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KommentarFrankreich – der komplizierte Partner

Ob neue Panzer oder Kampfjets: Bei wichtigen Rüstungsprojekten knirscht es zwischen Deutschland und Frankreich. Das Gezänk hat tiefere Ursachen als die üblichen Animositäten.Markus Fasse 23.07.2025 - 04:09 Uhr
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Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron: Es ist Zeit für Entscheidungen. Foto: Michael Kappeler/dpa

Friedrich Merz macht Tempo.  Im Wochentakt schließt der Bundeskanzler neue Rüstungsabkommen. Mit Großbritannien will Deutschland Präzisionswaffen entwickeln, mit Norwegen gemeinsam U-Boote bauen und einen Weltraumbahnhof betreiben. Am Mittwoch kommt nun Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron nach Berlin. Doch ausgerechnet mit dem politisch engsten Verbündeten ist die rüstungspolitische Zusammenarbeit am schwierigsten.

Dabei sind mit Frankreich echte Jahrhundertprojekte vereinbart. Main Ground Combat System (MGCS) heißt das Panzerprojekt, das den Leopard 2 und sein französisches Pendant ablösen soll. Im Future Combat Air System (FCAS) soll ein tarnfähiger Kampfjet entstehen, der auf Jahrzehnte Luftüberlegenheit garantieren könnte. Wichtige Vorhaben angesichts der russischen Bedrohung und des schwindenden amerikanischen Beistandsversprechens. Nur: Die Großprojekte kommen nicht richtig in Gang.

Um den neuen Superpanzer zu bauen, haben Krauss-Maffei-Wegmann und die französische Nexter vor zehn Jahren extra fusioniert. Doch unterhalb einer gemeinsamen Holding in Amsterdam ist bislang wenig an Zusammenarbeit zu erkennen. Nun suchen die deutschen Eigentümer um die Familien Bode und Braunbehrens offenbar den Ausstieg über die Börse.

Rüstung

Vom Panzer bis zum Kampfjet – Paris und Berlin streiten um Großprojekte

Der neue Panzer hat es weniger eilig – seine Einführung ist für 2040 geplant. Bei dem neuen Kampfjet FCAS sind die Probleme noch größer. Der französische Flugzeugbauer Dassault und der deutsche Partner Airbus Defence streiten offen über die Aufgabenteilung. Dassault-Chef  Eric Trappier will 80 Prozent der Entwicklungsarbeit. Dassault sei der „falsche Partner“, heißt es mittlerweile offen von den Airbus-Betriebsräten in Deutschland.

Frankreichs Rüstungsbranche tickt anders

Das Gezänk in der Industrie hat tiefere Ursachen als die branchenüblichen Animositäten im Management. Denn im Kern hat Frankreich ein anderes Verständnis von Sicherheit und Souveränität als Deutschland. Frankreich hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg nie auf den Beistand der USA verlassen. Neben dem Aufbau einer eigenen atomaren Abschreckung gehört auch eine souveräne Verteidigungsindustrie dazu, die das gesamte Spektrum militärischer Fähigkeiten abdeckt.

Zentraler Akteur ist der französische Staat, der an praktisch allen großen Rüstungsunternehmen von Thales über Naval bis zu Nexter Anteile hält und Einfluss auf die Unternehmenspolitik ausübt. Paris steuert und sorgt für Auslastung. Ein französischer Staatspräsident ist auf Auslandsreisen immer auch der Vertreter für Rafale-Kampfjets oder Fregatten von Naval.

Ganz anders das Selbstverständnis in Deutschland. Nach dem Ende des Kalten Krieges sah sich das Land als Friedensmacht, die Rüstungsindustrie als notwendiges Übel. Die Bundeswehr bestellte in sehr überschaubaren Mengen, die Exportmöglichkeiten wurden politisch eingeschränkt. Wer konnte, zog sich wie Siemens bei KMW oder MAN bei Renk raus. Kapitalgesellschaften und Family-Offices machten einen großen Bogen um Rüstungsunternehmen.

Was man nicht hatte, kaufte man von der Schutzmacht Amerika. Die deutschen Unternehmen dümpelten vor sich hin, und die deutsche Politik träumte von gleichberechtigten Partnerschaften mit der auf Souveränität und Dominanz getrimmten französischen Industrie. Das konnte so nicht gut gehen.

Kommentar

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Torsten Riecke
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Deshalb müssen Merz und Macron nun endlich für Klarheit in der Rüstungspolitik sorgen. Macron muss seine Industrie zur Zusammenarbeit verpflichten und überzogene Dominanzforderungen in die Schranken weisen.

Merz hingegen muss Deutschland als verlässlichen Partner darstellen, der nicht bei nächster Gelegenheit den gemeinsam vereinbarten Weg wieder verlässt und in den USA einkauft. Nur so werden die neuen Kampfjets fliegen und die neuen Panzer fertig, und Europa wird als souveräner Akteur in einer unruhigen Welt ernst genommen.

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