus entwickeln sich Weltkonzerne mit nie da gewesener Marktmacht, die für eine gesamte Branche die Regeln diktieren, wie Amazon beweist.

Aber auch etablierte Markenkonzerne wie Coca-Cola, 3M und McDonalds, denen es seit Jahrzehnten gelingt, für eigentlich preiswerte Allerweltsprodukte mehr Geld zu verlangen als die Wettbewerber, werden Amerika auf Dauer erfolgreich machen. Eben weil bei diesen Unternehmen Jahr für Jahr überdurchschnittlich viel netto vom Brutto in Form hoher Umsatzrenditen übrig bleibt, was sich in stetig steigenden Dividenden und Kurszuwächsen niederschlägt.

Gut möglich, dass US-(Technologie-)Aktien noch für etwas längere Zeit das Nachsehen gegenüber Handels-, Automobil-, Chemie- und anderen Industriebranchen haben werden. Einfach weil die Kurse schon stark gelaufen sind.

Doch solche Nachholeffekte in Europa sind endlich. An der Börse geht es um langfristige Kursfantasie. Daran gemessen bleibt die Wall Street angesagt: aufgrund ihrer Technologielastigkeit, Größe und vor allem, weil weltweit so viele Nutzer auf die Produkte und Dienstleistungen der kalifornischen Digitalindustrie setzen. Das beschert steigende Gewinne und auf Dauer auch steigende Kurse.

Wenn am Ende Amerikas vorübergehende Börsenschwäche dazu beiträgt, dass Anleger nicht ihr gesamtes Erspartes in Apple, Amazon, Tesla und Co., sondern breiter in europäische und amerikanische Aktien und ein wenig auch in die der Schwellenländer investieren, dann sollte mit Blick auf die kommenden zehn Jahre vermutlich vieles richtig laufen.

Mehr: Sechs attraktive Aktien aus Europa, die noch günstig sind

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