Kommentar: Laschet will ins Kanzleramt fliehen – doch ihm schwindet die Macht dazu

CDU und CSU haben bei der Wahl ihr historisch schlechtestes Ergebnis eingefahren.
Armin Laschet will ins Kanzleramt fliehen, um seinen Absturz zu verhindern. Die Präsidiumsmitglieder, die am Wahlsonntag noch mit ihrem Kanzlerkandidaten unter Schock auf der Bühne standen, sind an diesem Morgen allesamt verkatert aufgewacht und fragen sich: Kann die Union einfach ihr historisch schlechtestes Ergebnis ignorieren und über eine Jamaika-Koalition fabulieren? Gilt es nicht, reinen Tisch zu machen und nachzuholen, was in all den Regierungsjahren unter Angela Merkel versäumt wurde? Der Machtkampf in der Partei läuft auf Hochtouren.
Wie fragil die Lage ist, zeigt sich am wankelmütigen Markus Söder. Nachdem der CSU-Chef erst geplant hatte, bei einem schlechten Wahlergebnis Laschet beiseitezuschieben, entschied er sich am Wahlnachmittag anders. Zu der Zeit hofften die Unionisten noch, leicht vor der SPD zu liegen.
Am Montagmorgen war die Welt eine andere. In seinem Vorstand verkündete Söder, „nicht zur Tagesordnung übergehen“ zu wollen. Er weiß: Mit 45 Abgeordneten ist die CSU der größte Landesverband in der Fraktionsgemeinschaft. Laschets NRW-CDU kommt nur auf 41 Sitze.
In der Union kristallisiert sich der Machtkampf in der Frage, ob die neue Fraktion am Dienstag einen Vorsitzenden wählt oder aber ob der bisherige Fraktionschef Ralph Brinkhaus das Amt für die ersten Wochen kommissarisch weiterführt. Aus Angst vor der nächsten Niederlage verzichtet Laschet darauf, selbst zu kandidieren und sich mit der nötigen Autorität auszustatten.
Die Entscheidung schafft ein gefährliches Machtvakuum: Rund um Jens Spahn, Norbert Röttgen, aber eben auch Friedrich Merz und Brinkhaus bilden sich nun Gruppen, die Mehrheiten sammeln und ihre Chance suchen. Die Aussicht auf Jamaika diszipliniert die Kanzlerpartei nur mühsam.
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Laschet muss unbedingt mit neuem und jungem Personal signalisieren, dass er verstanden hat. Er wird einen frischen Fraktionsvorsitzenden und spätestens beim nächsten Parteitag einen neuen Generalsekretär präsentieren müssen. Und er muss das tun, für das er bekannt ist: allen entgegenkommen, allen etwas geben – den ostdeutschen Landesverbänden, der CSU, dem Wirtschaftsflügel, FDP und Grünen ohnehin.
Viel Spielraum bleibt bei einer Jamaika-Koalition nicht, in der selbst die CSU nur auf zwei Ministerämter hoffen darf. Es könnte das eintreten, vor dem sich Söder und alle, die in ihren Ländern bald Wahlen bestehen müssen, fürchten: eine schwache, inhaltlich entleerte Union in einem Bündnis mit zwei starken, kleinen Partnern. Laschet muss sagen, wofür er und seine Union stehen.
Mehr: Laschet buhlt um Jamaika – Was die Union FDP und Grünen anzubieten hat.





